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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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erleuchtet?“, wollte Mark wissen.
     
    „Auf die Erleuchtung komme ich gleich. Und ich verspreche dir, Mark, du wirst deinen Spaß daran haben! Nach dem Frühstück wurde im Garten gearbeitet und das Haus gesäubert. Nach dem Mittagsessen war Ruhepause und die meisten nutzten die Zeit, sich hinzulegen und zu schlafen. Wir auch. Man hatte es nötig. Bei der nachmittäglichen Sitzung gab es dann Gelegenheit, Fragen an den Meister zu stellen. Ich kann mich an keine Frage von Bedeutung erinnern…Sie waren alle so nach der Art: Soll man den Atem beobachten oder nicht, das Ausatmen verlängern usw.. Aber die Antworten des Meisters waren in Ordnung. Dann meldete sich eine von den „Indianerinnen“ hinter uns zu Wort. Sinngemäß fragte sie, ob er, der Meister, erleuchtet sei und ihnen beiden auf dem Wege zur Erleuchtung helfen könnte.
     
    Alles war gespannt, als er nach einer Weile antwortete: Ich erkläre hiermit ausdrücklich, dass ich für solche Fragen nicht zuständig bin! … und gab damit offen kund, dass er den beiden Damen nicht mit der Art von Erleuchtung, wie sie sie sich wünschten, dienen konnte. Ich fand das schon aufrichtig und genial, das so schlicht zu erklären und damit jeden weiteren Fragen zu seiner Person den Wind aus den Segeln zu nehmen!“
     
    „Und, Hubertus, was war dein Eindruck, war er erleuchtet?“
     
    „Es ist die Frage, ob das wirklich so interessant ist und wen das noch kümmert? Wie hätten wir das auch eindeutig beurteilen können?! Durch Jojo sind wir sowieso in Sachen Erleuchtung - alleine schon was ihre Definition angeht - nicht mehr sicher! Was heißt das schon? Erleuchtung? Jedenfalls, und das fiel mir nicht leicht, zuzugeben, war er eindeutig weiter als wir. Und wir hatten ja schon eine Menge fernöstlicher Meister und Gurus abgeklappert und hätten wenigstens mit unserem Knowhow – geistig gesehen - einen kleinen Vorsprung haben müssen, dachten wir.
     
    Jedenfalls, am nächsten Morgen waren die beiden Indianerinnen abgereist. Wir blieben. Wir hielten durch. Bis zum Ende: dem wunderbaren Abschiedsessen am vierten Tag. An richtigen Tischen mit richtigen Stühlen mit Bier und Wein! Wie eine Belohnung für die Strapazen der vergangenen Tage, denn eine Strapaze war es für uns beide allemal!“
     
    „Wart ihr noch öfters dort?“
     
    „Nein, wir stellten unser Buch fertig und hielten ein paar Lesungen. Dann ging es wieder auf Reisen. Diesmal nahmen wir uns die Schamanen in der Taiga vor. Auch sehr interessant! Aber, und darum erzähle ich das Ganze ja eigentlich: Mir sind hier in der Höhle große Bedenken gekommen. Um die Erleuchtung und auch um mich! Ist der Wunsch nach Erleuchtung nicht schon eine Form von Verblendung? Und wenn Jojo wirklich recht hat mit seinem einfachen Leben? Wollen wir tatsächlich nur ein einfaches Leben führen? Ohne Whisky, Steaks und Rotwein? Ohne schicke Blusen, hübsche Schuhe und tolle Hüte? Oder ist der Wunsch nach Einfachheit nur für eine Weile vorgetäuscht? Was meinst du, Mathilda?“
     
    „Da ist was dran, Hubertus! Auf Dauer würde ich in dieser Höhle verblöden, befürchte ich!“
     
    „Und darum habe ich mir gedacht, wir sollten aufrichtig sein! Auch in unserer Bemühung um Erleuchtung. Ich schlage vor, wir verlassen in den nächsten Tagen die Höhle und gehen zurück ins Schanzenviertel. Es ist zwar noch kein Jahr vorüber, aber man kann Irrtümer auch korrigieren. Das ist wenigstens ein kleines Zeichen von Vernunft, denke ich. Wir stellen unser Manuskript in aller Ruhe fertig, Mathilda, und wenn es uns dann ´mal wieder nach Erleuchtung verlangt, fahren wir einfach nach Schönbuchen und lassen unsere Knochen knacken!“
     
    „Und was wird aus mir?“, warf Mark ein.
     
    „Jeder muss für sich entscheiden, ob und wann seine Suche zu Ende ist. Das kann dir keiner abnehmen, Mark! Vielleicht nimmst du ja die Abkürzung über Japan!“

Die Wahrnehmung des Yogi ist wie der Flugpfad,
    den ein Vogel am Himmel beschreibt.
    Sein Pfad verschwindet, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.
    So verschwindet die vorangegangene Wahrnehmung, ohne jede Auswirkung – versucht nicht, Wahrnehmungen zu verlängern, indem ihr euch auf sie fixiert.
    Die Flugroute des Vogels ist bis jetzt noch nicht existent;
    versucht nicht, die nächste Wahrnehmung vorwegzunehmen.
                                                                                       
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