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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes
Autoren: Jaime Manrique
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der Spatzen ein Vorspiel zu meinem endgültigen Abschied von diesem Leben ist, dann bin ich bereit.
    Ja, meine Geschichte, die Geschichte eines Mannes mit einem langen, schmalen Gesicht, kastanienbraunem Haar, glatter, hoher Stirn, munteren Augen und einer wenn auch krummen, so doch wohlproportionierten Nase, einem silberweißen Kinnbart, der vor kaum zwanzig Jahren noch golden war, einem Knebelbart, kleinem Mund, nicht zu großen und nicht zu kleinen Zähnen, mittleren Wuchses, weder zu groß noch zu klein, mit einer frischen, eher hellen als dunklen Hautfarbe, mit einem leicht gekrümmten Rücken und nicht sonderlich gut zu Fuß – die Geschichte dieses Mannes also, meine Geschichte, kommt zu einem Ende, wie alles Irdische es tun muss.
    Während der Priester mir die Letzte Ölung gibt und das Weinen, das ich höre – meine Frau? meine Schwestern? –, allmählich verklingt, während die Dunkelheit um mich her dichter wird und die Umrisse der Welt verschwimmen, während meine Haut kühler wird, die Kühle der Erde vorwegnimmt, erhasche ich einen Blick auf die Zukunft (es muss die Zukunft sein, denn alles ist heller und schneller), in der ein Mensch Avellanedas Don Quijote Teil II übertrumpft und die unvorstellbare Leistung erbringt, genau denselben Don Quijote Teil I zu schreiben, wie ich ihn schrieb, Wort für Wort, auf nur wenigen Seiten. Auf dieses Meisterwerk wiederum wird eine Fülle von Don Quijotes folgen (die die Menschen künftiger Zeiten in der Luft werden lesen können, und jede Seite, die sie lesen, wird verschwinden, sobald sie sie gelesen haben werden). Und in dieser fernen Zukunft werden die Menschen in allen bekannten Sprachen – und sogar in den Sprachen, die vor langer Zeit untergegangen sind und keinerlei Spuren hinterlassen haben – Alonso Fernández de Avellanedas gefälschten und ungeheuerlichen Don Quijote Teil II lesen und sich nicht darum bekümmern, dass es ein ruchloser Diebstahl ist, eine vulgäre Entstellung, ein Verbrechen an der menschlichen Intelligenz, bis nach einer Weile, während sich die Texte in der Luft einander nähern und schließlich zu einem Text werden, niemand mehr die echten von den gefälschten Figuren unterscheiden kann, ebenso wenig wie sie wissen werden, wer ich, Miguel de Cervantes Saavedra, der wahre Schöpfer, war. Und die Menschen der fernen Zukunft werden Don Quijote für eine alte Volksweise halten, nichts weiter als ein Lied über einen Mann und seinen Traum.
    Lebt wohl.

MEIN DANK
     
    Zahlreiche Menschen unterstützten mich mit großem Zeitaufwand bei den unterschiedlichsten Bereichen meiner Recherchen für Die Leidenschaft des Cervantes , ihnen gilt mein großer Dank. In Spanien danke ich dem Dichter Dioniso Cañas, der eine Rundreise durch die Mancha mit mir unternahm und mir die Orte, an denen viele der berühmtesten Szenen von Don Quijote stattfinden, nahebrachte, sowie meinem guten Freund Eduardo Lostao, der mir in Madrid und Alcalá de Henares als Führer zur Seite stand, und José Luis Lara, meinem Vergil in Esquivias. Mein besonderer Dank gilt Ghassan Zeineddine, der mich auf eine denkwürdige Reise nach Algerien, Rom und Griechenland begleitete, sowie Robert Parks von C.E.M.A., dessen Einladung zu einer Vortragsreihe in Oran es uns ermöglichte, Reisevisa für Algerien zu bekommen, und der eine unvergessliche Führung durch die Kasbah organisierte und mich mit seinen dortigen Cervantes’schen Freunden bekannt machte.
    Großen Dank möchte ich auch Pilar Reyes aussprechen, die die spanischen Rechte an dem vorliegenden Roman bereits erwarb, als ich ihn gerade erst zu schreiben begonnen hatte, und meinen Agenten Tom und Elaine Colchie, die mich auf dem großen Abenteuer begleiteten, zu dem sich die Arbeit an diesem Buch entwickelte.
    Und letztlich gilt mein Dank wieder einmal meinen lieben Freundinnen und Freunden Jessica Hagedorn, Maggie Paley und Robert Ward für ihre Ermutigung und ihre unerschütterliche Unterstützung.

GLOSSAR
    abuela
    span., Großmutter
    almalafa
    span., hier: Schleier (auch Mantel, Rock)
    Arcadia, Pl. Arcadias
    Hirten- oder Schäferdichtung, die in einer idyllischen Ideallandschaft spielt und zumeist Liebeshändel zum Thema hat
    asper
    kleine osmanische Münze
    auto-da-fé, Pl. autos-da-fé
    span., Urteil eines Inquisitionsgerichts, auch Verbrennung von Ketzern oder missliebigen Schriften
    avellana, Pl. avellanas
    span., Haselnuss
    azuago
    nordafrikanisches Berbervolk
    badestan
    Sklavenmarkt in Algier, allgemein:
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