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Die Königin von Theben

Die Königin von Theben

Titel: Die Königin von Theben
Autoren: Christian Jacq
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unverzüglich zu sehen!«

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    D er Gegensatz zwischen den beiden Frauen sprang sofort ins Auge.
    Teti die Kleine, schlank, zierlich und zerbrechlich wie eine kostbare Figurine; Ahotep, groß, majestätisch, mit offenem Haar, ein angriffslustiges Funkeln in den grünen Augen.
    Beide von erstaunlicher Schönheit, doch ohne Gemeinsamkeit, wenn man von der Zugehörigkeit zur königlichen Familie absah. Der oberste Ordnungshüter richtete einen amüsierten und grausamen Blick auf die beiden. Vier seiner Schergen hielten die Prinzessin. Sie war gefesselt, und ihr Mund war mit einem Tuch aus grobem Leinen geknebelt.
    »Lasst meine Tochter los!« befahl die Königin.
    »Sie ist gefährlich, Majestät. Wir wollen kein Risiko eingehen.«
    Teti wusste, dass dies eine entscheidende Auseinandersetzung war. Wenn sie sie verlor, würden die Befürworter der Kollaboration mit den Hyksos sie ihrer letzten Privilegien berauben und die Stadt Amuns den Besatzern ausliefern.
    »Ich habe dir einen Befehl gegeben«, entgegnete die Königin lakonisch.
    Der oberste Ordnungshüter zögerte. Mit einer einzigen Handbewegung konnte er diese schmächtige Person hinwegfegen, sie hatte keinerlei Möglichkeit, sich zu verteidigen, und die letzten Reichtümer des Palasts würden ihm gehören. Doch ein Putsch würde die ihm feindlich gesinnten Militärs und Priester auf den Plan rufen, und den Kampf mit diesen beiden Mächten konnte niemand gewinnen.
    »Wir müssen vorsichtig sein, Majestät. Vielleicht sollten wir vorerst nur den Knebel entfernen.«
    Zwei Schergen banden das Tuch los.
    »Bist du verletzt, Ahotep?« fragte die Mutter.
    »Nur durch die Dummheit dieser Unfähigen! Fünf, um mich zu fesseln … Was für eine Kräftevergeudung!«
    »Sie sagen, du hättest versucht zu fliehen, sie beschuldigen dich des Verrats.«
    Alle erwarteten einen Zornesausbruch, doch die junge Frau blieb sonderbarerweise still.
    Sie richtete ihren Blick auf die Schergen, und der Ausdruck darin war so kraftvoll, dass die Männer, einer nach dem anderen, einen Schritt zurückwichen.
    »Wer wagt es, eine solche unverschämte Lüge auszusprechen?«
    »Ihr könnt nicht leugnen, dass Ihr versucht habt zu fliehen«, brachte der oberste Ordnungshüter etwas kleinlaut hervor.
    »Diese Männer hier gehören zur Grenztruppe?«
    »Ja, aber …«
    »Und ich bin auf dem Wachtelhügel festgenommen worden?«
    »Gewiss, aber …«
    »Sollte die Grenze so nah bei Theben verlaufen?«
    »Selbstverständlich nicht!«
    »Dann erkläre mir die Anwesenheit dieser Männer an jenem Ort. Und warum haben sie Feuer gemacht?«
    Einer der Schergen konnte seine Zunge nicht mehr im Zaum halten.
    »Wir waren auf Befehl des Oberkommandierenden dort … Wir können nichts dafür …«
    »Wie lautete der Befehl?«, verlangte Ahotep mit glühendem Blick zu wissen.
    »Schweigt, ihr Narren!«, rief der oberste Ordnungshüter.
    »Ihr habt einen Bauernhof niedergebrannt und geplündert, nicht wahr? Statt eure Pflicht zu erfüllen und die Grenze zu bewachen, macht ihr euch eure Uniform zunutze, überfallt die Unglücklichen, die sich in das freie Gebiet geflüchtet haben, und raubt sie aus!«
    Die Schergen traten näher zusammen, als suchten sie beieinander Schutz, während ihr Kommandant ein kurzes Schwert aus der Scheide zog.
    »Ihr werdet doch vor zwei Frauen nicht den Schwanz einziehen!«
    »Du bist des Hochverrats schuldig«, verkündete Ahotep, »und die Königin verlangt, dass du dich vor ihr verneigst!«
    Teti die Kleine warf dem Beschuldigten einen verächtlichen Blick zu. »Steck dein Schwert wieder ein und berühre mit der Stirn den Staub des Bodens, auf dem meine Füße stehen!«
    Diese Forderung beantwortete der oberste Ordnungshüter mit schallendem Lachen.
    »Ihr seid nichts mehr, Majestät, und Eurer Tochter sind die Hände gebunden! Dankt mir dafür, dass ich Euch einen raschen Tod gewähre!«
    Ein leises Grollen erschreckte den skrupellosen Mann. Er fuhr herum und erkannte Ahoteps Hund.
    Er hob seine Waffe, doch die Attacke ging so blitzschnell vor sich, dass er die Bewegung nicht mehr vollenden konnte. Der Hund grub seine scharfen Fangzähne in den Unterarm seines Opfers, das vor Schmerz aufheulte.
    »Nehmt mir augenblicklich die Fesseln ab«, befahl Ahotep.
    Die Schergen gehorchten.
    Die Prinzessin streichelte ihren Hund, der sie mit einem unendlich zärtlichen Blick und einem deutlich zu sehenden zufriedenen Lächeln betrachtete; er war sehr stolz auf seine Heldentat.
    »Wie hat
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