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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose
Autoren: Philippa Gregory
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und nach den Bändern an meinem Hennin greife.
    «Ich glaube, Ihr treibt mich in den Wahnsinn. Den ganzen Tag konnte ich an nichts anderes denken als daran, ob Ihr mir erlauben würdet, Euer Haar zu sehen.»
    Zur Antwort knote ich die enge Schnürung meines hohen Hennins auf und nehme ihn ab. Ich lege ihn behutsam auf den Boden und drehe mich zum König um. Sanft wie eine Zofe zieht er die Elfenbeinnadeln heraus und steckt eine nach der anderen in sein Wams. Ich spüre mein schweres Haar zart wie einen seidigen Kuss, als es mir wie ein blonder Wasserfall über das Gesicht fällt. Ich schüttele den Kopf und werfe es zurück wie eine schwere goldene Mähne, und er stöhnt auf vor Verlangen.
    Er knüpft seinen Umhang auf und breitet ihn in einer schwungvollen Bewegung zu meinen Füßen auf dem Boden aus. «Setzt Euch zu mir!», befiehlt er, obwohl er «Legt Euch zu mir» meint, das wissen wir beide.
    Ich setze mich vorsichtig auf den Rand seines Umhangs, ziehe die Knie an und schlinge die Arme darum, mein schönes Seidenkleid um mich herum drapiert. Er streichelt mein offenes Haar, und seine Finger dringen immer tiefer vor, bis er meinen Nacken liebkost. Dann dreht er mein Gesicht dem seinen zu, um mich zu küssen.
    Behutsam beugt er sich über mich, bis ich unter ihm liege. Dann spüre ich, wie sich seine Hand an meinem Kleid zu schaffen macht, wie sie es hochzieht, und ich stemme mich sanft gegen seine Brust und schiebe ihn weg.
    «Elizabeth», haucht er.
    «Ich habe nein gesagt», sage ich fest entschlossen. «Und das habe ich auch so gemeint.»
    «Ihr seid gekommen!»
    «Ihr habt mich darum gebeten. Soll ich jetzt gehen?»
    «Nein! Bleibt! Lauft nicht weg, ich schwöre, ich   … erlaubt mir nur, Euch noch einmal zu küssen.»
    Mein Herz pocht so laut, und mich verlangt so sehr nach seiner Berührung, dass ich schon denke, ich könnte mich doch zu ihm legen, nur das eine Mal, ich könnte mir diese Freude gönnen, nur dieses eine Mal   … doch dann ziehe ich mich zurück und sage: «Nein. Nein.»
    «Doch», sagt er nachdrücklicher. «Euch soll kein Leid geschehen, das schwöre ich Euch. Ihr sollt an den Hof kommen. Ihr sollt alles haben, worum Ihr bittet. Lieber Gott, Elizabeth, lasst mich Euch haben, ich muss Euch haben. Von dem Augenblick an, da ich Euch hier sah   …»
    Er liegt auf mir, drückt mich zu Boden. Ich drehe den Kopf zur Seite, doch seine Lippen sind an meinem Hals, an meiner Brust. Ich keuche auf vor Verlangen, und dann wallt unerwartet ganz plötzlich Zorn in mir auf, als mir bewusstwird, dass er mich nicht mehr umarmt, sondern zwingt, mich zu Boden drückt, als wäre ich ein Flittchen, das es hinter einem Heuhaufen mit ihm treiben will. Er zieht mir das Kleid hoch, als wäre ich eine Hure, er zwängt mir das Knie zwischen die Beine, als hätte ich zugestimmt, und mein Zorn macht mich so stark, dass ich ihn noch einmal von mir stoße, und dabei ertaste ich an seinem breiten Ledergürtel das Heft seines Dolches.
    Er hat mir das Kleid hochgezogen und nestelt an seiner Kniehose herum; im nächsten Augenblick wird es zu spät sein für Einwände. Ich ziehe seinen Dolch aus der Scheide. Bei dem Geräusch schießt er vor Schreck hoch auf die Knie, und ich entwinde mich ihm und springe auf, den Dolch in der Hand, dessen Klinge in den letzten Sonnenstrahlen gefährlich aufblitzt.
    Im nächsten Augenblick steht er fest auf den Füßen, wachsam, ein Krieger. «Zieht Ihr die Klinge gegen Euren König?», zischt er. «Wisst Ihr, was Verrat ist, Madam?»
    «Ich ziehe die Klinge gegen mich, allein gegen mich»,sage ich schnell. Ich halte mir die scharfe Spitze an den Hals und sehe, wie sich seine Augen verengen. «Ich schwöre, wenn Ihr einen Schritt näher kommt, wenn Ihr nur einen Zoll näher kommt, schneide ich mir vor Euren Augen die Kehle durch und verblute hier auf dieser Erde, wo Ihr mich schänden wolltet.»
    «Nichts als Theater!»
    «Nein. Für mich ist das kein Spiel, Euer Gnaden. Ich kann nicht Eure Geliebte sein. Ich bin zu Euch gekommen, um Gerechtigkeit zu erbitten, und heute Abend bin ich aus Liebe gekommen. Das war dumm, und ich bitte Euch um Vergebung für meine Dummheit. Aber auch ich kann nicht schlafen, auch ich kann an nichts anderes denken als an Euch, auch ich habe mich immer wieder gefragt, ob Ihr wohl kommen würdet. Doch trotz allem   … trotz allem solltet Ihr nicht   …»
    «Ich könnte Euch das Messer mit einem Griff abnehmen», droht er.
    «Ihr vergesst, dass ich fünf
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