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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
Autoren: Anthony Mark
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Bittet mich nicht, meinen Treuschwur aufzugeben.«
    »Ich bitte Euch nichts aufzugeben außer den Wahnsinn. Ihr sprecht von Loyalität. Was ist mit der Loyalität Eures König zu Euch, zu Eurer Domäne? Hat er nicht euch alle verraten, indem er sich auf die Seite der schwarzen Ritter geschlagen hat?« Er zeigte auf Grace. »Und hier steht unser aller Königin vor Euch. Gehört Eure Loyalität letztlich nicht ihr?«
    Vedarr schüttelte den Kopf. »Wenn sie die Königin wäre … vielleicht, wenn sie wirklich die Königin wäre. Aber woher soll ich wissen, dass es die Wahrheit ist? Wie können wir sicher sein, dass es die richtige Entscheidung ist?«
    Bevor Tarus etwas sagen konnte, geschah etwas Verblüffendes und Unmögliches.
    Durge lachte.
    Der Ritter warf den Kopf zurück, schaute in den Himmel und lachte. Es war ein tiefer, voller, hallender Laut – wie das Läuten einer Bronzeglocke. Er schüttelte sich vor Lachen, und er hielt sich die Seite. Alle starrten den Embarraner mit offen stehendem Mund an. Er hätte sie nicht mehr überraschen können, wären ihm plötzlich Flügel gewachsen und er in den Himmel geflogen. Schließlich verstummte sein Gelächter, auch wenn das Lächeln bestehen blieb, und er wischte sich die Augen trocken, während er sprach.
    »Ihr wollt Sicherheit haben, Sir Vedarr«, sagte er. »Das ist ein schwieriges Wild, aber ich sage Euch, was sicher ist.« Er rutschte aus dem Sattel und trat zwischen die beiden Heere. »Ihr könnt sicher sein, dass es auf der ganzen Welt keine Frau und keinen Mann gibt, die so stark, weise und gut wie Lady Grace sind. Ihr könnt sicher sein, dass die Klinge, die sie trägt, tatsächlich Fellring ist, König Ulthers Schwert, das neu geschmiedet wurde, und dass es in keine andere Hand gehört. Aber selbst wenn Ulthers Blut nicht in ihren Adern fließen würde, wäre sie noch immer besser als Ihr oder ich oder alle anderen von uns und unserer Treue wert. Und es gibt noch eine Sache, deren Ihr Euch sicher sein könnt – wir reiten nach Norden und haben so gut wie keine Chance, die kommende Flut der Finsternis aufzuhalten, aber wir wissen, dass sich ihr jemand entgegenstellen muss, also können genauso gut wir es tun.«
    Eine Windböe kam auf und wehte Durge das Haar aus der gefurchten Stirn. Er blickte nach Norden – nicht zu den Rittern von Embarr, sondern an ihnen vorbei.
    »Es kommt nicht darauf an, über die Finsternis zu siegen, Sir Vedarr, denn jeden Tag werden gute und starke Männer durch Hass, Furcht, Zorn und Verrat besiegt – und von jenen, die ihre Sklaven sind.« Er presste die rechte Hand auf die Brust. »Es ist nicht der Sieg über das Böse, der uns im Herzen gut macht. Es ist einfach die Entscheidung, sich ihm entgegenzustellen.«
    Durge senkte den Kopf und ließ die Schultern hängen, seine Heiterkeit war verschwunden. Das Einzige, das die Stille durchbrach, war das Flüstern des Windes im trockenen Gras. Alle Blicke waren auf den Ritter gerichtet, und keiner war willens – oder in der Lage –, das Schweigen zu brechen. Tränen froren auf Graces Wangen, aber sie konnte keine Hand regen, um sie wegzuwischen, und ihr Herz war so voller Liebe, dass sie den Schmerz kaum ertragen konnte.
    Eine kleine Gestalt schlüpfte vor Grace aus dem Sattel und landete leichtfüßig auf dem Boden. Tira. Barfuss lief sie zu Durge; der Wind zerzauste ihre Locken. Sie ergriff die Hand des Ritters und schaute mit ihrem Narbengesicht zu ihm hoch.
    »Gut«, sagte sie und nickte dann energisch. »Gut.«
    Durge kniete nieder und umarmte das kleine Mädchen. Es warf die Arme um ihn und vergrub sein Gesicht an seinem Hals.
    Der Wind wurde stärker, pfiff über die Anhöhe, und es war, als wären Furcht und Zweifel von ihm weggeblasen worden. Grace stieg vom Pferd, trat zu Durge und Tira und legte ihnen die Hände auf die Schultern. Sie schaute zu Sir Vedarr hoch.
    »Was wollt Ihr also tun?«, fragte sie.
    Vedarr sah sie einen Augenblick lang mit unleserlicher Miene an, dann zog er einen Dolch und hielt ihn vor sich. War das also seine Wahl? Der Tod?
    Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, drehte Vedarr die Klinge und drückte ihre Spitze gegen den Schild. Mit langsamen, überlegten Bewegungen kratzte er die weiße Farbe des grinsenden Totenschädels ab. Als er fertig war, zog er sein Pferd herum und hielt den Schild in die Höhe. Die fünf Embarraner vor ihm betrachteten ihn mit leuchtenden Augen, und der Rest der Ritter weiter unten auf der Anhöhe gab
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