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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung
Autoren: Kathryn Lasky
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ein.“
    Die Eulenvettern vereinten ihre Stimmen zu einem schaurig schnarrenden Kommando: „Und jetzt wirrrd geschlafen!“
    Soren versuchte zu schlafen. Er gab sich redlich Mühe. Vielleicht würde ihm Finn y – Tante Finn y – das ja glauben. Trotzdem hinderte ihn ein sonderbares Zwicken im Magen am Einschlafen. Es kam ihm vor, als verdichtete sich der Schein des Vollmondes, der einen Teil des Glaucidiums in helles Licht tauchte, zu einer spitzen Silbernadel, die durch seinen Schädel hindurch geradewegs in seinen Magen stach. Ob er den empfindlichen Magen seines Vaters geerbt hatte? Wenn ja, schmeckte sein Magen aber nicht etwa das Süßgras, von dem sich die soeben verspeiste Maus zu ihren Lebzeiten ernährt hatte, Sorens Magen schmeckte etwas anderes: Angst. Panische Angst.
    Zwar konnte Soren nicht abschätzen, wie lange es dauern würde, bis das Signal ertönte, aber schon bald war es so weit, dass er zum ersten Mal den Schlafmarsch antreten musste. Er stapfte hinter seinen Gefährten her und wiederholte dabei immer wieder seinen Namen. Dann gelangte die Prozession in den Schatten unter dem Felsbogen. „Aaah!“, seufzte Soren unwillkürlich. Das Stechen in seinem Schädel ließ nach, sein Magen beruhigte sich. Er wurde auch wacher, wie es sich für eine Eule, die schließlich ein Nachtgeschöpf ist, gehört. Er sah sich um. Neben ihm stand die kleine Fleckenkäuzin. „Hortense?“, sprach Soren sie an. Hortense heftete kurz den leeren Blick auf ihn und scharrte mit den Füßen, als wollte sie weitermarschieren.
    Ein Schlafaufseher kam angesegelt. „Wieso trittst du auf der Stelle, 12-8, hä? Nimm sofort Schlafhaltung ein.“
    Hortense legte sogleich den Kopf in den Nacken und reckte den Schnabel, aber der Felsbogen schirmte sie vom Mondlicht ab. Soren, der ebenfalls Schlafhaltung eingenommen hatte, linste durch die halb geschlossenen Lider zu ihr hinüber.
    Komisch, dachte er. Sie reagierte eher auf ihre Nummer als auf ihren früheren Namen. Wenn man sie mit ihrem alten Namen ansprach, bewegte sie lediglich die Füße.
    In der ungewohnten Haltung fand Soren auch jetzt keinen Schlaf, darum streckte er den Kopf ein wenig vor und lugte durch den Felsbogen. Auf der anderen Seite entdeckte er Gylfie, doch da ertönte auch schon wieder das Signal, ein ohrenbetäubend schrilles Kreischen. Als sich Tausende von Eulen in Bewegung setzten, wurde Soren ganz ohne sein Zutun weitergeschoben. Im Nu herrschte ein unbeschreibliches Gebrabbel, weil jedes Eulenkind seinen alten Namen unzählige Male wiederholte.
    Soren begriff, dass der Marsch der Bahn des Mondes durch das Glaucidium folgte. Allerdings waren sie zu viele, als dass sie alle gleichzeitig vom Mond beschienen werden konnten, darum durfte sich immer ein Teil der Gruppe unter den Felsbogen zurückziehen. Vielleicht hatte er ja Glück und Gylfie musste irgendwann gleichzeitig mit ihm dort verweilen. Dann konnte es ihm gelingen, sie anzusprechen.
    Drei Durchgänge musste er noch abwarten, musste drei Mal im Mondlicht marschieren und dabei seinen Namen vor sich hin plappern, spürte drei Mal das scheußliche Zwicken im Magen.
    „12- 1 – Schnabel hoch!“, blaffte ihn ein Schlafaufseher an und verpasste ihm eine Ohrfeige.
    Hortense marschierte neben ihm her und brabbelte: „12-8 ist ein wunderschöner Name. 12-8 passt prächtig zu mir. Ich liebe Zweien, Vieren und Achten, es sind die allerschönsten Zahlen!“
    „Hortense!“, raunte Soren noch einmal und glaubte zu erkennen, wie sie unmerklich mit den Krallen scharrte, aber das war auch schon alles. Er unternahm noch einen Versuch: „He, Horti!“ Aber die Fleckenkäuzin blieb in ihrem traumlosen Schlaf gefangen.
    Dann durfte Soren wieder unter dem Bogen eine Pause einlegen und schob sich unauffällig weiter, bis er am Rand des benachbarten Glaucidiums stand. Die Schlafaufseher hatten eben den Befehl: „Schlafen!“ ausgegeben.
    Auf einmal stand Gylfie neben ihm. Das zierliche Elfenkauzmädchen wandte den Kopf und flüsterte ihm etwas zu. „Die wollen uns mondwirr machen!“, raunte es.

Mondwirr

    „Was?“Es war dermaßen erlösend, eine W-Frage zu stellen, dass Soren beinahe die Antwort überhört hätte.
    „Haben dich deine Eltern nie davor gewarnt, im vollen Schein zu schlafen?“
    „Was heißt ‚im vollen Schein‘?“
    „Wann bist du geschlüpft?“
    „Vor drei Wochen, glaube ich. Jedenfalls haben mir das meine Eltern erzählt.“ Wieder einmal konnte Soren nur raten, wie lang eine Woche
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