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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)
Autoren: Paul Hoffman
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Ihr ihm auf bessere Weise zeigen, als ihn in einer Tonne Wasser zu ersäufen. Ich werde Euch ein Schreiben an die Barmherzigen Schwestern in Zypern geben. Manche Leute werden Euch erzählen, dass die Schwestern sehr eigenartig seien, und das sind sie auch, aber sie haben ein mildes Gemüt. Sie helfen den Irren durch sanftes Sprechen und Hingabe. Auf jeden Fall wird es ihm dort nicht schlimmer ergehen.«
    »Wie lange, denkt Ihr, wird er brauchen, bis er sich erholt?«, fragte Henri.
    Robert von Salerno schaute ihn an, gab jedoch keine Antwort auf die Frage. »Wollt Ihr, dass ich das für Euch arrangiere?«
    »Ja«, sagte Vipond.
    Robert von Salerno verneigte sich leicht und ging.
    Zur selben Zeit, zweihundert Meilen entfernt in Oberschlesien, kamen Kleist und sechsundzwanzig Männer im Alter zwischen achtzehn und zweiundvierzig Jahren im Bergbauort Bytom an, einem grimmig wirkenden Haufen grauer Häuser.
    »Wenn das hier Oberschlesien ist«, sagte Tarleton, »wie um Himmels willen sieht es dann in Unterschlesien aus?« Er erhielt keine Antwort auf die Frage, und es lachte auch niemand. Zu sehr waren die Männer von hoffnungslosem Hass erfüllt. Sie wollten Rache, das stimmte, aber ihr Gemüt war verkrüppelt vom Scham und der Verzweiflung, weniger über das, was ihren Frauen und Kindern angetan worden war, als vielmehr darüber, dass sie es nicht hatten verhindern können.
    Mit dem restlichen Geld kauften sie Verpflegung für eine Woche. Eine Weile standen sie auf dem nasskalten Marktplatz mitten im Ort und besprachen, was sie als Nächstes tun sollten. Nach einer halben Stunde fassten sie einen Beschluss. Vier von ihnen wollten nach Norden ziehen und sich so weit von den Erlösern entfernen, wie es die Erde zuließ. Die übrigen zweiundzwanzig und Kleist beschlossen, sich auf den Weg nach Spanish Leeds zu machen, wo, wie sie fälschlicherweise gehört hatten, ein Heer zusammengezogen würde, um gegen die Erlösermönche zu kämpfen. Die vier Männer, die nach Norden ziehen wollten, nahmen ihren Verpflegungsanteil, schüttelten allen die Hände und gingen davon. Die anderen wandten sich nach Osten.
    Zwei Tage, nachdem sie aus Bytom abmarschiert waren, watschelte eine hochschwangere Frau, die sich für eine Witwe und die letzte Überlebende eines fast unbekannten Bergvolks aus dem Quantockgebirge hielt, über denselben Platz. Sie war auf dem Weg nach Spanish Leeds in der Schweiz. Dort hoffte sie ihr Kind als Neubürger jenes Landes zur Welt zu bringen, in dem, wie sie irgendwann einmal gehört hatte, den Witwen eine staatliche Rente gezahlt würde und wo es kostenlose Milch für Kleinkinder unter drei Jahren gebe.
    Bruder Gil hatte eine Weile gebraucht, bis er gelernt hatte, die Annehmlichkeiten seiner neuen Macht zu genießen, obwohl er sich auch jetzt noch manchmal leise Selbstvorwürfe machte, dass ihm sein riesiger Schreibtisch so gut gefiel. Der Schreibtisch war mit Schnitzereien verziert, die die verschiedenen Grausamkeiten darstellten, welche den Leibern der treuesten Gläubigen zugefügt worden waren. Und er verspürte auch ein schlechtes Gewissen darüber, dass es ihm so sehr gefiel, mit welcher Geschwindigkeit und Beflissenheit man reagierte, wenn er, Gil, das Glöckchen läutete oder wenn er Männer rief oder wieder wegschickte, die in Chartres eine hohe Stellung genossen, die es nun aber offensichtlich für dringend notwendig hielten, stets und allezeit sein Wohlgefallen zu erregen und zu pflegen. Hie und da verspürte er auch richtige Gewissensbisse, wie das bei einem Erlösermönch wohl unvermeidlich schien, aber sie wurden immer seltener, oder wenn schon nicht seltener, so doch immer weniger heftig. Erst vor ein paar Monaten hätte ihn Bruder Warren, der ihm in diesem Augenblick so ernst und so konzentriert zuhörte, für einen ungehobelten Militärrambo gehalten, der zwar nicht unbedingt mit Verachtung gestraft, aber doch herablassend behandelt werden musste. Nun jedoch starrte er Gil gebannt an und schien furchtbar aufgeregt über die Verantwortung zu sein, die ihm in diesem Augenblick übertragen wurde.
    »Ihr werdet möglichst wenige Brüder ins Vertrauen ziehen, und nur die Verschwiegensten und Treuesten, und Ihr werdet ihnen nichts über die wahre Identität des… Gauklers verraten, der sich das Papsttum aneignete. Sie sollen nur erfahren, dass wir verderbte Frauen suchen, bei denen wir Grund zu der Annahme haben, dass sie sich als Geistliche verkleidet haben könnten. Sie sollen die Wahrheit
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