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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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akzeptierte die Information als etwas, das ich wohl wissen sollte.
    »Da wären wir.« Er blieb stehen. »Das wird genügen. Für's erste jedenfalls. Hol mich der Teufel, wenn ich weiß, was ich sonst mit dir anfangen soll. Wenn nicht Prinzessin Philia wäre, würde ich denken, dieses wäre ein gelungener Streich, den das Schicksal Chivalric spielt. He, Nosy, mach dem Jungen hier Platz im Stroh. So ist es recht, leg dich zu der guten alten Hexe. Sie wird dich unter ihren Schutz nehmen und jeden eines Besseren belehren, der dir Böses will.«
    Wir hatten vor einer geräumigen Box haltgemacht, Schlafplatz von drei Hunden. Sie waren aufgewacht, und beim Klang von Burrichs Stimme klopften die peitschendünnen Schwänze das Stroh. Ich wagte mich zaghaft ein paar Schritte vor und suchte mir einen Platz neben einer alten Hündin mit ergrauter Schnauze und einem zerfledderten Ohr. Der Rüde begutachtete mich argwöhnisch, aber der dritte im Bunde war ein halbwüchsiger Welpe, Nosy, der mich begeistert willkommen hieß. Ich nahm ihn in den Arm, um seinen Überschwang zu dämpfen, und kuschelte mich dann zwischen die warmen Tierleiber, wie Burrich es gesagt hatte. Er warf eine Decke über mich, die streng nach Pferd roch. Ein mächtiger Grauschimmel in der Nachbarbox stampfte plötzlich mit den Hufen und hängte den Kopf über die Trennwand, um zu sehen, was die Störung der Nachtruhe zu bedeuten hatte. Burrich streichelte ihm geistesabwesend über die schnobernde Nase.
    »Wir alle müssen uns in diesem Außenposten behelfen, so gut es geht. Du wirst feststellen, daß Bocksburg ein gastlicherer Ort ist. Doch für heute nacht bist du hier sicher und hast es warm.« Er sah auf uns nieder. »Roß, Hunde und Falken, Chivalric. Diese alle habe ich viele Jahre lang für dich gehütet und gut gehütet. Aber dieser dein Bastardsohn, was ich mit ihm tun soll, ist mir ein Rätsel.«
    Seine Worte waren nicht an mich gerichtet. Ich beobachtete ihn über den Rand der Decke hinweg, als er die Laterne vom Haken nahm und sich entfernte, in ein halblautes Selbstgespräch vertieft. An diese erste Nacht erinnere ich mich genau: an die Wärme der Hunde, das knisternde Stroh und sogar den Schlaf, der mich zu guter Letzt überkam, als der Welpe sich zutraulich an mich schmiegte. Ich trieb in sein Bewußtsein und teilte seine verschwommenen Träume von einer endlosen Hatz, auf der Fährte einer Beute, die ich nie zu Gesicht bekam, deren frische Witterung mich aber unwiderstehlich weiterlockte, durch Nesseln und Dornen, über Stock und Stein.
    Mit dem Traum des Hundes verwischen sich auch die scharfen Umrisse meiner Erinnerung. Die Tage, die jener ersten Nacht folgten, sind in meinem Gedächtnis nicht mit gleicher Deutlichkeit enthalten. Ich entsinne mich an den ständigen Regen, während meine Füße sich mit dem Weg zwischen Stall und Küche vertraut machten. Manchmal traf ich den Koch, der mit seinen Töpfen hantierte oder Brotteig knetete oder ein neues Faß anschlug. War er nicht da, bediente ich mich von dem, was auf dem Tisch stand, und teilte großzügig mit dem Welpen, der bald nicht mehr von meiner Seite wich. Männer kamen und gingen, aßen und tranken und betrachteten mich mit einer abschätzenden Neugier, die ich nach einiger Zeit als normal akzeptierte. Sie sahen sich alle in gewisser Weise ähnlich, vielleicht wegen der gleichen wollenen Umhänge und Hosen, mit ihren muskulösen Körpern und geschmeidigen Bewegungen und dem Wappen, das jeder von ihnen über dem Herzen trug. Meine Anwesenheit verursachte einigen von ihnen Unbehagen. Ich gewöhnte mich auch an das Stimmengemurmel, das einsetzte, sobald ich die Küche verließ.
    Burrich war mein Fixpunkt. Er ließ mir dieselbe Pflege angedeihen wie Chivalrics Tieren. Ich wurde gefüttert, getränkt, gestriegelt und erzogen, letzteres dergestalt, daß ich hinter ihm drein trottete, während er seinen Pflichten nachging. Aber diese Erinnerungen sind bruchstückhaft und Einzelheiten. Ob und wie oft ich mich gewaschen oder die Kleider gewechselt habe, fand vermutlich keinen dauernden Halt im Gedächtnis eines Sechsjährigen, der solche Dinge als selbstverständlich annimmt. Sehr genau erinnere ich mich an meinen Hundefreund Nosy. Sein kurzes Fell war rot und glatt, und wenn wir nachts die Pferdedecke teilten, stachen mich die grannigen Haare durch den Stoff meiner Kleider. Seine Augen waren grün wie Kupfererz, seine Nase hatte die Farbe gekochter Leber. Wenn wir uns nicht in der Küche den
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