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Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns
Autoren: Polina Daschkowa
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flüsternd.
    Mittlerweile hatte sich Anton in Rekordzeit seiner Kleidung entledigt.
    »Für alles. Für absolut alles, und ganz dreist und offen, als ob der Konzern ihnen schon gehören würde.« Er zog die letzten
     Sachen aus – dunkelblaue Socken mit weißem Sternenmuster.
    Das ist das Ende, dachte Regina, während sie mechanisch die eifrigen Zärtlichkeiten des jungen Juristen erwiderte. Locke knöpft
     uns alles ab und macht dann Kleinholz aus uns. Die Poljanskaja wird er jetzt hüten wie seinen Augapfel. Auch der Blinde wird
     sie dort nicht erwischen. An Lockes Stelle würde ich genauso handeln. Aber was kann ich jetzt tun?
    Anton Konowalow stöhnte bereits leise, und Regina stellte eher beiläufig fest, daß es ein Fehler gewesen war, die schüchternen
     Annäherungsversuche solcher jungen Pfauen abzuweisen. Sie hatten immer wieder ihre bunten Räder vor ihr geschlagen. Natürlich
     wußte sie sehr gut, daß es ihnen nur ums Geld und die Karriere ging, aber trotzdem, sie hatte viel versäumt. Jetzt ließ sich
     das nicht mehr aufholen.
    Erstaunt merkte sie, daß ihre Erregung sich steigerte. In ihr erwachte plötzlich eine solch bittere, unersättliche Gier nach
     dem Leben, daß sie ihre Fingernägel fast bis aufs Blut in den muskulösen Rücken ihres Partners krallte und auf den funkensprühenden
     Wogen des Geigensolos davonflog.
     
    Das Bad war rund und geräumig und verfügte über einen Whirlpool. Anton trug seine Dame auf den Armen dorthin, verteilte verschwenderisch
     alle möglichen wohlriechenden Substanzen im Wasser und stieg selbst mit hinein.
    »Weißt du, mein Junge, ich glaube, ich bleibe bis morgen früh bei dir«, sagte Regina und schloß die Augen, »ich muß mich gründlich
     entspannen.«
    »Wirklich? Danke!« Er freute sich aufrichtig.
    »Ich habe dir zu danken. Dein Geheimnis ist wirklich vielwert. Du hast recht, es ist eine unangenehme und gefährliche Information. Sei bitte vorsichtig.«
    »Wo denkst du hin! Ich werde schweigen wie ein Grab!«
    »Ein treffender Ausdruck«, sagte Regina nachdenklich.
    ***
    Die Flamme des Feuerzeugs flackerte und erlosch. Lena versuchte es noch einmal, aber das Gas war zu Ende.
    »Guten Abend, Lena Poljanskaja. Zieh dich schnell und leise an«, flüsterte Wassja Slepak.
    Lena zog mit zitternden Händen den Pullover, den Nina ihr dagelassen hatte, über ihren eigenen. Der Killer leuchtete sie einen
     Moment mit der Taschenlampe an.
    »Hast du noch irgendwas Warmes?« fragte er.
    »Nein.«
    »Gut, gehen wir.« Er nahm sie bei der Hand.
    Sie stahlen sich aus dem Zimmer und schlichen über den Flur. Im Haus herrschte eine verschlafene, ruhige Stille. Einen Augenblick
     später betraten sie einen Raum. Lena blickte sich um und erkannte, daß es die Küche war. Die Taschenlampe flammte erneut auf
     und beleuchtete eine kleine, unauffällige Tür neben einem riesigen Kühlschrank. Hinter der Tür befand sich eine steile Holztreppe.
    Sie stiegen hinauf und gelangten auf den Dachboden. Vorsichtig traten sie auf die quietschenden Holzdielen und gingen zum
     Fenster, bemüht, unterwegs nirgends anzustoßen. Es stand ein Stück weit offen. Dahinter sah man auf ein steil abfallendes
     Eisendach. Wassja half Lena hoch, sie kroch hinaus und rutschte sofort auf dem vereisten Dach aus. Wassja kletterte hinterher
     und packte sie gerade noch rechtzeitig am Arm.
    »Ich springe jetzt als erster«, flüsterte er ihr ins Ohr, »dann du. Keine Angst, es ist nicht hoch. Ich fange dich auf. Wieso
     sind deine Haare naß?«
    »Ich habe sie mir gewaschen«, flüsterte Lena zurück.
    »Das ist schlecht. Du wirst dich erkälten. So, jetzt springe ich. Wenn du dran bist, paß auf, daß du nicht schreist.«
    Er glitt fast geräuschlos vom Rand des Daches. Lena kroch langsam hinter ihm her. Sie fürchtete sich davor, nach unten zu
     sehen. Leicht gesagt, nicht sehr hoch! Fünf Meter waren es bestimmt. Lena kniff die Augen zu und sprang. In Gedanken hatte
     sie sich schon alle Knochen gebrochen, aber sie landete sicher in den eisenharten Armen des Killers. Ein seltsamer Geruch
     ging von ihm aus.
    »Was riecht da so?« flüsterte Lena.
    »Äther. Für die Hunde«, antwortete er und stellte sie vorsichtig in den Schnee.
    Im Haus wurde es lebendig. In einem Fenster im Erdgeschoß leuchtete der Schein einer Taschenlampe auf. Wassja packte Lena
     am Arm und zog sie in die andere Richtung. Es war nicht leicht, durch den tiefen Schnee zu laufen, immer im Zickzack um die
     dicken Stämme der
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