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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten!
Autoren: Robert Tibber
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Kinder?« fragte Sylvia besorgt.
    »Den Kleinen geht’s gut. Sie sind hinten, um sich ein Abendbrot aus dem Eisschrank zusammenzustellen.«
    Wir stürzten zur Küche in der Erwartung, dort unser Engelspärchen in Morgenröcken am Tisch sitzen zu sehen, mit ihrem gewohnten Teller voll Brei vor sich. An der Tür angelangt, erstarrten wir. Penny, eher nach fünfzehn als fünf Jahren aussehend, war in ein zartrosa gekräuseltes Baby-Doll-Nachthemdchen gekleidet; sie war barfuß, ihr Haar war mit einer riesigen rosa Schleife auf dem Kopf hochgebunden, und sie saß mit baumelnden Beinen auf dem Ablaufbrett und nagte an einem Hühnerschenkel.
    »Hay!« grüßte sie, hob einen Augenblick ihre Augen und widmete sich dann wieder ihrem Knochen.
    Alles, was wir von Peter sehen konnten, war sein Hinterteil, über das eine Horde Cowboys auf sich bäumenden Pferden ritt; der Rest von ihm steckte im Kühlschrank.
    »Peter«, rief ihn Caroline an. »Mom und Pop sind hier.« Als er sich umdrehte, sahen wir, daß die wilden Pferde auch über seine Brust jagten. Sein Gesicht war mit Marmelade verschmiert, in den Armen hielt er eine Auflaufschüssel.
    »Hay!« sagte er, stampfte mit seinen bloßen Füßen zum Schrank hinüber und holte sich einen Löffel. Das Telefon klingelte. Mutters Stimme knackte über die Leitung;, man hätte annehmen können, sie rief von Finnland an und nicht von Frinton.
    »Es tut mir schrecklich leid, Liebling«, verstand ich, »aber ich mußte zurück. Mein Haus ist praktisch überflutet. Es war nur gut, daß Mrs. Hill es bemerkte. Ich hoffe, daß alles in Ordnung ist und Caroline es geschafft hat. Die Kinder lieben sie. Ich habe euch kaltes Huhn und Auflauf in den Eisschrank gestellt, damit ihr was zum Essen vorfindet.«
    Ich blickte auf Penny, die bei ihrem zweiten Hühnerbein angelangt war.
    »Alles in Ordnung, Mutter«, rief ich. »Vielen Dank für alles. Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Ach, es ist ein bißchen naß hier, aber bald habe ich wieder alles in Ordnung. Ich muß Schluß machen, Liebling, der Klempner ruft mich. Wollte nur sehen, ob ihr zurück seid. Und, Liebling...«
    »Ja?«
    »Kannst du irgend etwas wegen Mrs. Porter unternehmen? Sie hat vier oder fünf, und ein weiteres ist unterwegs. Sie kam Sonnabend wegen ihrer Stillbescheinigung. Sie sieht ganz erschöpft aus, die arme Seele.«
    »Nicht meine Schuld.«
    »Ich weiß, Lieber. Ich meine, du solltest mal mit ihrem Mann sprechen. Es ist ein Skandal.«
    »Sie hat gar keinen«, seufzte ich.
    »Was hat sie nicht?«
    »Einen Mann.«
    Sie schwieg, aber ich konnte spüren, wie sie versuchte, die Nachricht zu verarbeiten.
    »Nun, tu, was du kannst«, sagte sie endlich und hängte auf. Ich wußte nicht, was sie damit meinte.
    Sylvia steckte die Kinder schnellstens ins Bett, obwohl sie protestierten, daß Kusine Caroline ihnen versprochen hätte, daß sie sich um neun Uhr noch »Mord übers Telefon« ansehen dürften, und ich warf einen Blick auf den Telefonblock. Die Anrufe vom Samstag waren in Mutters musterhafter, gestochener Schrift notiert. Die mit Sonntag überschriebene Seite war dicht gefüllt mit winzigem, fast unleserlichem Geschreibsel, von dem ich höchstens einige Worte wie »Allergie«, »Herzkranzgefäße« und »Penicillin« entziffern konnte.
    Ich blickte Caroline an. Sie nahm den Block und schob ihre Brille höher auf die Nase. »Das kleine Kind von Tanners klagt, daß es nicht durch die Nase atmen kann«, las sie vor, als sei es ein Protokoll. »Auf meine Frage antwortete die Mutter, daß es schon seit Jahren unter diesem Zustand litte und daß es im Frühling und Sommer am schlimmsten sei. In der Familiengeschichte kommen Asthma und Ausschlag vor, so daß die Möglichkeit bestehen könnte, daß es unter Rhinitis-Allergie leidet. Ich sagte ihr, daß du das Kind ohne Zweifel an einen Facharzt überweisen würdest, der einen Hauttest bei ihm machen könnte, und...«
    »Nasentropfen«, unterbrach ich sie und füllte ein Rezeptformular aus. »Das nächste.«
    Caroline runzelte die Stirn. »Mr. Stack«, las sie, »hat Schmerzen in der Brust, vermutlich Herzkranzgefäße...?«
    »Fußkranzgefäße! Er hat keine Lust, morgen zur Arbeit zu gehen. Hast du Frau Dr. Miller angerufen?«
    »Natürlich!« antwortete Caroline verletzt.
    »Gut. Weiter.«
    »Mrs. Rudd hat sich am Arm verbrannt. Sagte, es hätte Zeit bis morgen, aber ich sagte ihr, es könnte gefährlich ausgehen, wenn sie es vernachlässigt, und empfahl ihr, Frau Dr. Miller
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