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Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Titel: Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst
Autoren: Anne B. Ragde
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ihm in der Öffentlichkeit nicht sehen lassen wollte. Er war eine Ausnahme, er hatte das Abgewiesenwerden offenbar noch nicht trainiert. Er sah so unglaublich gut aus, dass er sicher noch niemals verschmäht worden war. Bestimmt hatte seine Mutter ihn gestillt, bis er fünf Jahre alt gewesen war, und danach war er von einem Schoß zum anderen weitergereicht worden, bis ihm der Verdacht gekommen war, was sich in der Tiefe eines solchen Schoßes befand. Bei seinem sexuellen Debüt war er vierzehn gewesen, erzählte er.
    »Und wie alt war das Mädchen?«
    »Auch vierzehn.«
    »Und niemand hat euch dabei erwischt?«
    »Wir haben es draußen im Wald gemacht. Sie war Jungfrau und hat furchtbar geweint, während wir zugange waren und auch noch danach. Ich hatte mir verdammt noch mal dabei beide Knie aufgescheuert.«
    »Das arme Mädchen.«
    »Das arme Mädchen? Und was ist mit mir? Und meinen Knien?«
    »Nun, es hat dir offenbar Lust auf mehr bereitet. Trotz allem.«
    »Ja, klar. Wir waren mehrere Monate zusammen und haben meinem Bruder Kondome gestohlen. Sie hat sich mit Filzstift ein Herz auf den Arm gemalt und meinen Namen reingeschrieben, ich fand das super, kam mir richtig erwachsen vor.«
    »Hat sie aufgehört, beim Vögeln zu weinen?«
    »Ja, absolut. Nur fanden wir im Herbst dann keinen Ort mehr zum Vögeln, und damit war die Sache beendet.«
    Er war ein phantastischer Liebhaber, sie wollte immer bei Licht mit ihm schlafen, weil er so schön war. Ihre eigenen Wülste und Cellulitis versuchte sie nicht einmal zu verbergen, sie hatte früh gelernt, dass Männer auf Geilheit abfuhren und nicht auf körperliche Perfektion, und Geilheit konnte sie wirklich eimerweise liefern.
    Er war wie eine Maschine, ein Duracell-Kaninchen, er hatte seine Orgasmen vollkommen unter Kontrolle, ebenso seine steinharten Armmuskeln, die er einer Jahreskarte bei Sats zu verdanken hatte. Nie wurde er müde. Im Gegensatz zu ihr – nicht physisch, aber davon, mit ihm allein zu sein, wenn er sie besuchen kam. Er arbeitete als frischgebackener Polizist in Stavanger, sie hatte ihn in Fredrikstad in einem Straßencafé kennengelernt, als sie allein am Tisch saß und er sie um ihren Salzstreuer bat. Er hatte Hähnchen und Pommes gegessen und beim Essen mit offenem Mund gesprochen, sie fand das nicht im Geringsten abstoßend und wusste sofort, wie die Sache enden würde.
    Nachdem sie ihn mit einem Blick bedacht hatte, der gerade den Bruchteil einer Sekunde zu lang gewesen war, setzte er sich an ihren Tisch, als sein Kumpel ging. Er war dienstlich in Fredrikstad, irgendetwas mit organisiertem Autodiebstahl, und hatte ein Hotelzimmer. Sie selbst war privat untergekommen. Sie hatte noch nie mit einem so schönen Mann geschlafen, braune Haut, steinharter Körper, alle Haare im Schritt wegrasiert. Sein Schweißgeruch erinnerte sie an den Duft von Kokos, vielleicht lag es an irgendeiner Creme.
    Später kam er immer für drei, vier Tage am Stück nach Trondheim.
    Bald gingen ihnen die Gesprächsthemen aus.
    Er interessierte sich für Sport und Fitness, wies keinerlei politisches Engagement auf, sie machte einen Bogen um etliche Themen, hatte furchtbare Angst, er könnte sich als potenzieller Anhänger der Rechtsliberalen entpuppen und das könnte abtörnend wirken. Wenn er ab und zu eine Bemerkung über Ausländer und Kriminalität fallen ließ, wechselte sie sofort das Thema. Deshalb war es einfach ausgeschlossen, sich mit ihm in aller Öffentlichkeit zu zeigen.
    »Hast du keine Freunde?«, fragte er.
    »Doch.«
    »Und warum darf ich die nicht kennenlernen? Warum kommt nie jemand her?«
    »Weil sie wissen, dass ich Besuch habe.«
    »Aber wir können doch nicht die ganze Zeit vögeln?«
    »Doch! Und den Rest der Zeit brauche ich, um wieder zu Kräften zu kommen.«
    Er lachte und zog sie zu sich heran, sie streichelte seinen muskulösen Rücken und kniff in seine Pobacke. Nicht einmal, wenn sie aus allen Kräften zupackte, tat es ihm weh.
    Auch mit ihm machte sie per Telefon Schluss.

6
    Er reagierte total überraschend. Plötzlich liebte er sie. Liebte sie! Dieses Wort hatten sie nie benutzt. Und er weinte. Weinte! Sie saß ganz still am Küchentisch und lauschte der sechzehn Jahre jüngeren Stimme am Telefon. Egal, was sie sagte, es war falsch. Und sie brachte es einfach nicht übers Herz, ihm zu erklären, dass sie nur seinen Körper und den kolbenharten phantastischen Sex liebte, dass die Sache aber inzwischen zu einseitig und seltsamerweise einsam
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