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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose
Autoren: Philippa Gregory
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zwar in voller Rüstung. Ich sehe voraus, was meine Feinde vorhaben, und bin schneller als sie. Ich verliere nie eine Schlacht. Ich habe Glück im Kampf und Glück in der Liebe. In dem einen wie in dem anderen Spiel habe ich noch nie verloren. Ich werde gegen Margarete von Anjou nicht verlieren, ich werde sie besiegen.»
    Ich lache über sein Selbstvertrauen, aber in Wirklichkeit bin ich beeindruckt.
    Er trinkt sein Glas Ale aus und steht auf. «Habt Dank für Eure Gastfreundschaft.»
    «Ihr geht? Ihr geht schon?», stammele ich.
    «Wollt Ihr die Einzelheiten Eures Anspruches für mich niederschreiben?»
    «Ja, aber   …»
    «Namen und Daten und so weiter? Das Land, von dem Ihr sagt, es gehöre Euch, und die Einzelheiten Eures Besitzanspruches?»
    Es fällt mir schwer, ihn nicht wie eine Bettlerin am Ärmel festzuhalten. «Das will ich tun, aber   …»
    «Dann sage ich Lebewohl.»
    Ich kann nichts tun, um ihn aufzuhalten, es sei denn, meine Mutter hat daran gedacht, sein Pferd lahmen zu lassen.
    «Ja, Euer Gnaden, und habt vielen Dank. Aber Ihr seid herzlich eingeladen zu bleiben. Wir essen bald zu Abend   … oder   …»
    «Nein, ich muss gehen. Mein Freund William Hastings wird mich schon erwarten.»
    «Selbstverständlich, selbstverständlich. Ich will Euch nicht aufhalten   …»
    Ich bringe ihn zur Tür. Es quält mich, dass er so abrupt geht, und doch fällt mir nichts ein, womit ich ihn zum Bleiben bewegen könnte. Auf der Schwelle dreht er sich um und ergreift meine Hand. Er beugt seinen blonden Schopf tief darüber und dreht meine Hand um – wie köstlich. Dann drückt er einen Kuss hinein und schließt meine Finger über dem Kuss, wie um ihn sicher zu verwahren. Als er sich lächelnd wieder aufrichtet, sehe ich, er weiß genau, dass seine Geste mich berückt hat und dass ich die Hand bis zur Schlafenszeit fest geschlossen halten werde, bis ich sie an meine Lippen drücken kann.
    Er schaut auf mein entzücktes Gesicht herunter, auf meine Hand, die sich unwillkürlich ausstreckt, um seinen Ärmel zu berühren. Da lässt er sich erweichen. «Ich komme morgen, um Euer Schriftstück abzuholen», verspricht er. «Natürlich. Was habt Ihr denn gedacht? Habt Ihr geglaubt, ich könnte von Euch gehen und nicht zurückkommen? Natürlich komme ich zurück. Morgen zur Mittagszeit. Treffe ich Euch dann an?»
    Er muss mein Keuchen gehört haben. Die Farbe kehrt in mein Gesicht zurück, meine Wangen glühen. «Ja», stottere ich. «Mo   … mo   … morgen.»
    «Zur Mittagszeit. Und ich bleibe zum Essen, wenn ich darf.»
    «Es ist uns eine Ehre.»
    Er verbeugt sich vor mir, dreht sich um und durchquert die Halle, geht durch die weit geöffnete Doppeltür und tritt hinaus in den strahlenden Sonnenschein. Ich halte mich an der schweren Holztür hinter mir fest, um mich zustützen. Wahrhaftig, meine Knie sind weich wie Butter, sie geben unter mir nach.
    «Ist er weg?», fragt meine Mutter, die leise durch die kleine Seitentür eingetreten ist.
    «Er kommt morgen wieder», sage ich. «Er kommt morgen wieder. Er kommt morgen wieder, um mich zu sehen.»

    Als die Sonne untergeht und meine Söhne ihr Abendgebet gesprochen haben – am Fußende ihrer Betten, die blonden Köpfe tief über die gefalteten Hände gebeugt   –, geht meine Mutter mir voran zur Haustür hinaus und den gewundenen Pfad hinunter zur Brücke, die das Flüsschen Tove überspannt. Sie geht hinüber – dabei streift ihr Hennin die überhängenden Äste – und winkt mir, ihr zu folgen. Auf der anderen Seite legt sie die Hand an eine große Esche, und ich sehe, dass um die raue Rinde des dicken Baumstamms ein dunkler Seidenfaden gewickelt ist.
    «Was ist das?»
    «Zieh es an Land», ist alles, was sie sagt. «Zieh es an Land, jeden Tag einen Fuß.»
    Ich nehme den Faden und ziehe behutsam daran. Er gibt leicht nach; am anderen Ende ist anscheinend etwas Leichtes und Kleines festgebunden. Was es ist, kann ich nicht sehen, denn der Faden führt über den Fluss ins Schilf, ins tiefe Wasser am anderen Ufer.
    «Zauberei», sage ich rundheraus. Mein Vater hat ihre Ausübung aus dem Haus verbannt; die herrschenden Gesetze verbieten sie. Wer als Hexe überführt wird, ist des Todes, des Todes durch Ertrinken auf dem Tauchstuhloder durch Erwürgen durch den Schmied an der Dorfkreuzung. Frauen wie meine Mutter dürfen solche Fertigkeiten in England nicht mehr ausüben. Sie sind verboten.
    «Zauberei», stimmt sie mir gelassen zu. «Ein starker Zauber für
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