Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
Autoren: Kelly McCullough
Vom Netzwerk:
1
    J ede Geschichte muss irgendwo beginnen, auch wenn sie das selten am Anfang tut. In diese bin ich geraten, als sie in mein Büro spazierte. Ich hatte noch zwei Schlückchen guten Aveni-Whiskeys in meinem Glas, als die Frau in den Gastraum des Greifenkopfs marschierte. Eigentlich waren es zwei Frauen   … oder, na ja, das ist kompliziert. Ich glaubte damals, es wären zwei, also bleiben wir vorerst dabei   – zwei Frauen betraten die Taverne. Meine Taverne.
    Die Örtlichkeit, in der ich arbeite, war nach dem Schädel benannt worden, den der Eigentümer hinter die Theke genagelt hatte. Jerik hatte früher Monster gejagt, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Gewildert, um genau zu sein, aber das ist nicht die Art Wilderei, die einen hinter Gitter bringen kann, denn die königlichen Wildhüter wollen die verdammten Viecher auch nicht haben. Als das Ding hinter seinem Tresen ihm beinahe den Kopf abgebissen hätte, setzte er sich zur Ruhe. Was den Greifen an Eleganz fehlt, machen sie mit ihrem Charakter mehr als wett. Jeder von ihnen ist gefährlich, und die meisten werden von der Krone gesucht. Ein Umfeld, in das mein stummer Partner, auch wenn den niemand zu sehen bekommt, und ich hervorragend hineinpassen.
    Dieser Tage nennt man mich Aral oder Schattenlöhner. Das eine ist mein Name, wenn auch nicht so, wie er auf den Haftbefehlen und Steckbriefen zu lesen ist. Das andere ist mein neuer Broterwerb. Ich bin zu einem Löhner im Schattengewerbe geworden, einem Problemlöser, der sich um Dinge kümmert, auf die man nur ungern die Aufmerksamkeit des Gesetzes lenken möchte.
    Jeder, der mich noch aus früherer Zeit kannte, hätte darin einen gewaltigen Schritt abwärts gesehen. Allerdings nur, wenn ihm der vorangegangene Schritt entgangen wäre, die Stufe, auf der meine Welt vernichtet worden war. Ich mag nicht mehr ansatzweise der Mann sein, der ich einmal war, aber ich bin definitiv besser als das Wrack, das ich noch vor einem Jahr gewesen bin. Manchmal scheint es sogar, als könnte ich die Kluft überbrücken und wieder in Berührung mit meinem alten Selbst kommen. Da gibt es ein paar Eigenschaften, die ich gern zur künftigen Nutzung wiedererlangen würde.
    Inzwischen aber arbeitete ich vom Greifen aus, einfach aus dem Grund, weil dies die Art Taverne ist, die Leute mit schattengewerblichen Problemen anzieht. Na ja, deswegen, und weil mein Partner, Triss, die Atmosphäre mag   – im Greifen ist es immer dunkel, und er lebt in den Schatten. Buchstäblich.
    Er ist ein Finsterling, eine Kreatur aus lebendiger Dunkelheit und ein Legat jener Tage vor meinem Niedergang. Triss ist mein Partner, mein Freund, mein Vertrauter. Ja, ich war einmal ein Zauberer. Ein Zauberer und etwas, das manche als Assassinen bezeichnen würden, auch wenn ich den Begriff nicht schätze. Ich habe nie jemanden für Geld getötet.
    Aber zurück zu den Frauen. Ich gab mir große Mühe, dafür zu sorgen, dass meinem zweiten Trunk kein dritter folgte   – diesem Pfad war ich schon früher bis ganz nach unten gefolgt. Die Glocke zur achten Stunde hatte gerade geläutet, als die zwei den Greifen betraten und für einen Moment das rotgoldene Licht der westwärts wandernden Sonne ausblendeten. Alle Türen und Fenster standen offen, um die hochsommerliche Hitze zu lindern, was mich auf einen Stuhl neben der Feuerstelle vertrieben hatte. Es war ein ideales Plätzchen, von dem aus ich Vorder- und Hintertür im Auge behalten und mich so weit wie möglich im Schatten verbergen konnte.
    Die erste Frau kam rasch herein und trat sogleich zur Seite,raus aus dem hellen Licht, und stellte sich mit dem Rücken zur Wand auf, während sie darauf wartete, dass sich ihre Augen an die Düsternis im Inneren der Taverne gewöhnten. In Verbindung mit der Art, wie die Frau sich bewegte   – geschmeidig und lautlos   –, wie sie mitten in dem schmutzigen Stroh, das den Boden bedeckte, auf den Fußballen balancierte, genügte mir das, um sie als geschulte Mörderin irgendeiner Art abzustempeln. Ob sie eine Jägerin war, eine Söldnerin, eine schwarze Löhnerin oder irgendetwas Exotischeres, konnte ich allerdings ohne die eingehende Betrachtung, der ich sie von da an unterzog, noch nicht erkennen.
    Sie war groß und breitschultrig, gebaut wie ein Bauernmädchen oder eine Soldatin. Breite Hüften, große Brüste und dicke Muskeln, die sich zusammen mit einigen interessanten, wenn auch unbedeutenden Narben über ihre Arme zogen. Sie hatte schwarzes Haar und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher