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Die Koenigin der Rebellen

Die Koenigin der Rebellen

Titel: Die Koenigin der Rebellen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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von der Oberfläche eines Spiegels. Selbst wenn sie in diesem Moment, noch mit dem Glas an den Augen, das Fort hätte beschreiben sollen, hätte sie es nicht gekonnt. Alles an ihm wirkte fremd und düster und auf eine schwer zu beschreibende, aber überdeutlich zu spürende Weise bedrohlich. Es war, dachte sie schaudernd, als versuche sie einen Blick in eine völlig fremde, feindselige Welt zu tun. Die Stahlburg schien nach Regeln einer Geometrie erbaut worden zu sein, die aus einem fremden Universum stammen mußten. Wie hatten Gurk und Skudder dieses Ding genannt? Shait-Tempel? Charity hatte nicht die mindeste Ahnung, was ein Shait-Tempel war und wen oder was man darin anbetete. Aber jetzt schien das Wort allein einen düsteren, drohend nachhallenden Klang zu bekommen. Vielleicht, dachte sie, war das bedrückendste daran die Vorstellung, daß dieses Monstrum von Tempel zwar von den Außerirdischen erbaut, aber von Menschen bewohnt wurde. »Es wäre Selbstmord, sich dem Ding auch nur zu nähern«, sagte Net leise. »Aber was tun sie dort?« murmelte Charity. Dieses ... Etwas konnte nicht nur ein Tempel sein, dachte sie, ganz egal, welche monströse Gottheit dort angebetet wurde. Es war einfach zu groß. Net antwortete erst nach einigen Sekunden auf ihre Frage. »Außer Kinder zu entführen, meinst du?«- Sie zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Niemand weiß es. Niemand ist einem solchen Ding jemals nahe genug gekommen, um es herauszufinden.« Sie stand auf. »Nur die Priester dürfen sich einem Shaitaan weiter als bis auf fünf Meilen nähern.« Charity blickte wieder auf die so trügerisch glatte Sandfläche herab, in die die Felsebene kaum zehn Meter unter ihnen überging. Und diese Sandebene war nur der erste — und, wie Gurk behauptet hatte, harmloseste — von insgesamt drei Verteidigungsringen, die das Shaitaan umgaben, zum Schutz vor . . .
    Ja, vor was eigentlich? dachte sie verwirrt. Es war jetzt gut zwei Wochen her, daß sie aus dem Schlaftank gestiegen und in diese völlig fremde, zerstörte Welt hinausgetreten war, und sie kannte sie längst noch nicht gut genug, um sich wirklich ein Urteil erlauben zu können. Trotzdem war sie sicher, daß es im Umkreis etlicher tausend Meilen nichts gab, was diesem Monstrum von Bauwerk dort hinten gefährlich werden konnte. Verwirrt drehte sie sich zu Net herum und ging ohne ein weiteres Wort los. Die Wastelanderin folgte ihr schweigend. Die zwanzig Minuten, die sie im Sand gelegen und den monströsen Tempel angestarrt hatten, waren vergeudete Zeit gewesen. Skudder hatte sie gewarnt, sich der Todeszone zu nähern, die das Shaitaan umgab, aber sie hatte sich einfach überzeugen müssen, daß das, was sie aus der Entfernung gesehen hatten, auch wirklich wahr war. Jetzt bedauerte sie es beinahe. Großer Gott, dachte sie, was haben sie aus unserer Welt gemacht? Skudder hatte ein Feuer entzündet, als sie zurückkamen, und nicht zum ersten Mal fragte sich Charity, wie um alles in der Welt er es immer wieder fertigbrachte, ein solches Feuer zu entfachen, ohne daß auch nur eine Spur von Rauch zu sehen war. Wortlos setzte sie sich neben ihn, angelte einen der Stöcke herunter, auf die Bart irgendein Stück Fleisch gespießt hatte, und begann lustlos zu essen. Shait. Shaitaan. Das Wort ging ihr nicht aus dem Sinn. Irgendwo hatte sie dieses Wort schon einmal gehört, und irgendwann einmal hatte sie sogar gewußt, was es bedeutete. Auch wenn sie auf der anderen Seite ganz genau wußte, daß das unmöglich war. Sie verscheuchte den Gedanken und beugte sich erneut vor, um einen weiteren Spieß vom Feuer zu nehmen. Bart lächelte sie über die Flammen hinweg an. »Schmeckt, nicht wahr?« Charity nickte. »Ausgezeichnet«, lobte sie. »Was ist es?« Der Shark grinste noch ein bißchen breiter. »Willst du das wirklich wissen?« Charity blinzelte, blickte das gebratene Stück Fleisch in ihrer Hand eine Sekunde lang irritiert an und schüttelte schließlich den Kopf. »Eigentlich nicht. Hauptsache«, fügte sie lächelnd hinzu, »es macht satt.« »Genau das hat es wahrscheinlich über mich gedacht, als es noch lebte«, antwortete Bart grinsend. Er stand auf, ging zu seinem Motorrad und kam mit einer Wasserflasche zurück. Charity griff dankbar danach, als er sie ihr hinhielt, trank einen gehörigen Schluck und reichte sie Bart zurück. Sie hatte immer noch Durst, aber sie mußte sich beherrschen. Die drei letzten Wasserstellen, an denen sie
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