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Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
Autoren: Kelly McCullough
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bei den säkularen Herrschern der Welt zutiefst unbeliebt gemacht hatte. Dafür zu sorgen, dass Gerechtigkeit unter Königen ebenso galt wie unter den Gemeinen ist nicht das passende Rezept, um sich besagte Könige geneigt zu machen. Ganz im Gegenteil. Aber so war einst mein Leben gewesen: Ich war eine Klinge der Namara, die das starre Auge der Gerechtigkeit jenen überbrachte, die zu mächtig waren, um vor Gericht gestellt zu werden.
    Unschuldige martern? Angriffskriege einfädeln? Sich denWeg zum Thron freimorden? Namara hätte mich oder einen meiner Kameraden geschickt, um ein paar Worte an den Verantwortlichen zu richten. Meist »Ruhe in Frieden«. Manchmal auch »Schmor in der Hölle«. Jedenfalls sorgten wir für eine unmittelbare Befragung durch die Vertreter der Gerechtigkeit, verbunden mit der einmaligen Gelegenheit, auf dem Rad der Wiedergeburten mitzufahren. Darum warfen uns manche in einen Topf mit gedungenen Mördern, meist Leute, die mit einem schlechten Gewissen und einem hochtrabenden Titel ausgestattet waren   – König, General, Sohn des Himmels   …
    Aber jene Zeit war vorbei, untergegangen mit dem Tempel, begraben mit der Göttin oder einfach versteckt in den Schatten wie Triss und ich. Versteckt oder verloren. Dieser Tage fiel es mir schwer, den Unterschied zwischen diesen beiden Dingen zu benennen. Einst war ich eine Klinge der Namara und kannte meinen Daseinszweck, glaubte unerschütterlich daran.
    Jetzt? Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, ich kann mehr sein als nur ein Löhner, zumindest hoffe ich es. Aber ist es überhaupt möglich, Klinge zu sein, wenn keine Göttin mehr da ist? Der Gerechtigkeit zu dienen, wenn doch ihr Avatar von der Bildfläche verschwunden war? Das waren die Fragen, die ich mir in jüngster Zeit immer wieder stellte. Aber nun, da Namara fort war, gab es niemanden mehr, der sie mir hätte beantworten können, außer mir selbst. Und wer wollte schon auf das Wort eines Schattenlöhners vertrauen? Ich seufzte und versuchte erneut, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
    Der Greif strotzt nur so vor dunklen Ecken und geheimnisvollen Gerüchen, und sogar an Sommertagen, wenn der Sonnenschein zu den Türen und Fenstern hereindrang, schien er sich eher an die Nacht zu klammern. Diese Schattenaffinität gestattete Triss eine beträchlich größere Bewegungsfreiheit, die er nun dazu nutzte, die beiden Frauen von seinem Plätzchen an der Wand hinter mir eingehend zu studieren.
    Die große Frau hatte kurz am Tresen Zwischenstation gemacht, um eine Bestellung aufzugeben, und sich dann im rechten Winkel zu ihrer nervösen Begleiterin an den Tisch gesetzt, was bedeutete, dass keine von ihnen beide Türen beobachten konnte. Vermessen oder närrisch   – schwer zu sagen. Sie teilten sich eine Flasche Wein, wobei das Öffnen und Einschenken der Größeren zufiel, während sie darauf warteten, dass unser Wirt Jerik jemanden mit der Spezialität des Hauses   – frittierte Fleischbrocken ungenannter Herkunft und leicht lädiertes Gemüse auf einem Bett aus braunem Reis   – zu ihnen schickte.
    Sie taten weiter nichts, sie aßen und tranken auf völlig zwanglose Art, und doch war etwas an ihnen, das meine Aufmerksamkeit fesselte, und es war nicht nur die Tatsache, dass die Kleinere mich an Jax erinnerte. Etwas stimmte nicht mit ihrer Körpersprache, und ich konnte mir einfach nicht erklären, was es war. Doch wie irritierend das auch für mich war, ich hätte es vergessen, wäre Triss nicht ebenso fasziniert von den beiden gewesen.
    Das einzig wirklich Auffällige an ihnen war, dass sie so still waren. Sie sprachen kaum miteinander, und wenn sie es taten, bewegten sie kaum die Lippen und redeten so leise, dass ich von meinem Platz aus kein Wort verstehen konnte, obwohl die Taverne relativ leer war. Auch bewegten sie sich mit einer zeitweiligen tänzerischen Grazie, wenngleich ich bis dahin kein Muster darin hatte erkennen können. Eine Weile glaubte ich, sie könnten ein Paar sein, aber ihre Interaktion passte nicht so recht dazu, also kehrte ich zu meiner ursprünglichen Vermutung zurück.
    Als sie mit dem Essen fertig waren, war die Sonne zu Bett gegangen, was bedeutete, dass der Greif allmählich erwachte und die nächtlichen Gäste hereinströmten. Irgendwann bestellte ich mir einen weiteren Kyles, nur um einen Grund zu haben, in der Bar zu bleiben und die Frauen im Auge zu behalten. Natürlich spürte ich Triss’ Missbilligung, doch ich verwässerte den Whiskey
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