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Die Knochenfrau

Die Knochenfrau

Titel: Die Knochenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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Scheißegal! Der Typ war nicht wichtig. Niemand war wichtig! Nur Lukas und dieses Ding, hinter dem er her war!
    Hinter dem Haus der Schneiders stand ein kleiner Holzverschlag, dort hatten die Schneiders früher immer ihre Gartenwerkzeuge. Und ja verdammt! Da waren sie auch jetzt noch. Lukas schwankte zwischen einer großen, neuen Schaufel und einem kurzen angespitzten Spaten und entschied sich für letzteren – das Ding war auch als Waffe zu gebrauchen. Im zweiten Weltkrieg hatte Lukas' Großvater mit einem Spaten einen sowjetischen Soldaten erschlagen, dass wusste er von seiner Großmutter. Als sie keine Munition mehr hatten und nur noch die allergrößten Idioten an den Endsieg und das Geschwafel von der Wunderwaffe glaubten, da hatten sie tatsächlich mit Spaten und Spitzhacken gekämpft.
    Unter den Blicken seiner irritierten Nachbarn (sie standen gut getarnt hinter dem Wohnzimmervorhang, Lukas sah sie nicht) rannte Lukas zurück in den Wald, bekam schon wieder dieses verdammte Seitenstechen, kroch durch das Dickicht und – er lachte laut auf, als er es sah – alles lag wie von ihm hingelegt, die Taschenlampe mit der kleinen Birne genau in Richtung des abgeknickten Zweiges, nach dem er sie ausgerichtet hatte.
    Lukas öffnete den Schacht und stach zu. Er machte ihn so breit, dass er meinte, gerade so durchschlüpfen zu können. Er warf den Spaten in das Loch, nahm die Taschenlampe zwischen die Zähne – zum Glück hatte sie eine Gummibeschichtung, er musste nicht auf Metall beißen – und stieg hinab in Enge, Feuchtigkeit und Gestank.
     
    *
     
    Lukas wusste nicht, ob es der süßlich-faulige Gestank war, der ihn umgab, oder die Tatsache, dass er mit den Kiefern die Taschenlampe festhielt. Vielleicht war es auch die Anstrengung, jedenfalls war ihm kotzübel, als er auf allen Vieren dem Schein seiner Lampe hinterher kroch. Der kleine, furchtbar enge Gang, durch den er eingestiegen war, hatte ihn nach wenigen Metern an eine Gabelung geführt. Er musste wählen zwischen rechts und links und entschied sich für links. Einige Minuten konnte er in gebückter Haltung gehen, den Spaten wie einen Speer in den Gang hinein haltend, dann wurde es so eng, dass er wieder hinunter musste auf alle viere. Mühsam, mit der verdammten Taschenlampe im Mund, von der er mittlerweile sicher war, dass sie ihm diesen Würgereiz verursachte, robbte Lukas voran. Es war dunkel, kalt, feucht und es stank. Es war ihr verdammtes Versteck, ihr Territorium. Und dieser beschissene Gang war lang, sehr lang. Schon über eine halbe Stunde kämpfte sich Lukas voran, Meter für Meter. Immer wieder sah er gammelige, alte Holzbalken, die in die Wände und in die Decke eingelassen waren. Er interpretierte sie als Zeichen dafür, dass das hier Menschen gebaut hatten und hoffte darauf, dass die Balken dafür sorgten, dass dieses verdammte Grab nicht über ihm einstürzte. Nach weiteren zehn Minuten konnte Lukas nicht mehr. Er hielt an und versuchte, zu Atem zu kommen. Was bin ich doch für ein Idiot, ich weiß nicht einmal, ob hier unten genügend Sauerstoff ist. Er kam zu Atem, wischte die Taschenlampe ab und steckte sie sich wieder in den Mund. Nach einigen Metern kam er zu einer Ansammlung kleiner, vermodernder Knochen, dazwischen Fetzen von Fell und Haut, Reste irgendwelcher Tiere. Kam daher der Gestank? Lukas nahm ein Stück Fell in die Hand, es war feucht und schmierig, auch die Knochen waren feucht. Plötzlich hörte er hinter sich ein scharrendes Geräusch, leise aber deutlich. Er robbte durch den Unrat und hielt nach einigen Sekunden an, um wieder zu lauschen. Das Geräusch war immer noch da … und es kam näher. Lukas hörte sein Blut rauschen. Scheiße! Scheiße! Scheiße! Das Vieh ist hinter mir! Er versuchte, sich umzudrehen und schaffte es nicht. Der verdammte Gang war zu eng, sein Rucksack blieb an einem Querbalken hängen. Dann versuchte er, den Spaten umzudrehen, er wollte die Spitzte hinten haben, dann konnte er nach dem stechen, was da auf ihn zukrabbelte. Aber der Spaten war zu lang, er verkeilte sich in der harten Erde und versperrte beinahe auch den Weg nach vorne. Mit einem harten Stoß machte Lukas den Spaten los, packte ihn und robbte vorwärts, einfach vorwärts, weg von dem Geräusch. Er biss durch die Gummierung der Taschenlampe auf Metall und ein spitzer Schmerz durchzuckte seinen Schädel, Speichel tropfte ihm vom Kinn. Nach einigen Sekunden hielt Lukas wieder an. Das scharrende Geräusch war noch näher, direkt hinter

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