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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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Bauch vollschlugen, balgten wir uns im Hof oder im Stroh unserer Lagerstatt. Das war mein Leben während meines Aufenthalts dort. Er kann nicht lange gedauert haben, denn ich erinnere mich nicht, daß das Wetter sich geändert hätte. Wenn ich zurückdenke, finde ich in meinem Gedächtnis nur Kälte und böigen Wind. Schnee und Eis, die tagsüber aufweichten, wurden vom Nachtfrost gerettet und bewahrt.
    Ein Ereignis aus jener Zeit hat sich mir eingeprägt, allerdings auch dieses in der unbestimmten, weichfarbigen Art eines kunstvollen alten Wandteppichs in einem halbdunklen Zimmer. Ich erinnere mich, vom Zappeln des Welpen aufgewacht zu sein und vom Schein einer Laterne, die in die Box gehalten wurde. Zwei Männer beugten sich über mich, aber Burrich war bei ihnen, deshalb hatte ich keine Furcht.
    »Jetzt habt ihr ihn aufgeweckt«, warnte einer, und es war Prinz Veritas, der Mann aus dem behaglich warmen Gemach meines ersten Abends.
    »Na und? Sobald wir fort sind, wird er weiterschlafen. Meiner Treu, er hat sogar seines Vaters Augen. Ich schwöre, ich hätte die Blutsverwandtschaft erkannt, wo immer wir uns begegnet wären. Zwecklos, sie leugnen zu wollen, jeder, der ihn sieht, wüßte sofort Bescheid. Doch hat denn keiner von euch auch nur einen Fingerhut voll Verstand? Bastard oder nicht, man steckt ein Kind nicht in den Stall, zu den Tieren. Gab es keinen anderen Platz, um ihn unterzubringen?«
    Der Sprecher hatte Veritas' Augen und Kinnpartie, aber damit endete die Ähnlichkeit. Dieser Mann war erheblich jünger. Er trug keinen Bart, sein parfümiertes und frisiertes Haar war feiner und braun. Die Kälte hatte seine Wangen und seine Stirn gerötet, aber das war nur vorübergehend und nicht mit Veritas' Wettergegerbtheit vergleichbar. Und Veritas kleidete sich, wie seine Männer gekleidet waren, in derben, haltbaren Wollstoff und bedeckte Farben. Nur das Wappen auf seiner Brust glänzte heller, mit Gold- und Silberfäden gestickt. Sein jüngerer Begleiter jedoch leuchtete in Scharlachrot und Schlüsselblumengelb, und sein wallender Umhang bestand aus doppelt soviel Stoff, wie man benötigte, um einen Menschen einzuhüllen. Das Wams darunter war cremefarben und reich mit Spitzen besetzt. In dem Tuch an seinem Hals stak ein springender Hirsch in Gold, dessen grünes Edelsteinauge mich anfunkelte. Und seine kunstvolle Redeweise erschien wie verschnörkeltes Filigran neben Veritas' geradliniger Schlichtheit.
    »Darüber habe ich nicht nachgedacht, Edel. Schließlich, was weiß ich von Kindern? Ich habe ihn in Burrichs Obhut gegeben. Er ist Chivalrics Mann und ...«
    »Es lag nicht in meiner Absicht, die königliche Familie zu beleidigen, Hoheit«, erklärte Burrich in aufrichtiger Verwirrung. »Ich bin Chivalrics Mann und habe für den Jungen gesorgt, so gut ich es verstehe. Ich hätte ihn ins Mannschaftsquartier stecken können, doch meine ich, er ist noch zu jung für die Gesellschaft solcher Männer, mit ihrem Kommen und Gehen zu jeder Stunde, ihren Reibereien, dem Trinken und Lärmen.« Aus dem Tonfall seiner Worte sprach deutlich seine eigene Abneigung gegen diese Art von Gesellschaft. »Hier dagegen hat er seine Ruhe und in dem Welpen einen Spielgefährten. Und solange meine gute Hexe nachts über ihn wacht, ist nicht zu befürchten, daß ihm jemand ein Leid zufügt. Ihr Herren, ich weiß selbst nicht viel von Kindern, und deshalb ...«
    »Schon gut, Burrich, schon gut«, unterbrach ihn Veritas beschwichtigend. »An mir wäre es gewesen, sich darüber Gedanken zu machen. Statt dessen habe ich die Entscheidung dir überlassen, und wie die Dinge nun einmal stehen, finde ich nichts daran auszusetzen. Die meisten Kinder in diesem Ort haben es weniger gut, Eda weiß. Vorläufig wollen wir es lassen, wie es ist.«
    »In Bocksburg werden wir andere Vorkehrungen treffen müssen.« Edel hörte sich nicht sehr erfreut an.
    »Dann wünscht unser Vater, daß er mit uns nach Bocksburg zurückkehrt?« Die Frage kam von Veritas.
    »Unser Vater wünscht es. Unsere Mutter nicht.«
    »Oh.« Veritas' Ton verriet, daß er kein Interesse daran hatte, dieses Thema zu diskutieren, aber sein jüngerer Bruder ließ sich davon nicht beirren.
    »Meine Mutter, die Königin, ist über diese Angelegenheit wenig erfreut. Sie hat sich bemüht, auf den König einzuwirken, aber vergebens. Mutter und ich waren dafür, den Knaben zu – beseitigen. Weshalb das Problem der Erbfolge noch weiter komplizieren.«
    »Ich wüßte nicht, was an der
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