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Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Titel: Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Autoren: Werner Kraus Hans von Storch
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Anti-Atomkraftbewegungen um und schuf das Energieeinspeisungsgesetz, das in der Zwischenzeit mehrfach erneuert wurde und weltweit als Vorbild für eine effektive Energiepolitik diskutiert wird. Als Kanzlerin Angela Merkel nach Fukushima die Energiewende ausrief, war der Markt für alternative Energien bestens vorbereitet. Dies gilt insbesondere für Schleswig-Holstein und hier Dithmarschen und Nordfriesland. Hier war vor allem die Entwicklung von sogenannten Bürgerwindparks vorbildhaft, wo in speziell ausgewiesenen Zonen individuelle Turbinen gemeinsam verwaltet werden. Diese Bürgerparks erwiesen sich als effektive Maßnahme gegen den Protest gegen die Verspargelung der Landschaft: Die Gegner der Windenergie erhielten die Möglichkeit, selbst zu Windunternehmern zu werden.
    Heute setzt die Politik große Hoffnungen in die Off-Shore-Windkraftanlagen draußen vor der Küste, wo in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone mit dem schönen Kürzel EWZ viele Windparks geplant sind. Anfangs versuchten die Küstenbewohner noch, selbst mit Großprojekten auf hohe See zu gehen, sie scheiterten jedoch an den Kosten. Nun sind es die großen Energiekonzerne, die dieses Geschäft unternehmen. Diese Großprojekte erfordern neue Hochspannungsleitungen, die den Strom von der Küste ins Land bringen und so neuen Protest hervorrufen werden.
    Längst ist es nicht mehr die Diskussion „Windkraft ja oder nein“, es geht inzwischen nur noch um das „Wie“. Entstanden ist die Windenergie zu einem guten Teil aus sozialen Bewegungen, und ihre Zukunft ist ebenfalls eine soziale Frage: Wem wird die Energie gehören, die unsere Wirtschaft schon heute zu einem nicht geringen Teil versorgt? An diesem Beispiel wird vielleicht am deutlichsten, mit welcher Wucht der Klimawandel unsere Gesellschaften verändern wird und schon verändert – aber nun nicht mehr nur als Änderung der Statistik des Wetters, sondern als eine dringende öffentliche Angelegenheit, die große politische, ökonomische und soziale Veränderungen nach sich ziehen wird.
    Derzeit werden bis zu 25 Prozent der Stromerzeugung in Schleswig-Holstein durch Windkraftanlagen erbracht. So weiß die Statistische Jahresbilanz Windenergie 2011 des Deutschen Windenergie-Instituts (DEWI) zu berichten, dass diese an windreichen Tagen teilweise schon annähernd hundert Prozent des Strombedarfs Schleswig-Holsteins liefert. In 2011 waren an Land 3270 MW Windleistung installiert, in der Nordsee erst 155 MW. Damit werden überschlägig 2,3 Millionen Haushalte versorgt und 7000 Menschen beschäftigt. Durch die Entstehung von Windparks in der deutschen Nordsee entstehen weitere Arbeitsplätze – nun auch verstärkt in den Bereichen Schifffahrt und maritime Logistik. Das Investitionsvolumen wird in den nächsten fünf Jahren bei ca. 10 Mrd. € liegen. Bis 2020 wird die installierte Off-Shore-Windleistung bei voraussichtlich 4-7 GW liegen. Dazu verwandeln sich Häfen wie der von Husum in Stützpunkte für diese Aktivitäten. Aus dem etwas verschlafenen Idyll Nordfriesland mit Schafen als Deichschützern wird zunehmend ein High-Tech-Land.
    Auch die Landwirtschaft in Nordfriesland wird in die Minderung des menschengemachten Klimawandels einbezogen. Biogas- und Solaranlagen sind weitere Investitionschancen. Ein ehemaliger Nationalparkgegner, der inzwischen Landrat ist, macht mit Hilfe des Wuppertaler Instituts für Umweltforschung Husum derzeit zu einer klimaneutralen Stadt, nachdem sie durch die jährliche Windkraftmesse schon zur selbsternannten Welt-Windhauptstadt geworden ist.
    Für viele fühlt sich das gut an, andere finden sich nicht mehr zurecht. Die Industrialisierung der Küstenlandschaft, die selbst, wie gesehen, konstruiert ist, stellt einen tiefgreifenden Eingriff in die visuelle Ästhetik und in das Selbstverständnis seiner Bewohner dar. Was ist mit dem Lärm der Rammarbeiten beim Bau der Windmühlen und seiner Wirkung auf regionale Walarten? Was mit den rotierenden Propellern und den Zigtausenden von Zugvögeln, mit der Ästhetik des Meereshorizonts und vielleicht deshalb verärgerten Touristen? In jedem dieser Fälle entstehen neue Konflikte und neue Versammlungen. Wo eben noch der Naturschutz am Kopfende saß, sitzt dort nun der Windbauer, wo vorher noch die Ringelgans diskutiert wurde, ist es nun der Discoeffekt der Windmühle, die den Nachbarn um seine Ruhe und die Politik auf Trab bringt.
    Natürlich ist der Beitrag Nordfrieslands zur globalen Reduktion von
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