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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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oder sogar noch mehr.
    Mark Ellis neigte zum Jähzorn, was vor allem im Fall einer Niederlage zum Vorschein kam. Er hasste es wie die Pest, zu verlieren – und in letzter Zeit hatte er so manche Niederlage einstecken müssen. In solchen Situationen war er so außer sich, dass er nicht mehr klar denken konnte.
    Wenigstens erkannte er die Wurzel seines Problems; es würde nicht ganz einfach werden, es zu lösen, doch er wusste schon, an wen er sich wenden musste, um diese schlimme Niederlagenserie zu beenden und wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren.
    Ellis strich sich über den braunen Bart, während er zum Range Rover hinüberging. Trotz seines Rufs als eingefleischter Spieler hatte er seit mehr als zehn Jahren keine Pferderennbahn und auch kein Kasino mehr besucht. Bei den legalen Glücksspielen gab es für ihn zwei große Probleme; erstens waren die Chancen auf einen Gewinn zu gering und zweitens gefiel es ihm nicht, dass man ihm die Spielregeln vorgab. Mark Ellis richtete sich grundsätzlich nicht gerne nach anderer Leute Regeln – egal, ob es sich um die der katholischen Kirche, der Staatlichen Kommission zur Überwachung des Wertpapierhandels, des Finanzamts oder des Staates ganz allgemein handelte. Mark Ellis, in Buffalo, New York, als Sohn eines Stahlarbeiters geboren, war der Überzeugung, dass Regeln nur dazu da waren, um die Masse im Zaum zu halten. Das war ihm schon sehr früh klar geworden, und so hatte er sich fest vorgenommen, immer nur nach seinen eigenen Regeln zu leben.
     
    Senator Hank Clark war ein Hüne von einem Mann, der in Washington auch unter dem Spitznamen »John Wayne« bekannt war. Clark hatte die Größe und auch das entsprechende Auftreten – aber was noch wichtiger war, er hatte die Gabe, anderen das Gefühl zu vermitteln, dass sie wichtig waren. Nicht dass er ein selbstloser Mensch gewesen wäre – nein, er verfolgte durchaus seine eigenen Ziele. Clark hatte auch keine Scheu, sich Feinde zu machen – doch er hatte irgendwann entdeckt, dass es ihm viel mehr nützte, wenn sein Gegenüber ihn für einen Freund hielt. Schließlich war Hank Clark Politiker. So wie ein professioneller Killer wusste er genau, dass es viel leichter war, jemandem die Kehle durchzuschneiden, wenn der Betreffende einen an sich heranließ. Deshalb war Hank Clark in dem politisch immer mehr gespaltenen Washington einer der wenigen Politiker, die noch einen freundschaftlichen Umgang mit dem politischen Gegner pflegten. Clark machte sich nie Feinde in der Öffentlichkeit und nur sehr wenige im Privatleben. Er hatte eine sympathische Art, mit Menschen umzugehen – und das nützte ihm sehr, wenn es galt, die Schwächen seiner Mitmenschen herauszufinden. Senator Henry Thomas Clark war in Wahrheit ein äußerst gefährlicher Mann.
    Clark blickte auf die wunderschönen blauen Wasser der Karibik hinaus und lächelte. Er hatte wirklich einiges im Leben erreicht. Wie er so auf der Terrasse seines großen Hauses stand und auf das Meer hinausblickte, kam er sich vor wie am Bug eines riesigen Schiffes. Die orange leuchtende Sonne senkte sich zum Horizont herab. Ein Tag im Paradies neigte sich seinem Ende zu.
    Clark hatte es aus ärmlichen Verhältnissen bis in den Senat der Vereinigten Staaten geschafft. Er lächelte und nahm einen Schluck von seinem Drink. So etwas gibt es wirklich nur in Amerika , dachte er sich, dass ein Junge von trunksüchtigen Eltern großgezogen wird und es bis zum Multimillionär und Senator schafft. Es gab in Amerika viele bemerkenswerte Karrieren, doch Clark bezweifelte, dass es viele gab, die es von so tief unten so hoch hinauf geschafft hatten. Und es verging kein Tag, an dem Clark sich nicht in Erinnerung rief, wie weit er gekommen war und wie weit er noch kommen wollte.
    Sein Vater war ein absoluter Versager gewesen, der sich konsequenterweise eine Kugel in den Kopf jagte, als Hank noch ein Junge war. Der Gedanke an seine Jugend rief ihm immer wieder in Erinnerung, wie schlimm das Leben sein konnte. Doch zu seinem Glück hatten ihm seine Eltern, ohne es zu wissen, ein wirklich brauchbares Geschenk gemacht – nämlich die Begabung, ein gefürchteter Werfer im Baseball zu werden. Das war seine Fahrkarte aus dem Elend; er kam an die Arizona State University und arbeitete nach seinem Abschluss für einen Immobilienhändler in Scottsdale, einem Vorort von Phoenix. Von da an erlebte Clark einen persönlichen Erfolg nach dem anderen. Mit dreißig hatte er es bereits zu seiner ersten
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