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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02
Autoren: Walter Weil
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ihm. Sorgfältig umging Roland Stellen, wo
dürre Zweige am Boden lagen, deren Knacken ihn hätte
verraten können.
    Immer wieder blieb
er stehen und lauschte, ob vertraute Geräusche hinter den Mauern
der Burg zu vernehmen seien. Aber dort rührte sich nichts, was
ihm als Hinweis hätte dienen können. Es half nichts, er
mußte die Burg zunächst bis zum Haupttor weiträumig
umgehen. Auf diese Weise hoffte er, einen ersten Eindruck über
die Lage im Innern der Burg zu gewinnen.
    Vereinzelt begannen
große Schneeflocken zu fallen. Mißmutig blickte Roland zu
dem grau verhangenen Himmel auf. Er stapfte weiter, mit dem Roß
hinter und Greif dicht neben sich. Es ging sachte abwärts, und
schließlich erreichte er die Stelle, wo die Ränder der
Schlucht sich abflachten und in den dahinter liegenden Wald
übergingen.
    Es dauerte noch eine
ganze Weile, bis er, immer in der Deckung der Bäume, in
Pfeilschußweite die Vorderfront der Burganlage einsehen konnte.
Jetzt entdeckte er auch das Banner der Husenburg, das wie eine
Standarte im Nordwind flog. Dies mochte ein gutes Zeichen sei, denn
wenn der Feind die Burg erobert hätte, wäre wohl dessen
Fahne aufgepflanzt gewesen. Aber ganz sicher war er sich nicht.
Konnte die im Winde fliegende Fahne seines Vaters nicht auch ein
Köder sein, der ein friedliches Leben auf der Burg vortäuschte?
    Sein Blick fiel auf
das Torhaus. Er sah mißmutig, daß die Zugbrücke
hochgezogen war. Alles lag still vor ihm, und die schweigenden Mauern
wirkten auf einmal bedrohlich auf ihn.
    Lächerlich,
ging es ihm durch den Kopf, laß dich bloß nicht konfus
machen! Um der aufkommenden Besorgnis keinen Raum zu geben, dachte er
einen Moment an Dietrich. Der wüßte, was zu tun wäre.
Nun gut, aber jetzt war keiner da, der ihm, dem kleinen Knappen,
einen Rat geben konnte. Er mußte allein einen Weg finden, um
sich über die Lage hinter den Mauern Klarheit zu verschaffen,
ohne gesehen zu werden. Aber wie? Aus der Deckung durfte er sich
keinesfalls wagen, so lange er nicht herausgefunden hatte, was ihn
erwartete.
    Es schneite jetzt
stärker. Die schweren, nassen Flocken trieben, vom Nordwind
gepeitscht, in fast waagrechter Richtung auf den Wald zu und
überzogen im Nu die Nordseite der Bäume mit einer klebrigen
weißen Masse. Nach kurzer Zeit hatte der jetzt dicht fallende
Schnee wie ein Vorhang die Burg Rolands Blicken entzogen.
    Rasch begriff der
Knappe, daß er jetzt ungesehen bis vor die Burgmauern gelangen
konnte. Er schwang sich in den Sattel und trieb seinen Wallach aus
dem Wald heraus ins Freie. Sofort fiel der Wind ihn an und peitschte
die nassen Flocken in wirbelnden Schauern gegen Roß und Reiter.
Roland fühlte, wie sein Wams im Nu auf der Windseite durchnäßt
war und daß die unangenehme Kälte ihn dort wie mit einer
Eishand ergriff.
    Er biß die
Zähne zusammen, duckte sich auf den Hals seines Wallachs, um
Wind und Schnee eine möglichst geringe Angriffsfläche zu
bieten, und trieb das Roß zu einer schnelleren Gangart an.
Greif, dessen schwarzes Fell auf der dem Schneesturm ausgesetzten
Seite nach wenigen Augenblicken weiß überzogen war, eilte
voraus und verschwand in dem dichten Schneegestöber.
    Dem einsamen Reiter
schien es, als verlöre er, eingehüllt in den furiosen
Reigen der Flocken, jedes Zeitgefühl. Jeder Laut wurde im
rasenden Gewirbel der windgepeitschten Schneeschauer verschluckt. Das
Stampfen der Hufe, das Schnauben des Rosses - die Geräusche
erschienen wie durch Watte gedämpft. Es war ein plötzlicher
Wintereinbruch, der gnadenlos das zarte Frühlingsgrün der
vor der Burg sich dehnenden baumlosen Wiese mit weißen Wogen
zuschüttete.
    Unvermittelt tauchte
die Burg schemenhaft vor Roland auf. Er zügelte sein Roß,
um bei der schlechten Sicht nicht in den davor liegenden Graben zu
stürzen. Bald erkannte er, daß er etwas vom direkten Weg
abgekommen war, denn das Torhaus lag wohl zwei Dutzend Schritte links
von ihm.
    Er kämpfte sich
durch die heranbrausenden Schneeschwaden bis zu der Stelle vor, wo
die hochgeklappte Zugbrücke normalerweise auflegte. Mit
zusammengekniffenen Augen musterte er den im dicht fallenden Schnee
nur in Umrissen erkennbaren Torbau. Nichts rührte sich dort. Er
überlegte, ob er es riskieren sollte, sich zu melden.
Ungefährlich war das nicht, schließlich mußte er
sich zu erkennen geben, wenn ein Torwächter ihn anrief und nach
seinem Begehren fragte. Aber etwas anderes blieb ihm in der jetzigen
Situation nicht übrig. Er entschloß sich,
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