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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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verstehen und Geduld damit zu haben. Auch Rika stand schweigend in der Nähe.
    »Du hast um dein Leben gekämpft«, flüsterte Randur Eir zu, zog sie näher an sich und half ihr auf die Beine. »Du hattest keine Wahl. Wenn wir erst hier raus sind, wird es dir gut gehen, das versprech ich dir. Es wird dir gut gehen.« Es war nicht der richtige Zeitpunkt, ihr zu sagen, dass sie womöglich nie darüber hinwegkommen würde. Auf jeden Fall aber musste sie ihre Eindrücke nun verdrängen, damit sie nicht alle vier gestellt und niedergemetzelt wurden. Eir weinte noch ein paar Minuten an Randurs Schulter, während Denlin den Weg, den sie gekommen waren, etwas zurückging, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurden. Als Eir sich beruhigte und Randur spürte, wie ihre Verspannung nachließ, entschuldigte sie sich: »Ich verhalte mich ganz lächerlich – jetzt ist wirklich nicht die Zeit dafür.«
    »Das ist nur menschlich.« Randur versicherte ihr immer aufs Neue, sie werde ihr Gleichgewicht wiederfinden, sobald sie die Stadt verlassen habe; jetzt aber müsse sie sich diese Erlebnisse aus dem Kopf schlagen. Zugleich betete er die ganze Zeit über, dass sie diese Lüge möglichst bald zu glauben begann.
    Immer weiter ging es über verwitterte Treppen mit tückisch ausgetretenen Stufen und durch alte, uralte Gänge.
    Denlin führte sie aus dem Gedächtnis. Randur traute dessen Zuverlässigkeit nicht recht, doch der alte Mann hatte ihn schon mehrmals überrascht. Sie trotteten beinahe eine Stunde lang im nahezu Stockfinsteren, und zwar wortlos, damit sie mitbekamen, ob sich jemand näherte.
    Endlich hörten sie Wasser.
    »Sind wir bald da?«, fragte Randur.
    »Ja«, erwiderte Denlin befriedigt.
    Schließlich tauchte da und dort Licht auf. Der Fels wich zurück, und die vertrauten Gerüche der Höhlen machten sich breit.
    »Da sind wir«, erklärte Denlin triumphierend.
    »Suchen sie denn nicht nach uns?«, fragte Eir.
    »Wahrscheinlich schon«, antwortete Randur, »aber wohl nicht hier unten. Wegen der vielen Gelegenheiten, heute dort oben zu plündern, dürften die Höhlen übrigens nahezu ausgestorben sein.«
    »Nachdem wir nun so weit gekommen sind«, schaltete Rika sich ein, »wüsste ich gern, wie es weitergeht.«
    Denlin winkte ihr zu. »Folgt mir!«
    Weiter ging es durch versteckte Seitengassen und über Hinterhöfe, die selbst in den Höhlen kaum jemand kannte. Die Angst vor Verfolgern ließ Randur Schatten als lebende Wesen wahrnehmen. Katzen reckten neugierig den Kopf und sprangen im Dunkeln von Mauer zu Mauer. Er sah Denlin ständig mal hierhin, mal dorthin blicken und fragte sich, ob der alte Mann glaubte, die vertrauten Straßen nie wiederzusehen.
    Der ›Garudakopf‹ war ungewöhnlicherweise geschlossen. Vor der Tür lag ein Mann, der schlief oder bewusstlos war.
    »Wartet hier«, sagte Randur zu den Frauen. Eir zog für alle Fälle ihr Schwert.
    Die Männer betraten die Taverne durch die Hintertür und kehrten kurz darauf mit Randurs Taschen und einem Köcher voller Pfeile zurück.
    Randur zog einige Frauensachen hervor. »Die sind etwas flotter und vielleicht auch wärmer als das, was ihr zwei da anhabt.«
    »Danke«, sagte Rika gnädig, und die Schwestern zogen die Gewänder über. Randur und Denlin behielten derweil die Straßen im Auge. Es war seltsam, die Höhlen so verlassen zu erleben.
    »Fertig«, entschied Rika schließlich. »Ich möchte euch beiden sagen, dass wir euch aufrichtig dankbar sind.«
    »Kein Thema«, erwiderte Randur und dachte, dass er all dies nur für Eir tat.
    »Gern geschehen«, meinte Denlin. »Aber die Sache ist noch nicht ausgestanden. Erst müssen wir aus den Höhlen segeln und uns an den Soldaten vorbeistehlen, die an der Küste postiert sind. Zwar dürfte das Militär auch dort wegen der Tumulte stark beansprucht sein, aber einige Wächter versehen bestimmt noch ihren Dienst.«
    »Segeln?«, fragte Eir.
    »Ja«, gab Randur zurück. »Von unserem letzten Geld habe ich eine Art Boot gekauft. Es ist kein Langschiff, wie du es gewohnt bist, aber es wird uns die Flucht aus Villjamur ermöglichen.«
    »Also los«, erklärte Denlin.
    Randur warf sich die andere Tasche über die Schulter.
    »Was hast du da sonst noch drin?«, fragte Eir.
    »Nur meine Kleidung, warum?«
    Sie seufzte.
    Der Stadthafen am Ende der Höhlen war voller Fischerboote aller Art, die dicht an dicht an den Kais lagen. Sich über See davonzustehlen, blieb ihnen als einziger Fluchtweg. Erst hatte Randur
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