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Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

Titel: Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Autoren: Volker Ferkau
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Teil 1
 
DUNKELBANN
 
 
1
     
     
    Das Lepori verharrte auf den Läufen und witterte. Etwas hatte sich verändert. Das Tier wusste nicht, was es war, doch sein Instinkt war untrüglich. Seine Blume zuckte , und die Löffel waren steil aufgerichtet. Sein Körper fing an zu zittern , und es trommelte wachsam mit den Hinterläufen auf den weichen Boden. Wenige Schritte entfernt bewohnte es einen Bau, den es meistens zur Nacht verließ, jedoch an manchen Tagen auch zum Sonnenbaden. Ein verhaltenes Pfeifen drang aus seiner Schnauze, und die Schnurrhaare wirbelten.
    Begonnen hatte es vor zwei Sonnen.
    Das Lepori hatte in seiner Höhle gelegen und seine Jungen gesäugt, als neben ihm ein Geräusch erklang, das zu einer Angst führte, die das Lepori für eine Weile versteinerte. Nur eine kleine Weile, dann huschte es durch den Gang, sicherte blitzschnell und wartete.
    Alles war still.
    Die Singenden in den Bäumen schliefen.
    Der nahegelegene Wald lebte.
    Es war wie stets in der Nacht.
    Verwirrt kehrte das Lepori in seinen Bau zurück, wo die noch blinden Kleinen auf es warteten und blieb versteckt. Zitternd und vorsichtig.
    Heute hatten sich die Ahnungen des Lepori bewahrheitet:
    Der lehmige Boden über der Leporifamilie zeigte Risse, und Krümel fielen auf die nackten Körper der frisch Geborenen. Der Instinkt raste durch das Lepori, und blitzartig verbanden sich durch Generationen gemachte Erfahrungen mit inneren Antrieben. Impulse, gekoppelt mit zwanghaften Trie ben, zogen das Tier wie an einem unsichtbaren Faden vor den Bau. Es ging in Angriffshaltung , und seine Muskeln verhärteten sich. Die Sinne des Lepori glühten , und nichts entging seinem scharfen Blick. Es würde seine Jungen schützen und sich selbst. Seine Reflexe lagen bloß , und seine Nerven waren bis zum Äußersten gespannt.
    Etwas befand sich direkt neben seinem Bau. Dort, wo eigentlich nichts sein durfte. Das Lepori hatte genau darauf geachtet, wo es seinen Bau anlegte. Alles war gut gewesen. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass etwas Lebendes, etwas Fremdes und Großes , seine Ruhestatt neben dem Bau hatte. Doch so war es. Und nun galt es, zu überleben.
    Nur einen Sprung vor ihm riss der schwarze Boden auseinander , und eine Faust explodierte hoch in die Dunkelheit, schoss aus der Tiefe empor wie eine Urgewalt. Die Finger öffneten sich, schlossen sich , und das Lepori traute seinen Augen nicht. So etwas hatte es sein Lebtag noch nicht gesehen. Das Tier wusste, was Menschen sind, denn vor ihnen galt es, sich in acht zu nehmen. Doch noch nie war ein Mensch - denn nur zu einem solchen konnte dieser Körperteil gehören - von unten gekommen, von dort, wo das Lepori und seine Kinder und viele andere seiner Artgenossen lebten.
    Bevor es einen weiteren, nun sehr schrillen Pfeiflaut ausstoßen konnte, brach der Boden auseinander, eine zweite Faust erschien, dann ein Kopf, Schultern und ein Oberkörper. Der Mensch wühlte sich aus dem Erdreich, schob den Boden auseinander, kämpfte sich aus der Tiefe.
    Ein Mensch!
    Der Feind!
    Fluchttrieb paarte sich mit Erschrecken. Der Trieb , sich regungslos zu verhalten , kämpfte mit Panik. Das Lepori wusste, dass es sehr schnell laufen konnte. Wenn es vorsichtig war, war es kaum einem Gegner möglich , es zu fangen. Lediglich der Mensch kannte Möglichkeiten. Der Mensch hetzte sein Opfer nicht, sondern wartete. Der Mensch m achte wenige Bewegungen, und schon konnte das Leben eines Lepori s beendet sein. Etwas durchbohrte den Körper oder zerfetzte das Fell. Manchmal waren es Schlingen, in denen sich ein Lepori strangulierte oder schnappende schmerzende Mäuler aus Baumholz, die dem Opfer die Glieder brachen.
    Das Tier wartete.
    Warum es das tat, wusste es nicht. Es war ganz einfach so.
    Der Mensch hockte auf den Knien. Von seinem Körper bröckelte n Erde, Lehm, Bodenfasern, Wurzelwerk. Er schüttelte sich , und seine langen Haare verbargen das Gesicht.
    Von diesem Menschen ging eine abscheuliche Kälte aus , und das Lepori ahnte, warum es nicht flüchtete. Es flüchtete nicht vor den Blättern und nicht vor den Lauten des Waldes. Wenn es flüchtete, waren es die Schwingungen des Lebendigen.
    D ieser Mensch lebte nicht! Nein, er lebte nicht!
    Er bewegte sich, stöhnte leise , und sein nackter Körper glänzte schleimig und verschmiert wie ein Neugeborenes, bevor es abgeleckt worden war. Aber ihm fehlte jenes Pochen, das Pulsieren und Rauschen, alles, was Leben zu Leben machte.
    Was nicht lebte, konnte kein Unheil
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