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Die Kreuzweg-Legende

Die Kreuzweg-Legende

Titel: Die Kreuzweg-Legende
Autoren: Jason Dark
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der Theorie so gut klappte, gelang mir in der Praxis nicht ganz so perfekt. Zum Glück dämpfte der weiche Boden den Aufschlag. Nach rechts kippte ich weg, brachte den Arm glücklicherweise zur Seite und rollte mich ein paarmal durch das Gras.
    Dabei dachte ich auch an den Wiederkehrer, dem ein Fall aus solcher Höhe nichts ausmachen würde. Ich schnellte hoch.
    Ein paar Knochen schmerzten mir, was machte das schon. Die Beretta hielt ich im Anschlag. Ich erwartete die Klinge, wollte sofort feuern und mit einer dritten Kugel alles klarmachen, als ich sah, was tatsächlich geschehen war.
    Im ersten Augenblick mußte ich lächeln. Meine Lippen zuckten, das durfte doch nicht wahr sein, es stimmte trotzdem.
    Der Reiter hatte den Erdboden nicht mehr erreicht. Er hing an einem besonders starken Ast, denn dort hatte sich der Stoff seines langen Mantels verfangen…
    ***
    Zum erstenmal erlebte ich den unheimlichen Reiter hilflos. So eine Chance ließ ich mir nicht entgehen. Fast gemächlich schritt ich auf ihn zu und beobachtete seine verzweifelten Bemühungen, sich aus dieser Lage zu befreien.
    Er schaffte es nicht so schnell, obwohl er pendelte und zuckte, aber der Stoff war noch zu fest. Irgendwann würde er sicher reißen, nur wollte ich dem Dämon diese Möglichkeit nicht geben.
    Ich baute mich so vor ihm auf, daß mich auch seine Degenklinge nicht erreichen konnte. Dann hob ich die Beretta!
    Ich sagte nichts, schaute ihn nur an und bekam seine verzweifelten Bemühungen mit.
    »Ich werde dir…«, gurgelte er und wollte die Degenklinge auf mich schleudern.
    Da schoß ich.
    Zweimal drückte ich ab, denn ich wollte auf Nummer Sicher gehen und täuschte mich nicht.
    Diesmal nahm er die geweihten Silberkugeln voll. Aus dem zappelnden Dämon wurde ein zuckender. Gellende Schreie rasten in den nächtlichen Himmel, während sich die Gestalt allmählich auflöste und als graues staubiges Gerippe hängenblieb.
    Mit dem Berettagriff schlug ich gegen einen Fuß. Er fiel ab, und ich zertrat ihn zu Staub. Dann ging ich weg.
    Das letzte Kapitel der Kreuzweg-Legende trug meine Handschrift. Darüber war ich froh…
    ***
    Ich hatte Martha unterwegs getroffen und sie auf den Gepäckträger ihres Rads gesetzt. So fuhren wir in ein Dorf ein, das nicht mehr so dunkel war, denn die Menschen hatte es nicht in den Häusern gehalten. Sie waren auf die Straßen gelaufen.
    Natürlich wurden wir gesehen, und die Rückkehr wurde schon jetzt gefeiert. Die Bewohner kümmerten sich um Martha, während ich in Richtung Kirche fuhr, wo Pater St. Immel wartete. Ihn hatte es auch nicht im Bett gehalten, trotz seiner Verletzung.
    »Und?« fragte er nur.
    »Ihr könnt den Reiter besichtigen«, erklärte ich ihm und den anderen.
    »Er hängt am Ast.«
    Der Pater übersetzte. Ein Jubelsturm aus zahlreichen Kehlen schallte gegen den Himmel.
    »Kann ich was für Sie tun?« fragte mich der Pater.
    »Ja, jetzt möchte ich noch einen Schnaps.«
    Den bekam ich auch. St. Immel trank ebenfalls einen. Dann sprachen wir über Suko und Kasimir Wojtek. Ich machte mir ihretwegen Sorgen. Sie hätten eigentlich schon zurück sein müssen.
    Erst viel später hörten wir einen Wagen. Suko kam allein. Seinem Gesicht sah ich an, daß Schreckliches passiert sein mußte. Er berichtete, und ich war ebenso fassungslos wie St. Immel. Aber wir konnten nichts ändern, wir glaubten Suko. Würden es auch die offiziellen Stellen?
    Am nächsten Tag, als zahlreiche Bewohner das Skelett besichtigten, bekam ich ein Gespräch nach Warschau. Ich erwischte auch jemand, der englisch sprach und erwähnte den Namen Wolstinski. Man befahl uns, in Szetisch zu bleiben. Das hätten wir sowieso getan. Am späten Nachmittag flog ein Hubschrauber ein. Ihm entstiegen Typen, die nach Partei rochen.
    Pater St. Immel setzte sich für uns ein. Wir mußten die Tatorte besichtigen und Erklärungen abgeben. Inzwischen hatte sich auch Wolstinski eingeschaltet.
    Sein Einfluß reichte so weit, daß er uns gewissermaßen raushaute. Wir konnten das Dorf verlassen.
    Und auch Martha wollte nicht mehr bleiben. Ihr wurde auf unser Bitten hin erlaubt, mit nach Warschau zu kommen.
    Zurück blieb Marcus St. Immel. Er hatte uns versprochen, den Pfarrer und auch Kasimir Wojtek christlich zu begraben. Ansonsten wollte er sein Einsiedlerleben aufgeben und die Stelle des Pfarrers einnehmen. Eine gute Lösung, wie ich fand.
    Es war Zufall, daß der Hubschrauber genau über den Eichenbaum flog. Ich schaute nach unten.
    Kein Skelett
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