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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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Veras abgelegte Pullover. Seine Haare wachsen zu Rastalocken heran. Man erkennt ihn schon von weitem an seinem schwebenden Schritt, als wolle er jeden Augenblick auf der Spitze tanzen. Es ist Sonntag. Auf der Piazza ist Flohmarkt. Gary tanzt zu einer lautlosen Musik an den Ständen vorbei. Die Besucher schauen ihm mit amüsierten Blicken nach.
     
    „...wie ein Schmetterling schwebe ich dahin. Das Leben ist ein Tanz durch die Schattenwelten in das Licht. Ich habe meine Schatten hinter mir gelassen, sie abgestreift wie einen Kokon. Wo sind all die anderen Schatten? Lissy, Marlies, Harald, Vera... wie Lianen ineinander verflochten fressen sie sich wie Raupen durch ihren Dschungel.....Bin ich etwa der Maitreya? Der Führer der verirrten Menschheit? Bald werden wir es sehen, wenn jemand die Fackel der Erleuchtung an mich weiter reicht.....ich bin bereit......“
     
     
    Vera: Hat am späten Vormittag die obligate Nummer mit Sascha geschoben, bevor er sie gleich im Geländewagen zum Shoppen fährt. Jetzt steht sie im Badezimmer vor dem Spiegel und macht sich ein wenig frisch.
     
    „…ich gebe zu, dieses Leben beginnt mich allmählich zu langweilen. Sascha ist ja auf die Dauer auch nichts weiter als so ein Pubertäts-Gorilla im Blazer. Der blöde Geländewagen, der Champagner, Shopping, noch mal Gran Knack. Es ist immer das Gleiche… Hartmut ist okay, aber das ganze Drumherum geht mir langsam auf den Zeiger. Ulla aus der Buchhandlung sagte mir neulich, ich sehe aus wie eine Edelnutte. Irgendwie hat sie wohl Recht. Ob ich nicht mal wieder Handzettel von der Kommunistischen Partei verteilen könnte, hat sie mich gefragt. Ich weiß nicht! Wäre irgendwie unaufrichtig. So als würde man mit ´nem Zentner Übergewicht für die Welthungerhilfe mit ´ner Sammelbüchse ´rumlaufen… oder wieder zur Uni und Politikwissenschaften studieren? Irgendwie habe ich kein Ziel mehr! Vorher hatte ich eins und war verbittert - jetzt bin ich gelangweilt! Ich weiß nicht, was schlimmer ist! …wenn ich nur an Hanif denke, könnte ich einen Lachkrampf kriegen – dass ich mich mit solch einem alten Knacker eingelassen habe!  Aber witzig war er schon! Und so schlecht war es auch wieder nicht, Mädchen! So einer zwischendurch, damit man es nicht verlernt! …und immerhin hat er mich aus der Klappse gebumst, direkt in die Arme von meinem Hartmut. Das Verdienst muss man ihm lassen! …oder ob ich mir ein Kind von Hartmut machen lass? Einen kleinen Makler? So wie Marlies. Die führt sich ja auf, als ob sie mit dem neuen Heiland schwanger geht! …das mit Käthchens Tod nagt irgendwie immer noch an mir. Das war ne Schweinerei von mir, aber das habe ich ja nicht gewollt! Doch warum musste die fette Sau auch so viel fressen? Damit muss ich leben, und sie … damit tot sein.....
     
     
    Harald: Begutachtet in dem Spezialgeschäft „Mutter und Kind“ in der Innenstadt die verschiedenen Kinderwagen für Zwillinge. Er richtet seine Aufmerksamkeit jetzt auf die Bereifung, nachdem er vorher mit einem Zollstock überprüft hat, ob er das Gefährt im Kofferraum ihres Wagens unterbringen kann oder ob er einen Dachgepäckträger anschaffen muss.
     
    „…nur noch sechs Monate, dann werde ich Vater. Oder wann war der Stichtag noch? Gleich zweimal! Ja, wenn wir was machen, dann machen wir es vernünftig! Und das in meinem fortgeschrittenen Alter. Fast wie Charlie Chaplin! Ich war noch nie so glücklich! War ich überhaupt schon mal glücklich? Was habe ich all die Jahre nur gemacht? Nächstes Jahr werde ich 56 Jahre alt, doch ich habe das Gefühl, als würde mein Leben jetzt erst beginnen. Ist nicht zu fassen! …Egon habe ich neulich getroffen. Mein Gott, hatte der eine Fahne! Der sah richtig fertig aus, der arme Kerl.....“
     
     
    Jutta: Schlendert über den Öko-Markt, der immer mittwochs auf der Piazza stattfindet. Sie hat bei einem Gemüsestand nach einer Zucchini gegriffen, hält sie in der Hand und überprüft ihre Festigkeit.
     
    „…Giaccomo... Giaccomo sagt, dass es ihm in der WG langsam zu öde wird. Er will mit mir alleine sein, mein wilder Casanova. Kein Wunder, dass die Italiener alle so klein sind: da bleibt dem Körper keine Kraft mehr, um in die Höhe zu schießen! Wir sollten heiraten und dann in seine Eigentumswohnung ziehen, sagt er. Recht hat er! Doch irgendwie werden sie mir alle fehlen. War eine schöne Zeit, aber das Leben geht weiter. Vor allen Dingen meins mit Giaccomo....“
     
     
    Melinda: Steht vor einem
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