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Die Lanze Gottes (German Edition)

Die Lanze Gottes (German Edition)

Titel: Die Lanze Gottes (German Edition)
Autoren: Dieter Beckmann
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Aussichtslosigkeit, ihn zu Fuß einzuholen, klar. Janus setzte sich auf einen Stein, traute sich nicht zurückzugehen und wusste nach einer Weile nicht mehr, wie lange er schon wartete.
    Schließlich sah er seinen Vater zurückkehren. Aber er saß nicht allein auf dem Pferd. Vor sich im Sattel hielt er eine Frau. Beim Näherkommen konnte Janus sie erkennen. Es war Asbirg. Die Bauernkinder des Oberdorfes verspotteten die ältere Frau häufig, wenn sie durch das Dorf ging. Es hieß, sie sei eine heidnische Hagazussa. Im Chlusingen hatte sie sich eine Hütte gebaut. Niemand wusste, warum sie dort allein lebte. Die Menschen mieden sie meistens, denn sie war ihnen unheimlich.
    Janus erinnerte sich daran, dass sein Vater ihn einmal mit nach Chlusingen genommen hatte. An der Hütte von Asbirg angekommen, hatte Siegmar Janus vom Pferd auf einen Stein gesetzt und gesagt: »Warte hier!« Seiner Neugier war es geschuldet, dass er nicht gehorchte und sah, wie sein Vater mit einem großen Sack zur Hütte der Hagazussa ging. Von Weitem hatte er gesehen, wie Asbirg seinem Vater die Tür öffnete, ihm die Hand küsste und niederkniete. Etwas verband seinen Vater mit diesem unheimlichen Weib, aber was?
    »Vater, warum bist du zu der Hagazussa in die Hütte gegangen, ich hatte Furcht, sie würde dich verzaubern«, hatte er ihn damals gefragt.
    Siegmar hatte gelacht und geantwortet: »Manchmal sind die Menschen am wichtigsten, die am meisten gemieden werden. Asbirg ist nicht böse, sondern eine der klügsten Frauen in unserem Lehen. Nur der ungebildete Bauer bezeichnet sie als Hagazussa. Janus, ich will nicht, dass du über Menschen ein Urteil fällst, ohne sie zu kennen.«
    Genau diese Asbirg hielt er nun vor sich auf seinem Pferd und galoppierte an ihm vorbei.
    Janus rannte hinter den beiden her. Völlig außer Atem erreichte er den Hof und konnte gerade noch sehen, wie sein Vater und Asbirg im Wohnhaus verschwanden.
    Johannes trat auf ihn zu, packte Janus mit seinen kräftigen Armen und versuchte ihn festzuhalten.
    »Janus, ich glaube es ist besser du bleibst bei mir!«
    Eigentlich mochte Janus den braunhaarigen, großen Mann mit den warmen Augen. Er war immer für ihn da und besaß ein offenes Ohr, doch jetzt hätte er am liebsten auf ihn eingeschlagen. »Nein, lass mich los!« Janus strampelte und schlug um sich, bis der Griff sich lockerte. Er dachte nur daran, seinen Eltern zu helfen, und stürzte die Holztreppe nach oben zum Schlafgemach seiner Mutter. Dort angekommen, spähte er durch die Tür. Der Dorfpriester kniete immer noch vor dem Schlaflager seiner Mutter, küsste sein Kreuz und murmelte Gebete.
    Janus biss sich nervös auf die Unterlippe, wollte den Schmerz spüren und sichergehen, dass er das alles nicht nur träumte. Warum unternahm sein Vater nichts gegen den Priester? Warum schickte er ihn nicht weg? Der Medicus saß auf der anderen Seite des Schlaflagers und versuchte, etwas Spitzes in den Arm seiner Mutter zu stecken. Ganz sicher würden die beiden Männer sie töten, dachte Janus, und war versucht einzutreten, um ihr zu helfen. Dann beobachtete er, wie sein Vater Asbirg an den zwei Mägden vorbeiführte. Sie nickte den beiden Frauen zu und schaute mit einem verächtlichen Blick zuerst auf den Dorfpriester und dann auf den Medicus. »Lasst mich zu ihr!«, sagte sie bestimmt.
    Der Medicus schaute verwundert zu Asbirg auf, die sich Janus´ Mutter näherte. Diese lag noch immer da und schrie vor Schmerzen. Ihre wunderschönen schwarzen Haare klebten nass an ihrem Kopf. Ihr Gewand war schweißdurchtränkt.
    »Was wollt Ihr hier mit diesem verfluchten Weib?«, fragte der Medicus und stach eine Nadel in den Arm seiner Mutter. Sie schien das gar nicht wahrzunehmen. Etwas Blut spritzte auf das Gewand des Arztes und er murmelte: »Auch das noch!«
    Es hielt Janus kaum noch hinter der Tür und er wollte seiner Mutter zu Hilfe eilen, doch dann sah er, wie sein Vater mit zwei Schritten zu dem Medicus sprang. Er riss den Mann hoch und schleuderte ihn fast durch die halbe Kemenate. Der Medicus stolperte und kugelte über den Boden. Janus erschrak. So hatte er seinen Vater niemals zuvor erlebt. Der Medicus versuchte sich wieder aufzurichten. »Wenn Ihr mich Eurem Weib nicht helfen lasst, wird sie sterben!«
    »Schweigt!«, brüllte sein Vater. »Ihr seid ein Versager! Macht, dass Ihr rauskommt!« Die beiden Mägde senkten den Blick und die Ältere erklärte: »Herr, wir haben die Männer gebeten zu gehen, sie wollten aber nicht
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