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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie
Autoren: Andrew Nicoll
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das machen, Stopak, du großer, starker Mann!» Und angesichts seiner Muskeln brach sie in Ahs und Ohs aus.
    Stopak setzte sich schweigend an den Tisch und zog den Korken aus der Flasche. Es knallte wie ein Pistolenschuss. Auf dem Tisch standen zwei Gläser. Stopak stellte die Flasche dazwischen. Der Wein blieb unausgeschenkt auf dem Tisch stehen wie ein rotes Ausrufezeichen.
    «Schenk mir Wein ein, du Trottel», sagte Agathe mit einem gezwungenen Lachen.
    Stopak füllte die Gläser und reichte ihr eins. Sie trank einen Schluck.
    Er leerte seins und schenkte sich nach. Agathe rang sich einweiteres Lachen ab. «Mein Liebster, du hast es anscheinend nötig.»
    «Dieser Tage», sagte Stopak, «habe ich es immer nötig.»
    «Oh. Wie gut», sagte Agathe. «Ich mag es, wenn ein Mann Appetit hat.»
    Und panisch murmelte sie zu sich selbst: «Walpurnia!»
    Dann trat sie hastig an den Tisch. «Hier, ich helfe dir.» Sie fing an, Brot, Käse und Schinken auf Stopaks Teller zu laden. Sie richtete ihm ein großes, aufgeklapptes Sandwich aus frischem Brot an, dessen Kruste wie lackiert schimmerte und das sie mit gelber, glänzender Butter bestrich und mit gepökeltem Schinken belege. Sie nahm den Teller und hielt ihn Stopak entgegen. Sie wollte ihn füttern, so, wie Mütter ihre Kinder füttern und Liebende einander.
    «Ich kann allein essen», sagte Stopak kühl. «Ich bin kein   …», aber er sprach das Wort nicht aus. Selbst jetzt, Monate danach, vermochte er nicht, es auszusprechen.
    Stattdessen langte er über den Tisch, um sich selbst zu bedienen, das Essen auf seinen Teller zu klatschen und wütend zu verschlingen.
    Agathe tat, als bemerke sie nichts. Sie hielt sich an ihren Plan. Sie würde das Picknick mit ihrem Mann genießen. Es war leider noch nicht warm genug, um sich mit einem Korb in den Park zu setzen, deswegen würden sie hierbleiben, und die Liebe würde sich wieder einstellen.
    Sie hatte eine Unterhaltung geplant und sich Themen zurechtgelegt, und sie sprach diese Themen an, obwohl sie das Gespräch ganz offensichtlich allein bestritt. «Vielleicht könnten wir über das lange Wochenende verreisen? Im Rathaus liegt eine Broschüre auf dem Empfangstresen aus, na ja, ehrlich gesagt, ein ganzer Stapel Broschüren. Sie wollen dasDampfschiff wieder in Betrieb nehmen – erinnerst du dich noch an das alte Ding? Inzwischen ist es fast eine Antiquität. Ich frage mich, wo sie es eingelagert hatten   … jedenfalls nimmt es den Betrieb wieder auf. Wir könnten zu den Inseln rüberfahren. Wir könnten deinen Onkel in Dash besuchen. Wir haben ihn seit langem nicht gesehen, außer, na ja, zu jenem Anlass damals, und da auch nur kurz. Du magst ihn doch. Ich mag ihn auch, und er war immer so nett zu uns. Ich würde ihn nicht bitten, uns über Nacht aufzunehmen, aber wir könnten in der kleinen Pension unten neben der Räucherei schlafen. Dort riecht es ein bisschen nach Fisch, dafür ist es nicht teuer. Es wäre nicht zu teuer für uns, und wir könnten ein paar Tage Urlaub gebrauchen. Dir steht bestimmt noch Urlaub zu, außerdem ist in der Stadt über das Wochenende ohnehin alles geschlossen. Es wäre sinnlos, das Geschäft aufzumachen, nur, um zu sehen, dass niemand hereinkommt.»
    Und so hörte sie sich immer weiter plappern und plappern wie eine Nähmaschine, die Wörter zu einem endlosen Saum aneinandernäht. Ihr Mund produzierte Geräusche, weil ihr nichts anderes einfiel, um die Stille abzuwehren, denn in der Stille würde sie ihn schweigend ansehen und unter Umständen feststellen müssen, dass er sie mit einer Mischung aus Langeweile und Ekel betrachtete. Was bedeuten würde, dass er sie langweilig und eklig fand, wo sie doch weder langweilig noch eklig war. Auf keinen Fall. Da war sie sich sicher. Er irrte. Stopak war derjenige, der hier falsch lag. Aber sie würde ihn heilen, und das Tischgespräch war kein zwingender Teil des Heilungsprozesses. Ihrem Plan zufolge käme die Heilung später, in wenigen Stunden.
    «Und wir könnten neue Vorhänge fürs Schlafzimmer brauchen. Ich habe mir überlegt, dass Rot zur Abwechslung nettwäre. Dann sähe gleich alles fröhlicher aus. In diesen Tagen müsste im Kaufhaus Braun der Schlussverkauf anfangen, und ganz bestimmt haben die irgendwo im Keller noch Stoffreste liegen. Wetten, dass ich einen passenden Vorhangstoff auftreibe? Vielleicht sogar genug, um deinen alten Sessel neu zu beziehen.» Und so ging es immer weiter, bis hin zu: «Bist du schon satt? Aber möchtest du
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