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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Unsterblichkeit ihr Glück aus der Tugend, welche das Lächeln auf dem Angesichte Gottes ist . Besuche mich, mein Sallust, bring die gelehrten Schriften des Epikur, Pythagoras und Diogenes mit; aber mache Dich auf eine Niederlage gefaßt. Laß uns in den akademischen Hainen an der Hand eine sicheren Führers, als je unsere Väter hatten, über die wichtigen Zwecke des Lebens und die Natur des Geistes disputiren.
    Ione – bei diesem Namen klopft mein Herz – Ione steht neben mir, während ich schreibe. Ich blicke auf und sehe sie lächeln. Die Sonne strahlt über den Hymettus und in meinem Garten höre ich das Gesumse der Bienen. Du fragst, ob ich glücklich sei? Oh, was kann Rom mir bieten, das dem gleichkäme, was ich zu Athen besitze? Hier weckt Alles in der Seele erhabene Empfindungen – die Bäume, das Wasser, die Hügel, die Wolken; – überall sehe ich Athen, die auch in ihrer Trauer noch schöne Mutter der Poesie und Weltweisheit. In meiner Halle stehen die Marmorbüsten meiner Vorfahren. In dem Keramikus betrachte ich ihre Gräber! In den Straßen bemerke ich die Hand des Phidias und den Geist des Perikles, Hermodius und Aristogeiton – sie sind überall – und in unsern Herzen, in dem meinen wenigstens, sollen sie nicht untergehen! Wenn irgend etwas mich vergessen lassen kann, daß ich ein Athener und nicht frei bin, so vermag dies die beseligende, sorgsame Liebe Ione's – eine Liebe, die eine neue Weihe in unserem neuen Glauben erhalten hat [Fußnote: Was wir jetzt in der Liebe Sentimentalität nennen, war den Alten wenig bekannt und findet sich hauptsächlich nur im Christentum. Es ist ein Gefühl, welches nicht mit dem Glauben, sondern mit der Ueberzeugung , daß die Liebe aus dem Geiste komme und wie der Geist selbst unsterblich sei, innig verbunden ist; Chateaubriand hat in seinem »Genius des Christenthums,« einem Werke voller Irrthümer, aber auch voll Wahrheiten, dieses Gefühl mit seiner gewöhnlichen Beredsamkeit entwickelt. Es bildet auch wirklich den großen Unterschied zwischen der alten und der modernen Lebensweise. Ich habe meiner Ansicht nach keinen groben Verstoß gegen die Wahrheit begangen, wenn ich dem Glaukus nach seiner Bekehrung zum Christentum sentimentale Gefühle beilegte, obwohl vorauszusetzen ist, daß er dieselben eher ahne als wirklich begriff. ] – eine Liebe, welche keiner unserer Dichter, so trefflich seine Gedanken auch sein mögen, jemals in seiner Schilderung erreicht hat, denn mit Religion gemischt, ist sie selbst ein Theil derselben; es kommt ihr nichts Unreines oder Weltliches in den Sinn, daher wir hoffen, uns auch in der Ewigkeit ihrer zu erfreuen, und wir nehmen keinen Anstand, sie unserem Gott zu bekennen. Dies ist die wahre Bedeutung der dunkeln Fabel von unserem griechischen Eros und Psyche – es ist wirklich die in den Armen der Liebe schlummernde Seele. Wenn man diese unsere Liebe mir die Entbehrung der Freiheit ertragen hilft, so leistet meine Religion mir noch weit wichtigere Dienste; denn sobald ich das Schwert ergreifen, die Kriegstrompete blasen und nach einem neuen Marathon (aber ein Marathon ohne Sieg) eilen möchte, so fühle ich meine Verzweiflung bei dem niederschlagenden Gedanken an die Unmacht meines Vaterlandes und die drückende Macht des römischen Joches wenigstens durch das Bewußtsein gemildert, daß die Erde nur der Anfang des Lebens, daß der Ruhm weniger Jahre in dem unermeßlichen Raume der Ewigkeit von gar keiner Bedeutung ist, und daß es hienieden keine vollkommene Freiheit gibt, bis die Ketten des Leibes von der Seele fallen und dieser über Raum und Zeit, als über sein Erbgut, herrscht. Jedoch mein Glaube hat immer noch eine Beimischung von dem sanften griechischen Blute. Ich kann den Eifer derjenigen, welche Alle, die nicht das Nämliche, was sie selbst glauben, verfolgen, keineswegs theilen. Ich verfluche Andersglaubende nicht, sondern bitte Gott den Vater, daß er sie bekehren möge. Diese Duldsamkeit setzt mich unter den Christen einigem Verdachte aus; aber ich vergebe es ihnen, und da ich die Vorurtheile des Volkes nicht öffentlich verletze, so wird es mir möglich, meine Brüder vor der Strenge des Gesetzes und vor den Folgen ihres eigenen Eifers zu bewahren. Wenn mir Mäßigung die natürliche Folge des Wohlwollens zu sein scheint, so verleiht sie auch der Wohlthätigkeit den größten Spielraum.
    Von dieser Art also, o Sallust, ist mein Leben; von dieser Art sind meine Meinungen. So will ich leben und sterben. Und
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