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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen
Autoren: Margaret Dilloway
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können. Ich züchte nicht die einfachen Rosen, wie man sie in jedem Gartencenter oder Baumarkt bekommt. Ich liebe die Hulthemia-Rosen. Sie sind kompliziert und renitent und gedeihen unter unterschiedlichsten Bedingungen. Wie jeder Rosenzüchter habe ich meine ganz eigenen Methoden, eigene Düngerrezepte, eigene Vorstellungen. Ich achte genauestens auf die Temperatur, wie ein Eisverkäufer in der Sahara, weiß aber auch, dass mein erfolgreicher Sämling selbst widrige klimatische Bedingungen überleben muss. Ich verabreiche genau die nötige Menge Wasser und Dünger, genau zur richtigen Uhrzeit. Bei Pilzbefall wie dem Echten Mehltau oder dem Sternrußtau greife ich ein, bevor sich die Krankheit auf andere Pflanzen ausbreitet. Ich setze Marienkäfer aus, damit sie die kleinen, grünen Blattläuse fressen, diese winzigen Viecher, die den Rosen schon zu Moses’ Zeiten zugesetzt haben.
    Und solange den Hulthemias nichts Unvorhergesehenes zustößt, was im Schutz meines Gewächshauses eher selten vorkommt, machen sie sich wunderbar.
    Kompliziert und renitent. Blüht und gedeiht nur unter ganz spezifischen Bedingungen. Das beschreibt mich eigentlich ziemlich gut. Vielleicht mag ich diese Rosen deshalb so gern.
    Ein Schüler von mir hat mich mal mit diesen Worten beschrieben, »kompliziert und renitent«, auf der »Bewerte deinen Lehrer«-Seite, die Dr. O’Malley, unser Schuldirektor, eingerichtet hat. Eine dämliche Website. Nur eine weitere Möglichkeit, sich als Experte aufzuspielen, ohne die Hintergründe zu kennen. Eine Website, über die sich der Direktor vermutlich zusammen mit den Eltern amüsiert, wenn sie beim Elternabend zusammensitzen. »Diese Mrs Garner«, werden sie sagen, »wird sie es denn nie begreifen?«
    Renitent. Sowohl die Wortwahl als auch die treffende Beschreibung des anonymen Schülers fand ich bemerkenswert. Hätte dieser Schüler genauso viel Zeit in meinen Biologieunterricht investiert wie in das Verfassen seiner Bewertung, hätte er vielleicht bestanden. Ich vermute, dass es sich um einen »er« handelt, denn als Postskriptum fügte er hinzu: »Dauer- PMS . Es reicht.« Weibliche Wesen sparen sich solcherart Anfeindungen.
    Die meisten Leute sind von meinem Rosenhobby überrascht. Ich sehe eher aus, als hätte ich ein Geheimlabor in meinem Keller, eine Folterkammer vielleicht, aber keinen Rosengarten. Visuell gibt es keine vernünftige Erklärung für meine Besessenheit. Rosen sind weich und duften, was auf mich nicht zutrifft. Wenn wir Lehrer nebeneinander Aufstellung nehmen müssten, würde man mich da als Rosenliebhaberin erkennen? Nein. Man würde jemanden wie Dara wählen, die Kunstlehrerin mit ihrem sorgfältig verwuschelten Heiligenschein aus Botticelli-Locken. Oder Mrs Wingate, die Englischlehrerin, deren stufige Tellerröcke mich mit ihren vielen Lagen und ihren Rüschen manchmal an Rosen erinnern. Nicht mich, die unverhohlen und unerbittlich in die Welt starrt, die Augen hinter der getönten, runden Brille kaum zu sehen. Ein Gartenzwerg, aber ohne das fröhliche Lächeln.
    Ich bin klein, weil meine Nieren schon in jungen Jahren nicht richtig funktionieren wollten, knapp unter eins fünfzig, selbst an meinen guten Tagen. Noch nie hat mich jemand als »hübsch« bezeichnet. Eher so was wie: »Sie sieht ganz gut aus, den Umständen entsprechend.« Mein Gesicht ist immer verquollen. Meine Haut leuchtet zwar nicht, aber wenigstens sind mir Sommersprossen erspart geblieben, weil ich fleißig Sonnencreme benutze und Hüte trage.
    Bei eingehenderer Betrachtung der Rose wird man verstehen, warum ich mich zu ihr hingezogen fühle. Floristen entfernen die Stacheln, damit man sich beim Kauf nicht daran sticht, und manche Züchter haben die Stacheln ganz weggekreuzt und glattstämmige Sorten geschaffen. Ich persönlich würde meine Rosen nicht für irgendwen entstacheln wollen. Ich liebe Rosen – mit Stacheln und allem, was dazugehört. Vielleicht sollten die Leute lernen, besser aufzupassen.
    Mein Haus steht in Santa Jiminez, einem kleinen Ort landeinwärts von San Luis Obispo, mitten in Kalifornien. Es ist eine gute Gegend, um Rosen zu züchten, mit eher milden Wintern und frühem, warmem Frühling. Hier finden sich die unterschiedlichsten Häuser, von kleinen Cottages über Bauernhöfe bis zu den Villen der Wohlhabenden, aus
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