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Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Titel: Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst
Autoren: Anne B. Ragde
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Nachsendeantrag. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, hatte nur seinem Atem gelauscht und gewusst, dass sie ihn zum letzten Mal hörte. Er schnarchte nicht, atmete kaum hörbar. Wenn er ein Schnarcher gewesen wäre, hätte sie sein Schnarchen mit ihrem Handy aufgenommen, um es als Erinnerung zu bewahren. Zum Glück hatte er keinen einzigen sexuellen Vorstoß unternommen, was sie aber auch effektiv zu verhindern gewusst hatte, da sie am frühen Abend mit einer phosphorgrünen Gesichtsmaske herumgelaufen war und ein unrasiertes Bein ausgestreckt hatte, um ihm zu zeigen, wie lang die Haare dort waren.
    »Weißt du, angeblich sind Frauen nur an den Beinen behaart, weil sie in der Steinzeit durch seichtes Wasser gewatet sind, um Fische zu fangen. Ist das nicht eine seltsame Vorstellung?«, fragte sie.
    »Um nicht zu frieren, meinst du?«
    »So ungefähr.«
    »Aber du bist doch auch an anderen Stellen behaart.«
    »Ja, auf dem Kopf.«
    »Und an der Möse.«
    Worauf sie ins Badezimmer stürzte und sich mit der Gesichtsmaske einschmierte. Als sie ins Wohnzimmer zurückkam und sah, dass er sich ins Fernsehprogramm vertieft hatte, war sie erleichtert. Für ihn war es wohl auch nicht so leicht, ihr etwas vorzuspielen, während er in Gedanken schon auf dem Weg zu einem romantischen Wochenende nach Oslo mit Astrid war. Er wollte einen Film auf TV 3 sehen.
    »Hast du auch Lust?«, fragte er. »Der hat fünf von sechs Sternen bekommen. Und Michael Madsen spielt mit.«
    »Ich bin schrecklich müde. Sieh du ihn dir nur an.«
    Als sie am Nachmittag nach Hause kam, war er schon nach Oslo unterwegs. Sie fand die letzte Überweisung für das Lager, in dem er seine Möbel aufbewahrte. Verschlag 28 bei Trondheim Safe-Hold. Sie füllte auf dem Antrag, den sie bei der Post geholt hatte, die Adressenänderung entsprechend aus.
    In der Wohnung lagen viel mehr Dinge, die ihm gehörten, als ihr bisher klar gewesen war. Vor allem Klamotten. Statt sie in Bananenkisten zu packen, nahm sie Müllsäcke. Am Ende waren vier bis obenhin vollgestopft, unter anderem mit einem maßgeschneiderten Mantel von White Collar aus Jersey und einem drei Jahre alten Armanianzug aus anthrazitgrauer feiner Wolle. Die Kästen füllte sie mit Büchern, einer Smoothiemaschine, die er jeden Morgen benutzte, allen CD s mit der Musik, die sie mit diesen elf Monaten verband, abgesehen von Coldplays X & Y; die stellte sie wieder ins Regal zurück. Einem ansehnlichen Stapel DVD s, einem Fotodrucker, einer nagelneuen Digitalkamera und einer feschen Lampe von Interia , die er eines Tages einfach so mit nach Hause gebracht hatte.
    Sie trug alles zum Audi, musste dreimal die Treppe hoch- und runterlaufen, und fuhr zum Laden der Heilsarmee in Møllenberg. Dort stellte sie die Sachen vor der Tür ab, weil der Laden geschlossen hatte. Ob Diebe oder Heilsarmee den Kram bekamen, war ihr egal, obwohl ihr eigentlich Diebe lieber gewesen wären, denn wegen der homofeindlichen Haltung wollte sie die Heilsarmee nicht länger unterstützen. Aber es war kein Tag für Prinzipien.
    Später ließ sie einen Schlosser kommen, zum vierfachen Preis, die Hälfte davon schwarz in die Hand. Er wechselte das Schloss der Wohnungstür aus und gab ihr drei funkelnagelneue Schlüssel, die allesamt ihr gehörten.
    Er rief am Samstagnachmittag an.
    »Ich hatte den ganzen Tag Sitzung. Oh, verdammt, mein Kopf fühlt sich an wie mit Watte gefüllt, muss mich vor dem Essen kurz hinlegen. Und du?«
    »Ich? Ich habe ziemlich viel zu tun gehabt. Du bist übrigens von heute an wohnhaft im Verschlag 28, Trondheim Safe-Hold. Deine Post habe ich umleiten lassen. Und deine Ummeldung schon ans Einwohnermeldeamt geschickt. Deine Sachen findest du bei der Heilsarmee. Du kannst sie sicher zurückkaufen. Die Kamera wird wohl nicht ganz billig sein, auch der Mantel aus Jersey nicht. Und nicht zu vergessen der Armanianzug. Scheint heute ein Glückstag für die Heilsarmee zu sein. Wenn nicht alles über Nacht gestohlen wird …«
    »Was redest du da …«
    »Und sag Astrid einen schönen Gruß. Weiß sie, dass du nur alle zwei Tage die Unterhose wechselst?«

9
    D er Preis dafür, einen Mann zu verlassen, den sie zu lieben glaubte, war hoch. Sie musste ihre Tage strukturieren, immer bestimmte Aufgaben klar vor Augen haben. Die Arbeit half ihr dabei, sie liebte ihre Arbeit, sie lenkte sie ab. Schwer fielen ihr anfangs vor allem die Abende allein zu Hause. Deshalb bat sie in der ersten Zeit um Spätdienst, dann konnte sie
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