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Die Liebe deines Lebens

Die Liebe deines Lebens

Titel: Die Liebe deines Lebens
Autoren: Cecelia Ahern
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nicht gefiel. »Sie wissen doch, dass es nicht Ihre Schuld ist, oder?«
    »Ja, das weiß ich.« Ich tat ihre Frage mit einem Achselzucken ab.
    Die Schwester musterte mich prüfend, und ich konzentrierte mich auf das rechte Rad des Krankenhausbetts, das an der Stelle, wo es hinund hergeschoben wurde, eine schwarze Schramme im Boden hinterlassen hatte, jede Menge Schleifspuren, vor und zurück, und ich versuchte zu schätzen, wie oft es bewegt worden war. Dutzende Male. Mindestens.
    »Sie wissen ja, dass es Leute gibt, mit denen Sie über so etwas sprechen können. Es wäre bestimmt gut, wenn Sie Ihre Sorgen mal rauslassen.«
    »Warum sagen das alle dauernd?«, fragte ich und versuchte unbekümmert zu klingen, obwohl tief in mir die Wut brodelte. Ich hatte die Nase voll davon, analysiert und behandelt zu werden, als müsste man mich wieder auf die Reihe kriegen. »Mir geht’s gut.«
    »Dann lasse ich Sie jetzt mal eine Weile mit ihm allein.« Angela drehte sich um und ging, entfernte sich so lautlos auf ihren weißen Schuhen, als schwebe sie.
    Jetzt, wo ich an Simons Bett saß, wusste ich auf einmal gar nicht mehr, was ich tun sollte. Zaghaft streckte ich die Hand aus, zog sie aber schnell wieder zurück. Wenn er bei Bewusstsein wäre, würde er vielleicht nicht wollen, dass ich ihn berührte, vielleicht gab er ja mir die Schuld an dem, was passiert war. Es war doch meine Aufgabe gewesen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, und das hatte ich nicht geschafft, obwohl er es doch vielleicht gewollt hatte. Vielleicht hatte er sich gewünscht, ich würde das Richtige sagen, und ich hatte ihn enttäuscht. Ich räusperte mich, vergewisserte mich, dass niemand zuhörte, und beugte mich dichter zu ihm hinab, aber nicht so dicht, dass er Angst bekam.
    »Hi, Simon«, flüsterte ich.
    Dann wartete ich auf eine Reaktion. Nichts.
    »Mein Name ist Christine Rose, ich bin die Frau, mit der Sie sich in der Nacht des … Vorfalls unterhalten haben. Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass ich mich ein Weilchen zu Ihnen setze.«
    Wieder lauschte ich und forschte in seinem Gesicht und seinen Händen nach irgendeinem Zeichen, vor allem nach einem, das nahelegte, dass meine Anwesenheit ihn störte. Ich wollte seine Lage ja auf gar keinen Fall zusätzlich verschlimmern. Doch da alles ruhig und still blieb, lehnte ich mich schließlich in meinem Sessel zurück und entspannte mich etwas. Ich wartete nicht darauf, dass er aufwachte, ich hatte ihm nichts mitzuteilen, ich war einfach nur gerne hier, in der Stille, in seiner Nähe. Wenn ich bei ihm war, musste ich mir wenigstens nicht von ferne irgendwelche Gedanken über ihn machen.
    So wurde es neun Uhr abends, die Besuchszeit war vorbei, aber ich war immer noch nicht zum Gehen aufgefordert worden. Vermutlich galten die regulären Besuchszeiten nicht für Menschen in Simons Zustand. Er lag im Koma, angeschlossen an eine Herz-Lungen-Maschine, und sein Zustand würde sich so schnell nicht bessern. Ich dachte über mein Leben nach, dachte daran, wie unsere Begegnung uns unwiderruflich verändert hatte. Seit Simons Selbstmordversuch war erst kurze Zeit vergangen, aber die Erfahrung hatte meinem Leben eine ganz neue Richtung gegeben. Ich überlegte, ob es reiner Zufall war oder ob das Schicksal es gewollt hatte, dass ich an diesem Ort war.
    »Was hattest du denn da überhaupt verloren?«, hatte Barry mich gefragt und sich verwirrt und verschlafen im Bett aufgesetzt. Dann hatte er zu seiner Brille mit dem schwarzen Gestell gegriffen, die immer auf dem Nachttisch lag, und plötzlich wurden seine kleinen Augen riesig. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, und mir wäre auch jetzt nichts Gescheites eingefallen. Es laut auszusprechen, wäre peinlich gewesen, es hätte nur noch verdeutlicht, wie haarsträubend verloren ich mich fühlte.
    Mal ganz abgesehen von dem Grund, warum ich mich überhaupt dort herumgetrieben hatte, reichte mir schon die Tatsache, dass ich in einem verlassenen Gebäude Kontakt zu einem Mann aufgenommen hatte, der eine Waffe in der Hand hielt, um an mir zu zweifeln. Ich half anderen Menschen gern, aber ich war nicht sicher, ob es wirklich nur das gewesen war. Sicher, ich sah mich selbst als Problemlöserin, und ich wandte diese Art zu denken auf die meisten Aspekte meines Lebens an. Wenn etwas nicht repariert werden konnte, dann ließ es sich vielleicht wenigstens verändern, vor allem, wenn es um menschliche Verhaltensweisen ging.
    Diese Überzeugung hatte ich von meinem Vater
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