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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02
Autoren: Walter Weil
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überzeugen
konnte, daß Dietrich und seine Schützlinge nicht mehr da
waren. Die einzige Bedingung, die er stellte, war, daß das
feindliche Heer sich bis zum Waldrand zurückziehen müßte,
bevor die Zugbrücke fallen würde."
    Der Waffenmeister
schwieg einen Augenblick und starrte mit verlangendem Blick auf
seinen leeren Becher, bezwang sich dann jedoch und setzte seinen
Bericht fort.
    "Egeno,
offensichtlich überrascht von dem Gehörten, rief seine
führenden Gefolgsleute zusammen. Sie stiegen von ihren Rossen
und berieten sich. Ich glaube, das Schicksal der Husenburg stand auf
des Messers Schneide, denn sie wurden sich lange nicht einig. Da sie
lautstark diskutierten, schnappten wir im Torbau einiges von dem auf,
worüber sie draußen stritten. Schon bald begriffen wir,
daß die kriegsgewohnten Heißsporne unter den Rittern den
Kampf wollten. Wahrscheinlich dachten sie in erster Linie an das
Lösegeld, das sie sich von einer Gefangennahme der
Burgherrschaft erhofften. Besonders bedrohlich für uns war, daß
einige von ihnen den Einwand vorbrachten, noch nie von einem solchen
Vorschlag - wie ihn Werner von Husen gemacht hatte - gehört zu
haben. Das seien Einfälle von Leuten, die mit dem Teufel im
Bunde stünden und sich seiner List bedienten.“
    Unter dem Eindruck
der Erinnerung an das dramatische Geschehen schüttelte Heinrich
jetzt noch voll Entrüstung den Kopf. Gleichzeitig wanderten
seine Augen begehrlich zu der gefüllten Bierkanne, die in
Reichweite vor ihm auf der Tafel stand. Er schien zu überlegen,
ob er zuerst seinen Durst stillen oder mit trockener Kehle
weitererzählen sollte. Aber Roland enthob ihn vorläufig
dieser für den trinkfesten Waffenmeister schwierigen
Entscheidung.
    "Und weiter",
drängte der gespannt lauschende Knappe. "Was geschah dann?"
    Mit gerunzelter
Stirn sah Heinrich den Jungen an, als fühlte er sich in einer
wichtigen Betrachtung gestört.
    „ Nun ja", versetzte er
unwirsch. "Sie fingen lautstark an, die Rechtschaffenheit deines
Vaters zu bezweifeln! Ein echter Ritter, schrien sie, würde sich
furchtlos zum Kampfe stellen und nicht versuchen, sich mit
Weiberränken aus der ritterlichen Pflicht zu stehlen. In diesem
Augenblick glaubten wir hinter unseren Mauern, daß jetzt alles
aus wäre. Besonders das Argument, wir stünden mit dem
Teufel im Bunde, schien den jungen Egeno mächtig zu
verunsichern. Na, wer weiß, was für Gedanken er bei dieser
Vorstellung wälzte. Wer hat schon gerne mit dem Teufel zu tun!“
    „ Solche Dinge hat der
schlaue Dietrich auch nicht bedacht, als er uns seinen gefährlichen
Einfall aufschwatzte“, warf Rolands Mutter schnippisch ein, die
Heinrichs Erzählung bisher schweigend mit angehört hatte.
    „ Ach, das will ich nicht
sagen“, schwächte Heinrich den giftigen Einwand Elisabeths
rasch ab und kam damit seinem Herrn zuvor, der dazu ansetzte, in
dasselbe Horn wie seine Gemahlin zu blasen. „Man kann schlecht
voraussagen, wie die Gegenseite sich in einer solchen Lage verhält!
Während wir also dachten, alles sei verloren, kam doch noch die
Wende. Jener Bewaffnete, den Dietrich Erdmann nannte, trat neben
Egeno, zog ihn aus dem Kreis der Ritter und redete leise auf ihn ein.
Was er zu ihm sagte, konnten wir nicht verstehen. Es führte auf
jeden Fall dazu, daß Egeno anschließend beschloß,
unseren Vorschlag anzunehmen, und damit das Streitgespräch
seiner Leute abrupt beendete.“
    Der Waffenmeister
schwieg einen Moment und nickte Roland mit bedenklicher Miene zu, mit
der er die Bedeutung jenes dramatischen Augenblickes zu bekräftigen
suchte.
    „ Du kannst dir wohl
ausmalen, welcher Zentnerstein uns vom Herzen fiel, als wir sahen,
wie das Heer des Geroldseckers sich langsam zum Waldrand hin
zurückzog. Denn erst in diesem Augenblick wußten wir, daß
unsere oder vielmehr Dietrichs Rechnung aufgehen würde. Vor dem
Burggraben blieb nur Egeno mit zehn Mannen zurück.“
    Heinrich lehnte sich
zurück und blickte ernst von einem zum anderen. Auf Elisabeths
Gesicht weilten seine Augen etwas länger. Und da er sah, daß
sie gerade ihren Sohn mit mütterlicher Besorgtheit betrachtete,
nutzte er die Gunst des Augenblicks. Beherzt griff er zu der
Bierkanne, füllte eilig seinen Becher und trank in tiefen Zügen .
Er gewahrte nicht, daß Elisabeth sich inzwischen ihm zugewandt
hatte und ihn mit einem Blick fixierte, der einem Basilisken Ehre
gemacht hätte. Aber sie kam
nicht dazu, den Waffenmeister zu rügen, denn gerade, als sie zu
einer
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