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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte
Autoren: Mo Yan
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Haupteingang und Tor zwei von einer Schar Ratten auf einen Baum gejagt.
    Gao Yang seufzte: »Wenn die Ratten groß sind, bekommen es sogar die Katzen mit der Angst zu tun.«
    Gao Ma lächelte und schwieg.
    »Ich habe meiner Frau gesagt«, erzählte Gao Yang, »sie soll dir nach dem Neujahrsfest ein Paar Schuhe mitbringen.«
    »Ich möchte deiner Frau keine Mühe machen«, erwiderte Gao Ma gerührt. »Sie hat es schwer genug mit den zwei Kindern. Ich bin Junggeselle und komme schon zurecht.«
    »Bruder«, sagte Gao Yang, »du wirst dich wundern, wie die Zeit vergeht. Wenn du ein paar Jahre Geduld hast, wird es dir nach der Entlassung viel besser gehen, und du kannst vielleicht heiraten.«
    Gao Ma lächelte, sagte aber nichts.
    »Du bist Reservist«, fuhr Gao Yang fort. »Ich habe bemerkt, daß der Lagerleiter dich sympathisch findet. Wenn du dich gut führst, wird dir bestimmt ein Teil der Strafe erlassen. Du kommst vielleicht früher raus als ich.«
    »Was macht es für einen Unterschied, wann ich entlassen werde? Mir wäre es lieber, ich könnte deine Strafe mit übernehmen, damit du rauskommst und deine Familie ernähren kannst.«
    »Daß uns beide dieses Pech getroffen hat«, sagte Gao Yang, »das ist unser Schicksal. Ein Mann kann so etwas schon überstehen, aber um Tante Vier tut es mir leid.«
    »Ist sie nicht aus medizinischen Gründen entlassen worden?« Gao Yang begann plötzlich zu stottern. »Eigentlich hat meine Frau mir verboten, daß ich dir davon erzähle, aber …«
    Gao Ma packte Gao Yangs Hand und fragte drängend: »Was ist passiert?«
    »Immerhin war sie deine Schwiegermutter«, sagte Gao Yang, »ich finde es nicht richtig, es dir zu verschweigen.«
    »Großer Bruder, spann mich nicht auf die Folter, sag es mir.«
    »Meine Frau hat mich doch kurz vor Neujahr besucht. Bei der Gelegenheit hat sie mir alles erzählt.«
    »Was hat sie erzählt?«
    »Die Söhne von Tante Vier sind Bestien. Sie haben überhaupt keinen menschlichen Anstand.«
    Gao Ma wurde ungeduldig. »Bruder Gao Yang, schüttle die Bohnen aus dem Bambusrohr. Sprich nicht so in Andeutungen. Heraus damit.«
    »Gut, ich erzähl es dir. Assistent Yang von der Gemeindeverwaltung ist ein gemeiner Schuft. Er hatte einen Neffen mit Namen Cao Wen. Der ist vor kurzem in einen Brunnen gesprungen, um sich das Leben zu nehmen. Bei der Vorbereitung der Beerdigung kam die Familie Cao auf die Idee, für ihn eine unterirdische Hochzeit zu organisieren.«
    »Was heißt unterirdische Hochzeit?«
    »Weißt du nicht, was eine unterirdische Hochzeit ist?«
    Gao Ma schüttelte den Kopf.
    »Das bedeutet, daß man zwei Tote miteinander verheiratet. Da Cao Wen tot war, hat die Familie Cao an Jinjü gedacht.«
    Gao Ma sprang auf.
    »Bruder«, sagte Gao Yang, »laß mich in Ruhe erzählen. Die Familie Cao wollte, daß Jinjüs Geist die Frau ihres toten Sohnes wird. Sie haben Assistent Yang um Vermittlung gebeten.«
    »Ich ficke seine Ahnen«, schimpfte Gao Ma. »Jinjü gehört mir.«
    »Das macht mich auch so zornig. Alle im Dorf wissen, daß Jinjü dir gehört. Trug sie nicht dein Kind im Bauch? Aber Assistent Yang hat ihre Brüder überredet, Jinjüs sterbliche Überreste für achthundert Yüan an die Familie Cao zu verkaufen. Die Brüder haben sich das Geld geteilt. Die Familie Cao hat Leute geschickt, die Jinjüs Grab geöffnet und ihre sterblichen Überreste herausgeholt haben.«
    Gao Mas Gesicht wurde starr, und er gab keinen Laut von sich.
    »Meine Frau sagt, die Familie Cao hat diese unterirdische Hochzeit mit größerem Pomp gefeiert, als man es von einer normalen Hochzeit kennt. Sie haben eine Musikkapelle aus einem anderen Kreis kommen lassen und viele Gäste eingeladen. Die Leiche von Jinjü und die Leiche von Cao Wen wurden zusammen in einen großen roten Sarg gelegt und begraben. Es kamen Schaulustige aus vielen Dörfern in der Umgebung, um das Spektakel zu sehen. Sie schimpften alle auf die Familie Cao, auf Assistent Yang und auf Tante Viers Söhne und waren sich einig, daß das Ganze eine himmelschreiende Schande ist.«
    Gao Ma sagte nichts.
    Gao Yang blickte ihn verstohlen an. »Lieber Bruder, du darfst die Sache nicht so schwer nehmen. Das sind Unmenschen ohne Herz. Der Himmel wird sie bestrafen. Hätte ich doch nur geschwiegen; meine Frau hat mir gesagt, ich darf es dir auf keinen Fall erzählen, aber ich kann meinen verdammten Mund nicht halten.«
    Auf Gao Mas Gesicht erschien ein eigentümliches Lächeln.
    »Lieber Bruder«, sagte Gao Yang
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