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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts
Autoren: Catherine Fisher
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herunter. Ich warte auf dich im Sommerhaus.« Er stand da und sah zu, wie sie das Pferd wendete und es langsam im Mondlicht über den Rasen voller Motten führte. Er war erstaunt und verwirrt und doch nicht ängstlich. Er merkte, dass er vor Erregung zitterte, als würde etwas Großartiges geschehen. Da drehte er sich um und lief aus dem Zimmer, warf die Flöte zu den Noten, raste die Dienstbotentreppe und die große Treppe hinunter und rannte durch den Küchenkorridor zur Hintertür. Er entriegelte sie, schlüpfte hinaus, eilte über den gepflasterten Hof und bog ab zum Rasen, einem weichen Dunkel unter seinen Füßen.
    Die Nacht war warm und roch nach Sommer. In den Beeten unter den Fenstern schickten Phlox und Lavendel Duftwolken in die Luft.
    Mick rannte den kleinen Hang hinauf und da stand das Sommerhaus, eine kleine, geisterhafte Pagode. Das Pferd weidete davor im gemähten Gras und zog die Zügel hinter sich her.
    Im Vorbeilaufen streckte Mick die Hand aus und berührte die weiße Flanke. Das Pferd schnaubte und sah ihn mit einem Auge an. Es schwitzte. Es war eine lange Strecke galoppiert.
    Die Frau saß drinnen auf der Bank und hatte die Füße übereinander geschlagen. Es war dämmrig hier und er blieb unsicher am Eingang stehen.
    Ihr Alter ließ sich schwer schätzen. Älter als Sandy, dachte er. Dreißig? Sie hatte kurz geschnittenes, dunkles und glänzendes Haar. Das helle Kleid wirkte grün, aber es veränderte sich und verschwamm im Schatten wie Blätter um Mitternacht. Sie trug baumelnde Mondohrringe, die funkelten. »Tut mir Leid«, murmelte Mick. »Ich kenne Sie nicht.« »Oh doch.« Sie hielt etwas in den Händen auf ihrem Schoß, das sie unablässig hin und her drehte, einen Zweig mit silbrigen Blättern. Mit strahlenden Augen schaute sie auf. »Du hast mich hergerufen. «
    Verwirrt schüttelte er den Kopf. »Sicher wollen Sie zu meinem Vater. Wir haben den gleichen Namen. Er ist der Gutsverwalter. «
    »Nicht er. Du, Mick.« Sie lächelte ihm jetzt wehmütig zu, drehte sich zur Seite, schwang die Füße auf die Bank und umfasste die Knie über dem langen Kleid. »Ich habe dich dort oben im Speicher spielen gehört. Es klang seltsam, wie es über die Rasen und Bäume, über den See schwebte. Deshalb bin ich gekommen. Verstehst du das?« Hinter ihm fraß das Pferd mit winzigen reißenden Bissen am Gras. »Nein ...«
    »Es war gut, aber es könnte besser sein. Ich fand, dass du Hilfe brauchst. Eine Unterrichtsstunde in der Woche ist nicht viel, stimmt's?«
    Er starrte sie an. »Woher wissen Sie das?« »Ich weiß es.« Sie stand auf, groß war sie, und der Zweig klirrte. »Deshalb bin ich gekommen. Um zu helfen.« Er schüttelte den Kopf. »Sind Sie zum Jahrmarkt gekommen? Zum Erntefestjahrmarkt?« »Auch das.« »Sind Sie Musikerin?« »Nicht unbedingt.«
    Stirnrunzelnd schaute er sie an, und die silbernen Blätter und Früchte bewegten sich in einem langen, verlockenden Glockenklang.
    »Was ist das?«, fragte er fasziniert.
    »Das?« Sie lächelte, als hätte sie auf diese Frage gewartet. »Das habe ich dir mitgebracht.« Dann schüttelte sie den Zweig sachte. Die Musik kam und erreichte ihn wie ein scharfer Schmerz. Ihre Schönheit war atemberaubend; ein Raffinement von Tönen, die erklangen und nur einen Augenblick zu klingen schienen, doch als sie verstummt waren, fror er und der Mond war über den Himmel gezogen und die Frau und ihr Pferd waren verschwunden, als ob sie nie da gewesen wären. Erstaunt starrte Mick die leere Bank an. Nach einer Weile ging er hinein, setzte sich darauf und tastete nach Wärme, doch da war nichts. Und das Gras wirkte unberührt, ohne Hufspuren.
    Er schaute auf die Uhr. Es war dreiundzwanzig Uhr dreißig. Mit jähem Schreck hörte er den Wagen, sprang auf und sah, wie das Auto zügig die Einfahrt herauffuhr, hielt und die Innenbeleuchtung anging. Da waren sie, sein Vater, der sich nach hinten zur Tragetasche beugte, und Sandy, lachend in ihrem Sweatshirt mit den Schlägern, alle erleuchtet und eine Sekunde lang vom Glasgehäuse des Wagens umschlossen.
    Die Fahrertür wurde geöffnet. Mick stand auf. Im Schatten rannte er zurück zum Haus.
     
    Zwei
     
    Conle fragte: »Woher bist du gekommen, Frau?« Die Frau antwortete:
    »leb bin aus dem Land der Lebenden gekommen.«
    AUS : A DVENTURES OF C ONLE
     
    »Das ist der güldene Saal.«
    Er öffnete die Türen und ging hinein. Aus der Besuchergruppe hinter ihm war das erstaunte Gemurmel zu hören, das er erwartet hatte.
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