Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kritische Dosis

Die kritische Dosis

Titel: Die kritische Dosis
Autoren: A. A. Fair
Vom Netzwerk:
sich die Tür, und Bertha Cool walzte herein. Irgendwie muß ich bei Berthas Anblick immer an eine dieser unverwüstlichen, altmodischen Dampflokomotiven denken: kurze Beine, breiter Körper, eiskalt glitzernde Augen. Bei ihrem Auftritt jetzt war Eingeweihten sofort klar, daß sie sich nicht in rosigster Stimmung befand. Sie kehrt — unter Berufung auf ihre lächerlichen sechs Lebensjahrzehnte — immer gern den Senior-Teilhaber hervor. Natürlich hätte sie es lieber gesehen, wenn wir Mr. Dawson mit schmetterndem Tusch zu ihr ins Büro geleitet hätten.
    Ich kramte meine besten Manieren hervor. »Mrs. Cool, darf ich Ihnen Mr. Dawson vorstellen, den Vizepräsidenten der Dawson Diskont- und Effekten-Verwertungs-AG.«
    Dawson sprang auf.
    Berthas glitzernde Augen musterten ihn. »Guten Tag, Mr. Dawson. «
    Dawson verbeugte sich. »Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen. Es ist mir eine große Ehre.«
    Bertha wandte sich an mich: »Geschäftlich oder privat?«
    »Geschäftlich. Mr. Dawson möchte mit uns einen Fall besprechen. Er glaubt, daß es dabei Schwierigkeiten geben könnte, denen ich nicht gewachsen bin.«
    »Was für Schwierigkeiten?« fragte Bertha.
    »Gewalt.«
    »Augenblick mal«, unterbrach Dawson. »So habe ich mich nicht ausgedrückt!«
    »Aber so haben Sie es gemeint.«
    Er begann eifrig auf Bertha einzureden. »Ich habe nur gesagt, daß Privatdetektive meines Wissens ein bißchen breiter, ein bißchen schwerer und ein bißchen älter sein sollten als Ihr Partner und daß sie sich manchmal auf Gewaltanwendung gefaßt machen müssen.«
    »Unsere Geschäfte gehen trotzdem nicht schlecht«, meinte Bertha trocken.
    »Das will ich Ihnen gern glauben.«
    »In den Fall ist auch eine Frau verwickelt«, teilte ich Bertha mit. »Mr. Dawson glaubt, daß dies die Lage erschwert.«
    »Da kann er recht haben«, bemerkte Bertha.
    Sie ließ sich in einen Sessel fallen. Bei jeder Bewegung blitzten ihre Brillantringe auf, was ja auch der Zweck der Sache war.
    »Nun schießen Sie schon los«, sagte sie.
    »Es ist eine Familienangelegenheit.«
    Ich reichte Bertha die geprägte Visitenkarte.
    Bertha fuhr prüfend mit dem Daumennagel über die Prägung. Dann fragte sie Dawson brüsk: »Sie sind der Vizepräsident?«
    »Sehr richtig.«
    »Sie heißen Dawson?«
    »Ja, Clayton Dawson.«
    »Aber die Firma heißt Dawson Diskont- und Effekten-Verwertungs-AG. Wie kommt es, daß Sie den gleichen Namen haben?«
    »Mein Vater war der Firmengründer.«
    »Lebt er noch?«
    »Er hat sich zur Ruhe gesetzt und ist jetzt Vorsitzender des Aufsichtsrates.«
    »Wieso sind dann nicht Sie Präsident geworden?«
    »Ich sehe keine Notwendigkeit, hier interne Familienangelegenheiten zu erörtern, Mrs. Cool«, sagte Dawson steif. »Aber es verhält sich zufälligerweise so, daß mein älterer Bruder Präsident der Firma ist.«
    »Aha«, knurrte Bertha befriedigt. »Nun mal ran an den Speck. Spucken Sie’s schon aus.«
    »Wie bitte?«
    »Was wollen Sie von uns? Weshalb sind Sie hier?«
    Dawson sah unentschlossen von Bertha zu mir, dann wieder zu Bertha.
    »Ich habe eine Tochter«, sagte er.
    Bertha wartete.
    »Sie ist dreiundzwanzig. Außerdem undiszipliniert, undankbar und leider, wenn man streng altmodische Maßstäbe anlegt, unmoralisch.«
    »Heute legt man keine streng altmodischen Maßstäbe mehr an«, erklärte Bertha. »Woran hängt’s denn nun?«
    »Als sich herausstellte, daß sie durchaus mit dem Kopf durch die Wand wollte und drauf und dran war, den Ruf der Familie zu ruinieren, stellte ich jegliche finanziellen Unterstützungen ein. Ich machte ihr unmißverständlich klar, daß ich nicht gedachte, weiterhin für sie aufzukommen, wenn sie nicht Vernunft annehmen und meine Autorität anerkennen würde.«
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Sie ist mit Sack und Pack ausgezogen.«
    »Und das spielte sich in Denver, Colorado, ab?«
    Er sah zu mir hinüber, starrte einen Augenblick auf seine Schuhspitzen, sah dann auf.
    »Ja.«
    »Weiter.«
    »Meine Tochter zog nach Los Angeles und hat sich dort mit einem Mann eingelassen. Ich billige weder die Sache an sich noch den Mann persönlich.«
    »Sie kennen ihn also?«
    »Ja.«
    »Wie heißt er?«
    »Sidney Eldon. «
    »Und wie heißt Ihre Tochter?«
    »Phyllis.« Er buchstabierte es.
    »Sie haben also offenbar die Verbindung mit Ihrer Tochter nicht ganz abreißen lassen.«
    »Sie schreibt mir gelegentlich.«
    »Wie lange ist sie schon von zu Hause fort?«
    »Etwa zwei Monate.«
    »Weshalb
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher