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Die Kreuzweg-Legende

Die Kreuzweg-Legende

Titel: Die Kreuzweg-Legende
Autoren: Jason Dark
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ich ihn dir aussuchen, denn du sollst genau dort dein Leben aushauchen, wo man vor über dreihundert Jahren auch mich aufgehängt hat. Ich führe dich hin!«
    Das tat er tatsächlich.
    Dabei hatte er die lange Leine des Stricks noch aufgerollt um seinen Arm gehängt und hielt das Ende mit einer Hand fest. Er zog. Martha spürte diesen Zug. Ob sie wollte oder nicht, sie mußte der unheimlichen Gestalt folgen.
    Der Reiter hatte seinen Spaß. Er sprach vom Teufel, von seinen Diensten und von einer reinen Seele, während er hinter sich das Schluchzen des Mädchens vernahm.
    Das rauhe Material scheuerte auf ihrem Hals. Wenn sie sich gegen den Zug stemmte, wurde ihr die Luft knapp, das hatte sie bereits ausprobiert. Sie mußte folgen…
    Ein weiches Gefühl breitete sich in ihren Beinen aus. Die Füße konnte sie kaum mehr anheben. Sie schleiften über den Boden, knickten das Gras, und sie spürte auch den Nachtwind, der gegen ihr Gesicht fuhr und die Tränen trocknete.
    Manchmal glaubte sie an einen Alptraum oder daran, daß plötzlich der Retter erscheinen würde, wie sie es in manchen Abenteuer-Büchern gelesen hatte.
    Ein Retter war weit und breit nicht in Sicht. Und sie erlebte auch keinen Traum. Es war die grausame Realität, denn alles um sie herum existierte wirklich.
    Auch die feuchten Blätter der Eiche, die wie sanfte Finger über ihre Gesichtshaut strichen.
    Einige Male schüttelte sie sich, spürte dann die Bewegung der Schlinge an ihrer Haut und ließ die Kopfbewegungen lieber bleiben. Als der Peiniger stehenblieb, wußte Martha, daß sie das Ziel erreicht hatten.
    Sie waren ein wenig zur Seite gegangen und standen unter einem Ast, der genau in der richtigen Höhe wuchs, leicht gekrümmt, aber besonders stark aussah, so daß er ihr Gewicht immer halten würde. Mit dem Degen deutete der Reiter auf den Ast. »Dort«, erklärte er, »hat man mich vor langer Zeit aufgehängt. Sie haben es brutal gemacht und mich regelrecht stranguliert. Einfach hochgezogen wie ein lebloses Stück Vieh. Und sie haben zugeschaut. Sogar der Degen steckte in meinem Körper. Es war furchtbar. Damals wurde die Kreuzweg-Legende geboren, heute führe ich sie fort. Wer den Teufel als Freund besitzt, für den ist die Zeit keine Größe mehr. Der hat Jahrhunderte zur Verfügung, um seine Rache vorbereiten zu können. Das habe ich getan, und mit dir mache ich den Anfang.«
    Martha schluckte einige Male. Sie wollte es eigentlich nicht wahrhaben. In den letzten Minuten hatte sie geschwiegen, nun fand sie den Mut, dem Unheimlichen eine Erwiderung zu geben.
    »Was habe ich dir denn getan?« stieß sie weinend und verzweifelt hervor. »Ich bin unschuldig, ich…«
    »Das weiß ich, aber ich habe ein Versprechen einzulösen. Deine Seele ist für den Teufel, dein Körper für meine Freundinnen, die ebenfalls noch leben. Als Untote, als Zombies, bewachen sie die Trümmer meiner Burg. In der Nacht kommen sie hervor, und in der Nacht wirst du sie kennenlernen und dich einreihen in ihren Kreis. Gemeinsam kehren wir danach zurück. In die Dörfer hinein, wo die Menschen leben. Du wirst eine Gier auf Menschen bekommen, das verspreche ich dir. Schwarze Magie hält dich am Leben, obwohl ich dich getötet habe. Es wird so etwas wie das Ewige Leben sein, hast du verstanden?«
    »Ja.«
    »Willst du noch etwas sagen? Ich gebe dir die Möglichkeit. Nur kein Gebet! Wenn sowas über deine Lippen kommt, töte ich dich auf der Stelle.«
    Martha hob in einer hilflosen Bewegung die Schultern. Obwohl der Reiter die Schlinge nicht hart zugezogen hatte, wurde sie das Gefühl nicht los, daß sich ihre Kehle immer mehr verengte.
    Sie standen einander gegenüber. Der Unheimliche wartete auf eine Antwort, die er nicht bekam.
    Sehr deutlich vernahm Martha die Geräusche der Umwelt. Der Wind fuhr in ihr Gesicht, sie hörte das Rauschen der Eichenblätter und sah auch den Mond wie einen bleichen Kreis am Himmel stehen. Der einzige Zeuge…
    »Falls du auf einen Retter wartest, er wird nicht kommen. Niemand ist stärker als ich. Auch der nicht, der so plötzlich vor dem Haus erschienen ist. Nein, dich holt keiner mehr. Es gäbe auch keinen, der mir widerstehen könnte. Menschen sind für mich einfach lächerlich. Ich werde sie alle umbringen…«
    Martha glaubte dem Reiter. Sie hatte ihm nichts mehr zu sagen. Es nutzte nichts, wenn sie um ihr Leben flehte, der andere würde sie sowieso nicht erhören.
    Mit einer geschickten Bewegung warf er das Ende des Seils über den
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