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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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historischen Ereignis beiwohnen konnten. Ein Großteil der Bewohner der Stadt war versammelt, und die Bürger beugten sich aus jedem geeigneten Fenster und von jedem günstig gelegenen Balkon. Randur stand mit Denlin und den beiden Garudas auf einem Dach, obwohl der Wind so garstig war, als wollte er ihre Knochen in Eis verwandeln. Bei diesem Licht wirkten die Garudas noch heruntergekommener als zuvor. Dem einen fehlten da und dort Federn, und sein Schnabel war schartig, als wäre er vor langer Zeit gefoltert worden.
    Das Haus gehörte einer Hofdame, die Randur einst umgarnt hatte und die seinem Zauber noch immer erlag. Von dort konnten die vier alles beobachten und überblickten die drei Stadtmauern – auf der äußeren würden die beiden Frauen hingerichtet werden, und dorthin musste Randur gelangen. Sie war ziemlich schmal, was ihnen zugutekäme, da jeweils nur wenige Soldaten würden angreifen können.
    »Den, warum sind dort nur so wenig Wächter?«
    Denlin musterte die Szenerie. »Du hast recht, Junge. Keine Ahnung. Vielleicht geht anderswo etwas vor. Und zwar nichts Gutes, möchte ich wetten.«
    »Meint Ihr, die Explosion, die wir vorhin hörten, hat etwas damit zu tun?«
    »Wer weiß! Angeblich ist ein Haus eingestürzt – darum halte ich das für unwahrscheinlich.«
    Randur überlegte, wo seine Angst herrührte. »Habt Ihr in letzter Zeit eigentlich eine Banshee klagen hören? Ich habe seit bestimmt einem Tag nichts dergleichen vernommen.«
    »Vielleicht ist niemand gestorben. Das bezweifle ich allerdings.«
    Ein Garudasoldat kreiste über der Stadt und schien sie zu mustern, doch angesichts der vielen Menschen waren sie wohl nicht die Einzigen, die es zu beobachten galt. Nicht in Villjamur.
    Trommeln erklangen – langsam, tief und leise.
    Es ging also los. Randur und Denlin nahmen alle Kräfte zusammen, und Denlin gab den beiden Garudas ein Zeichen. Dann zog er sein Horn aus der Tasche.
    Sie warteten beklommen.
    Eir und Rika wurden durch eine Tür auf die Mauer geführt. Vor und hinter ihnen gingen insgesamt zehn Wächter, von denen die beiden ersten mit Bogen ausgerüstet waren. Die beiden Frauen waren an den Handgelenken mit Seilen gefesselt und trugen das braune Gewand, das allen Gefangenen gegeben wurde. Als sie sich langsam auf den weiten Weg zu ihrem Schicksal machten, jubelten oder buhten die Leute von unten herauf. Randur hatte von dem billigen Vorwand für den Prozess und dem beschleunigten Verfahren gehört und konnte nur mutmaßen, was hinter den Kulissen geschehen war. Nun aber verbannte er all diese Ablenkungen aus dem Bewusstsein, um sich auf Vitassi zu konzentrieren und sein Denken so auszurichten, dass die Gefühle ihm nicht in die Quere kamen.
    Tiefe Atemzüge.
    Plötzlich stieß Denlin in sein Horn.
    Unten zwischen den Stadtmauern begann ein Kampf: Leute drückten und schoben sich einem Trupp Soldaten entgegen, der bei den Toren postiert war. Randur glaubte gesehen zu haben, wie einem der Kopf abgeschlagen wurde. Daraufhin erhob sich weiterer Jubel. Ein Soldat auf der Mauer hieß Eir und Rika ihren trostlosen Gang unterbrechen. Die Menge unten schien wie eine Flüssigkeit hin und her zu schwappen. Eines der inneren Tore begann sich zu schließen, blieb dann aber halb geöffnet stehen. Die Wächter auf der Mauer sahen einander ratlos an. Die beiden Bogenschützen zielten auf die flutende Menge und warteten auf Befehle.
    Denlin zog seinen Bogen aus dem Umhang, schlug sein Gewand auf und brachte einen gefüllten Köcher zum Vorschein. Als er den ersten Bogenschützen traf, hatte Denlin schon den zweiten Pfeil eingelegt. Den anderen Mann jedoch verfehlte er um eine Handbreit und traf auch beim nächsten Schuss knapp daneben.
    »Verdammter Wind«, knurrte er und gab den Garudas ein Zeichen.
    Als die Vögel die Seile packten, die ihre Passagiere sich an den Gürtel geknotet hatten, legte Randur kampfbereit die Hand ans Schwert.
    Die Menge unten begann zu toben, als Denlin und Randur himmelwärts gehoben wurden und über Tausende Leute segelten, die sich zwischen den Mauern drängten.
    Ein Garudasoldat feuerte von der Seite her einen Pfeil auf sie ab.
    Denlin sah rechtzeitig auf, zielte und schoss. Sein Pfeil traf den Vogelmann ins Gesicht, und er trudelte in die Menge hinab, die ihm fließend auswich und sich nun wie eine Einheit zu bewegen schien.
    Sie überflogen die Mauern und wichen dabei den Pfeilen des verbliebenen Bogenschützen aus. Auch von anderswoher wurde vielfach auf sie
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