Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong
Autoren: John Burdett
Vom Netzwerk:
er zurück.
    »Augenblick mal.« Riley pflanzte sich vor Cuthbert auf. »Was soll das heißen: ›Geheim‹?« Cuthbert versuchte sich wegzudrücken. Riley streckte den Arm aus. »Ich habe gefragt, was Sie mit ›geheim‹ meinen.«
    Chan sah zu, wie die beiden Engländer so etwas wie einen stummen Ringkampf begannen. Riley hielt Cuthbert am Ärmel fest, doch irgendwann gelang es diesem, sich loszureißen. Dabei ging seine Jacke kaputt. Er marschierte zum Lift und drückte auf den Knopf. Dort wandte er sich noch einmal zu ihnen um, schien ihnen alles erklären, ja, sogar sich entschuldigen zu wollen.
    »Tut mir leid«, sagte er, als der Lift kam. »Es ist wirklich geheim.« Dann betrat er den Aufzug und sagte, als die Türen sich schon schlossen: »Sie werden den Leuten von der Zeitung nichts über das hier berichten. Das ist ein Befehl.« Er sah Chan flehend an. » Es geht um China. «

SIEBENUNDFÜNFZIG
    Jonathan erhielt einen Telefonanruf in seinem Büro im Central District. Als der Anrufer sich vergewissert hatte, daß er mit dem Absender der Fotos sprach, alles Nahaufnahmen von Fleischwölfen mit menschlichem Hackfleisch, wurde Danny Chows Tonfall schärfer.
    »Was wollen Sie?«
    »Ich vertrete einen Klienten, der Geschäfte mit Ihnen machen möchte, Mr. Chow«, antwortete Wong und griff nach einer Zigarette.
    »Das ist mir ein schöner Klient.«
    »Ich glaube, beide Seiten haben ihren Standpunkt klargemacht und den gegenseitigen Respekt wiederhergestellt. Jetzt wäre es an der Zeit, Geschäfte zu machen, finden Sie nicht auch?«
    Die Stimme aus New York seufzte. »Nun, so könnte man es ausdrücken. Was will er?«
    Wong zündete sich die Zigarette an. »Unglücklicherweise wurde die Lieferung, die mein Klient vor einiger Zeit bestellt hatte, nie ausgehändigt. Er würde gerne nachbestellen. Diesmal genug für einen praktischen Einsatz. Und zu einem realistischeren Preis.«
    »Behalten wir unsere Kuriere?«
    »Ich glaube, darauf können wir uns einigen.«
    Wieder seufzte Chow. »Wahrscheinlich können wir miteinander ins Geschäft kommen. Geben Sie mir zwei Tage.«
    »Aber sicher«, sagte Jonathan und legte den Hörer auf die Gabel.

ACHTUNDFÜNFZIG
    Sie kamen um die Mittagszeit zu Chan. Zwei großgewachsene Chinesen mit breitem Schanghai-Akzent betraten das Polizeirevier von Mongkok und gingen die Treppe zu seinem Büro hinauf. Keiner von beiden gab unten an der Rezeption seinen Namen oder den Zweck seines Besuches an; niemand besaß jedoch den Mut, sie zurückzuhalten. Chan wehrte sich nicht und war auch nicht überrascht, Cuthbert im Fond des schwarzen Mercedes zu sehen, der auf dem Parkplatz hinter dem Polizeirevier wartete. Er und Cuthbert fanden nichts, worüber sie sich hätten unterhalten können. Chan erinnerte sich an einen kleinen Raum, einen alten Mann und an Schwarzweißfotos an einer Schnur, auf denen Leute abgebildet waren, die zur Hinrichtung geführt wurden.
    Im obersten Stockwerk der Bank of China war ein Fest im Gange. Chan setzte sich neben Cuthbert an einen riesigen runden Tisch. Xian nahm direkt gegenüber von Chan Platz. Der Polizist hatte die sechzehn anderen Männer noch nie gesehen, die lautstark an ihren Krebsen saugten und die Schalen auf einen Haufen in der Mitte des Tisches warfen. Chan sah, daß sie alle ungefähr genauso alt wie Xian waren. Abgesehen vom General selbst, der eine schwarze Mandarin-Robe trug, hatten die Gäste zweiteilige schwarze, graue oder marineblaue Anzüge von der Stange an. Keiner von ihnen hatte eine Krawatte um den Hals.
    Nach den Krebsen servierte ein sehr alter Mann Choi sani, Abalonen, gekochten Reis und knusprige Ente. Zum Schluß gab es Suppe und dann Orangenschnitze. Chan und Cuthbert aßen nichts.
    Anschließend ging der alte Mann mit dickbauchigen Brandygläsern herum, die er aus einer Flasche mit der Aufschrift VSO Cognac füllte.
    Xian hob das Glas und sagte laut etwas auf Mandarin, dem die anderen alten Männer beipflichteten.
    »Ich gebe euch menschliches Leiden«, übersetzte Cuthbert.
    Alle außer Chan und Cuthbert tranken. Xian stellte das Glas ab und starrte Chan an. Immer, wenn er etwas sagte, übersetzte Cuthbert.
    »Ich sehe, daß unserem Chief Inspector aus Hongkong mein Toast nicht gefällt.«
    Murmeln. Xian hob die Hand. Das Gemurmel verstummte. »Es ist in Ordnung, ich verstehe. Das ist kein fröhlicher Trinkspruch, wie die Briten und Amerikaner ihn mögen. Aber sie sind auch Heuchler. Öffnen Sie die Augen, es ist nie klarer gewesen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher