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Die Lanze Gottes (German Edition)

Die Lanze Gottes (German Edition)

Titel: Die Lanze Gottes (German Edition)
Autoren: Dieter Beckmann
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warnen müssen, die Suche nach der Heiligen Lanze aufzugeben. Ansonsten wären sie beide des Todes. Die hier versammelten mächtigen Männer des Reiches würden nicht zulassen, dass dem Kaiser etwas zugetragen würde. Hermann geriet zunehmend zwischen die Fronten.
    Er biss sich auf die Unterlippe und beobachtete aus den Augenwinkeln Rudolf von Rheinfelden, der ihm schräg gegenüber saß. Rheinfelden war von großer Statur und trug sein dichtes braunes Haar schulterlang. Der Mann war gefährlich. Hermann wusste das. Es gab kaum jemanden in der Nähe des Königs, der so viele Feinde im Kampf erschlagen hatte wie Rudolf.
    Hermann musterte kurz den Mann, der neben Rheinfelden saß. Es handelte sich um einen Ritter niederen Adels namens Wilfried von Breyde. Rudolf hatte ihn vor einiger Zeit in die Bruderschaft eingeführt. Wilfried war um einiges jünger als Hermann, konnte diesem jedoch an Attraktivität nicht das Wasser reichen. Allerdings konnte man den mittelgroßen und ebenfalls schlanken Mann keineswegs als hässlich bezeichnen. Abstoßend wirkte lediglich sein Blick: Zwei dunkle Habichtsaugen, die etwas zu eng beieinander lagen.
    Hermann wusste, dass Wilfried von Breyde jung und ehrgeizig war. Innerhalb kürzester Zeit hatte er es zu einem der engsten Berater des mächtigen Rheinfeldeners gebracht. Und er schien noch viel erreichen zu wollen, daher hatte er sich überraschend freiwillig für einen Auftrag der Bruderschaft gemeldet. Eigentlich hatte der Kerl in der Bruderschaft nichts verloren, doch Hermann kannte die Zusammenhänge. Im letzten Jahr war dem Kaiser endlich der langersehnte Thronerbe geschenkt worden. Heinrich quälte die Gicht und er war nicht mehr der Jüngste. Wenn er sterben würde, bevor sein Sohn die Nachfolge antreten konnte, war die Dynastie in Gefahr, denn es gab einige Fürsten im Reich, die nur darauf warteten, nach der Krone zu greifen. Im Machtspiel um eine zukünftige Königswürde wusste Wilfried von Breyde genau, wem er seine Dienste anbieten musste, damit ihm ein Aufstieg im Reich sicher sein konnte: Rudolf von Rheinfelden. Dem kam der ehrgeizige und brutale Emporkömmling am Hofe des Kaisers gerade recht. Ohne zu zögern hätte Wilfried für Rheinfelden selbst den eigenen Bruder getötet.
    »Der Kreis der Mauritiusbruderschaft hat sich geschlossen«, eröffnete Herzog Bernhard die Zusammenkunft. Der mächtige Sachse erhob sich und der Fackelschein, der die Halle zusätzlich erleuchtete, warf immer wieder Schatten auf seine stattliche Erscheinung. »Nun, was gibt es für Neuigkeiten von diesem kleinen Adeligen, diesem Siegmar von Esken?«, wandte er sich an Wilfried von Breyde.
    Der lächelte selbstsicher in die Runde. »Sein Weib ist vor einiger Zeit im Kindbett verstorben. Ich nehme an, er trauert immer noch um den Verlust.«
    Bernhard hob missbilligend eine Augenbraue. Das war offensichtlich nicht das, was er hatte hören wollen.
    Von Breyde erhob sich und wandte sich dem Herzog zu. »Euer Gnaden, ich glaube nicht, dass Siegmar von Esken etwas weiß. Angeblich trifft er sich ab und zu mit einem Mönch im Kloster Werden, aber es ist unwahrscheinlich, dass er etwas über das Geheimnis in Erfahrung bringen konnte.«
    »Seid euch dessen nicht so gewiss, Graf von Breyde«, herrschte Bernhard ihn an. »Ich weiß, dass Graf von Esken den Auftrag direkt vom Kaiser erhalten hat. Der Herrscher ist misstrauisch. Um die angeblichen Missstände in der Kirche zu bekämpfen, sammelt Papst Leo allerlei Reformer um sich und Heinrich unterstützt ihn. Wenn Siegmar von Esken etwas herausfindet, sind wir alle verloren. Der Kaiser wird die Lanze zur Prüfung dem Papst übergeben. Das darf unter keinen Umständen passieren! Die Bruderschaft des Heiligen Mauritius bewahrt das Geheimnis seit mehr als zweihundert Jahren. Gott ist mein Zeuge, dass dies alles nur zum Wohle des Reiches geschieht! Die Reformer werden zu mächtig und der Kaiser geht ihnen in die Falle. Wie soll das Reich fortbestehen, wenn große Ämter der Kirche nicht mehr von den mächtigen Adelsgeschlechtern besetzt werden, sondern nur noch vom Klerus? Sollte die Wahrheit über die größte Reliquie der Christenheit an den Tag kommen, werden die Reformer weiter gestärkt und das Reich geschwächt!«
    Wilfried senkte den Kopf und wich dem missbilligenden Blick des Sachsen aus.
    Rudolf von Rheinfelden wandte sich seinem Vasallen zu. »Wie heißt dieser Mönch?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht, Euer Gnaden.«
    Ohne die Stimme zu heben,
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