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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02
Autoren: Walter Weil
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das Risiko,
eventuelle Feinde in der Burg auf sich aufmerksam zu machen,
einzugehen. Wenn wirklich Egenos Leute dort waren, würde er es
sehr schnell merken und konnte sofort in dem alles verhüllenden
Schneegestöber verschwinden. Er würde nicht einmal eine
Spur hinterlassen, weil die dicht fallenden weißen Massen in
kürzester Zeit alles zudeckten.
    Er legte die Hände
trichterförmig an den Mund und schrie, um den heulenden Wind zu
übertönen, so laut er konnte: „Holla! Holla,
Torwache!“
    Im Sattel
zusammengekauert, horchte er, ob von drüben Antwort käme.
Regungslos und mit gesenktem Kopf ließ sein Wallach den
Schneesturm über sich ergehen. Selbst Greif schien das pelzige
Genick eingezogen zu haben und starrte mit hängender Zunge auf
den verschlossenen Eingang. Roland glaubte, in einer der
Schießscharten einen Helm blinken zu sehen.
    „ Holla, Wächter!“
schrie er aus Leibeskräften. „Öffne das Tor! Laß
die Brücke fallen!“
    Dicht neben dem
Torbau tauchte hinter den Mauerzinnen eine behelmte Gestalt auf. Es
schien dem Knappen, als versuchte sie, mit spähendem Blick das
Schneetreiben zu durchdringen.
    „ Wer...seid...Ihr und
was...wollt Ihr?“ drang ein von dem heulenden Wind zerrissener
Ruf an Rolands Ohr. Blitzartig erkannte er die Stimme Heinrichs,
seines Vaters Waffenmeister. Die Erleichterung lähmte für
einen Augenblick seine Entschlußkraft. Neben ihm begann Greif
laut zu bellen und weckte ihn damit aus seiner Erstarrung.
    „ Roland von Husen ist
hier!" schrie er, so laut er vermochte. "Öffnet das
Tor!“
    Die Gestalt hinter
den Zinnen verschwand. Roland hörte trotz des heulenden Sturmes
die Wortfetzen eines Befehls, der im Torbau ertönte:
„Rasch...Brücke ...runter! Der junge Herr... draußen!“
    Nach einem heißen
Bad und einem nicht minder heißen und mit Honig versetzten
Becher Bier, angetan mit trockenen Kleidern, saß Roland geraume
Zeit später mit seinen Eltern und dem Waffenmeister in einer der
Kemenaten an einer rasch aufgebauten kleinen Speisetafel und stillte
seinen Hunger.
    Draußen, vor
den von innen mit hölzernen Klappläden verschlossenen
Fensteröffnungen, fauchte der Wind in Stößen gegen
das Gemäuer, rumorte in den Fensterlichtungen und rüttelte
an den Läden. In dem kleinen Gemach erhellten die Flammen
mehrerer ölgefüllter Schalen den Raum, während ein
flackerndes Feuer im Kamin lustig prasselte und wohlige Wärme
verbreitete.
    Als Roland satt war, lehnte er sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück.
Er begann, den gespannt lauschenden Erwachsenen die Gründe zu
erläutern, die zu seiner unerwarteten Rückkehr geführt
hatten. Greif hatte sich in einer dem Kaminfeuer entgegengesetzten
Ecke niedergelassen. Den buschigen Kopf auf den Vorderläufen,
die Ohren gespitzt, lag er reglos da und horchte auf die Stimme
seines Herrn.
    „ So, so“, sagte
Werner von Husen ironisch, als sein Sohn geendet hatte. „Dietrich
macht sich also Sorgen um uns, sieh an, sieh an. Und trotzdem will er
Verstärkung von mir, was nichts anders bedeutet, als daß
ich in diesen unruhigen Tagen meine eigene Mannschaft und damit die
Verteidigung der Burg schwächen soll!“
    Elisabeth war
aufgestanden und hinter ihren Sohn getreten. In mütterlicher
Besorgnis legte sie eine Hand auf seine Schulter, und als sie sprach,
erweckte sie den Eindruck, als sei sie erzürnt. „Hat er
nichts Besseres gewußt, als dich bei diesem Wetter
loszuschicken?“
    Lächelnd
tätschelte Roland die Hand auf seiner Schulter. „Aber
Mutter, als ich aufbrach, schien die Sonne, und es war warm. Niemand
konnte wissen, daß das Wetter um diese Jahreszeit derart
umschlagen würde!“
    „ Das ist wohl wahr“,
meinte der Waffenmeister, der bisher schweigend zugehört hatte.
„Aber der April macht halt Kapriolen, so lange der Monat
dauert.“
    „ Dietrich hat dich also
hergeschickt, um zu erfahren, wie es uns mit Egeno von Geroldseck
ergangen ist!" nahm der Burgherr das ursprüngliche
Gesprächsthema wieder auf. "Ich würde viel darum
geben, wenn ich wüßte, ob diese Besorgnis echt oder nur
ein Vorwand ist, um mir ein paar Bewaffnete abzuluchsen.“
    In der Stimme des
Burgherrn mischten sich Ärger und Skepsis, als er fortfuhr. „Wie
stellt er sich das eigentlich vor? Sollen wir die Burg einfach eines
Teiles ihrer Besatzung entblößen? Was ist, wenn Egeno
zurückkommt? Mit den paar Waffenknechten, die mir blieben,
könnte ich mich gleich dem Feind ergeben!“
    „ Er wußte wohl auch,
welcher Gefahr
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