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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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begehrt habe, dass ich die Finger nicht von ihm lassen konnte? Und jetzt vor Sehnsucht nach ihm fast verrückt werde? Darum geht es nicht. Es geht nicht um meine Gefühle und auch nicht um die Frage, ob Hayden ein guter Mensch war oder nicht. Ob er sich richtig oder falsch verhalten hat. Nein, es geht hier um ein Menschenleben, Sonia. Jemandem wurde das Leben genommen. Ein ganzes Leben!«
    Ich konnte nicht weitersprechen. Es war, als würde die Luft um mich herum vibrieren.
    »Erzählst du mir, was passiert ist?«, fragte ich nach einer Weile in ruhigerem Ton. »Was Hayden zu dir gesagt hat?«
    »Gar nichts ist passiert.«
    »Na schön. Dann sage ich es dir  – zumindest, soweit ich es weiß. Mittlerweile liegt das ja alles recht klar auf der Hand. Miriam hat Hayden von dir erzählt, und bestimmt hat er dir das gesagt. Ich bin sicher, dass er dich damit nicht erpressen wollte. Mit so etwas gab Hayden sich nicht ab. Aber er hat es bestimmt erwähnt, und sei es nur, um dich ein bisschen von deinem hohen Ross herunterzuholen. Hayden mochte keine Heuchler.«
    »Jetzt reicht es aber!« Endlich klang ihre Stimme eine Spur erschüttert.
    »Das alles war für dich schon schlimm genug, aber dir war klar, dass es noch schlimmer kommen würde. Du musstest damit rechnen, dass Hayden der Versuchung, darüber zu reden, nicht widerstehen konnte. Bestimmt hätte er es zunächst einmal mir erzählt, stimmt’s? Deine Beförderung zur stellvertretenden Direktorin hättest du dir dann abschminken können, und die Beziehung mit Amos ebenfalls. Du wärst nie
aus dieser scheußlichen kleinen Wohnung herausgekommen, und deine ganze moralische Überlegenheit hätte dir auch kein Mensch mehr abgekauft. Was hast du deswegen unternommen? Vielleicht bist du zu Hayden gegangen, um ihm zu sagen, dass die Geschichte nicht stimmte und er niemandem davon erzählen durfte.«
    »Du fantasierst doch!«
    »Falls es so war, hat er dich bestimmt ausgelacht. Die hochnäsige Sonia, verzweifelt bemüht, ihre Spuren zu verwischen. Das hätte er bestimmt lustig gefunden. Vielleicht hast du aber auch schon von Anfang an gewusst, dass du ihn töten würdest. Das halte ich für die wahrscheinlichste Variante. Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass du ihn vorsätzlich getötet hast. Er stellte für dich und deine tollen Pläne eine Bedrohung dar. Als du an dem Tag zur Probe gekommen bist, hast du es schon gewusst , oder? Du warst effektiv und nett wie immer. Du hast meine Wohnung für mich aufgeräumt und dann wunderschön ›Leaving on your Mind‹ gesungen. Schöner als je zuvor. Du hast alles tadellos hinbekommen  – und dabei schon die ganze Zeit gewusst, was du als Nächstes tun würdest. Du bist vor allen anderen aufgebrochen und so schnell wie möglich zu seiner Wohnung. Dort hast du die Vase genommen und ihm damit den Kopf eingeschlagen. Es war kein Totschlag, sondern Mord. Kaltblütiger Mord. Du bist eine Mörderin.«
    Sonias Gesicht war inzwischen totenbleich. Nur auf ihren Wangenknochen leuchteten ein paar rote Flecken.
    »An deiner Stelle würde ich jetzt aufhören.«
    »Oder was?«
    »Oder ich gehe zur Polizei und sage ihnen, dass ich deine Komplizin war. Dass ich dir geholfen habe, Haydens Leiche wegzuschaffen.«
    »Nur zu«, antwortete ich, »damit habe ich überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil, es würde sogar mein Gewissen
erleichtern  – du weißt schon, die seltsame kleine Stimme im Kopf, die einem keine Ruhe lässt, wenn man etwas Unrechtes getan hat. Erzähl du ihnen, was ich getan habe, und ich erzähle ihnen, was du getan hast.«
    »Sie würden dir nicht glauben. Das sind doch alles nur Vermutungen.«
    »Lass dich überraschen.«
    »Selbst wenn du recht hättest, gibt es dafür keine Beweise. Wir haben sie eigenhändig vernichtet. Neal, du und ich.«
    Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Einen Moment fühlte ich mich sehr niedergeschlagen und innerlich wie erstarrt.
    »Das stimmt«, räumte ich ein, »aber da ist immer noch Miriam Sylvester. Und das Dokument, das du unterschrieben hast.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Du verlässt sofort die Schule. Du scheidest aus dem Lehrberuf aus und kehrst nie zurück. Und du verlässt Amos.«
    Einen Moment herrschte tiefes Schweigen.
    »Das sind aber viele Forderungen«, meinte sie schließlich.
    Ich musste fast lächeln. Es war, als würde ich einer großen, unbezwingbaren, unerschütterlichen Schauspielerin zusehen.
    »Du
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