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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose
Autoren: Philippa Gregory
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serviert werden, plaudert er wie ein Freund der Familie, und ich kann mich auf meinem Stuhl zurücklehnen und ihn beobachten.
    «Und jetzt zu der Sache, deretwegen ich hier bin», sagt er zu meinem Vater. «Lady Elizabeth hat mir gesagt, dass sie ihre Mitgiftgüter verloren hat.»
    Mein Vater nickt. «Es tut mir leid, Euch damit zu belästigen, aber wir haben versucht, vernünftig mit Lady Ferers und Lord Warwick zu reden, leider ohne Erfolg. Sie wurden nach», er räuspert sich, «der Schlacht von St.   Albans konfisziert, wenn Ihr versteht. Ihr Gemahl ist dort gefallen. Und jetzt erhält sie ihre Mitgiftgüter nicht zurück. Selbst wenn Ihr ihren Mann als Verräter anseht, so ist sie selbst doch unschuldig und sollte wenigstens ihre Witwenzuwendung erhalten.»
    Der König wendet sich mir zu. «Habt Ihr die Einzelheiten Eures Rechtsanspruchs niedergeschrieben?»
    «Ja», sage ich. Ich gebe ihm das Schriftstück, und er wirft einen Blick darauf.
    «Ich werde mit Sir William Hastings reden und ihn bitten, dafür zu sorgen, dass das erledigt wird», sagt er schlicht. «Er wird Euer Fürsprecher sein.»
    So einfach ist das. Mit einem Streich bin ich der Armut entkommen und verfüge wieder über eigenen Besitz; meine Söhne werden ein Erbe haben, und ich falle meiner Familie nicht länger zur Last. Wenn jemand um meine Hand anhält, werde ich etwas in die Ehe einbringen können. Ich bin nicht mehr auf Barmherzigkeit angewiesen und werde nicht dankbar sein müssen für einen Heiratsantrag. Ich werde keinem Mann dafür dankbar sein müssen, dass er um meine Hand anhält.
    «Ihr seid sehr großzügig, Sire», sagt mein Vater ruhig und nickt mir zu.
    Gehorsam erhebe ich mich und mache einen tiefen Knicks. «Ich danke Euch, Euer Gnaden», sage ich. «Das bedeutet mir sehr viel.»
    «Ich bin ein gerechter König», sagt er und sieht meinen Vater an. «Ich will nicht, dass auch nur ein Engländer leidet, weil ich auf den Thron gekommen bin.»
    Mein Vater hat sichtlich Mühe, sich die Antwort zu verkneifen, dass einige von uns bereits gelitten haben.
    «Noch etwas Wein?», wechselt meine Mutter rasch das Thema. «Euer Gnaden? Mein Gemahl?»
    «Nein, ich muss aufbrechen», erwidert der König. «Wir rekrutieren in ganz Northamptonshire Soldaten und rüsten sie aus.» Er schiebt seinen Stuhl zurück, und wir alle – mein Vater und meine Brüder, meine Mutter, meine Schwestern und ich – schießen hoch wie Marionetten, um zu stehen, wenn er steht. «Wollt Ihr mir den Garten zeigen, bevor ich gehe, Lady Elizabeth?»
    «Es ist mir eine Ehre.»
    Mein Vater will uns seine Gesellschaft anbieten, doch meine Mutter sagt schnell: «Ja, tu das, Elizabeth», und wir beide eilen ohne Begleiter aus dem Raum.
    Nach der düsteren Halle ist es draußen sommerlich warm, und er reicht mir seinen Arm. Wir gehen die Stufen hinunter in den Garten, Arm in Arm, schweigend. Ich wähle den Pfad um den kleinen Boskettgarten herum, und wir gehen an ihm vorbei, den Blick auf die gestutzten Hecken und die ordentlich gesetzten weißen Steine gerichtet, doch ich sehe nichts. Der König zieht meine Hand etwas enger unter seinen Arm, und ich spüre die Wärme seines Körpers. Der Lavendel fängt an zu blühen, und ich rieche seinen Duft, süß wie Orangenblüten, scharf wie Zitronen.
    «Ich habe nicht viel Zeit», sagt er. «Somerset und Percy ziehen Truppen gegen mich zusammen. Henry selbst wird aus seinem Schloss kommen und seine Armee anführen, wenn er bei Verstand ist und den Oberbefehl führen kann. Die arme Seele, man sagt mir, im Augenblick sei er bei sich, aber er könne jeden Moment wieder den Verstand verlieren. Die Königin plant wohl, zu ihrer Unterstützung französische Truppen herüberzubringen, und wir werdenuns auf englischem Boden einer französischen Streitmacht stellen müssen.»
    «Ich werde für Euch beten», sage ich.
    «Der Tod lauert in unser aller Nähe», entgegnet er ernst. «Aber er ist ein steter Gefährte eines Königs, der auf dem Schlachtfeld zu seiner Krone gekommen ist und jetzt erneut ins Feld zieht.»
    Er bleibt stehen und ich mit ihm. Es ist ganz still, nur ein einziger Vogel singt. Sein Gesicht ist ernst. «Darf ich einen Knappen schicken, der Euch heute Abend zu mir bringt?», fragt er ruhig. «Mich verlangt nach Euch, Lady Elizabeth Grey, wie es mich noch nie nach einer Frau verlangt hat. Werdet Ihr zu mir kommen? Ich frage nicht als König, nicht einmal als Soldat, der womöglich in der Schlacht fällt, sondern als
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