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Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Titel: Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Autoren: Werner Kraus Hans von Storch
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er führt über die Anerkennung der gesellschaftlichen und damit auch kulturellen Dimension des Klimas. Der Klimawandel verändert unser Verständnis der Welt, die wir bewohnen und in der das Klima nun nicht mehr wie bisher vor allem regional von Bedeutung ist, sondern zu einer globalen Herausforderung geworden ist. Er verändert unser Verständnis von der Rolle der Wissenschaft und die Wissenschaft selbst. Er bringt neue Formen von Versammlungen hervor und vielleicht erstmals ein Gefühl dafür, was es heißt, nicht nur Bewohner einer Nation, sondern des Planeten Erde und Teil einer Menschheit zu sein, deren Zahl mehr als sieben Milliarden beträgt.
    Unser Ziel ist es, diesen vielfältigen Dimensionen Rechnung zu tragen und so der Art und Weise, wie wir den Klimawandel denken und über ihn reden, mehr Realismus zu verleihen. Dazu möchte unser Buch beitragen.
Der Stamm der Klimaforscher
    Wie ist dieses Buch zustande gekommen? Sein Entstehen ist zugleich sein Programm. Es ist das Resultat einer Zusammenarbeit zweier Wissenschaftler aus Lagern, die normalerweise ein großer Graben trennt – einer ist Klimaforscher, also Naturwissenschaftler, und der andere Ethnologe, also Kulturwissenschaftler.
    Wir trafen uns zu Anfang des neuen Jahrtausends, zu einem Zeitpunkt, als der spektakuläre Aufstieg des Klimawandels auf der politischen Agenda und in der öffentlichen Wahrnehmung unübersehbar war. Uns führte der Verdacht zusammen, dass in der aufkeimenden Klimadebatte etwas nicht in Ordnung ist. Stand wirklich die Klima-Apokalypse vor der Tür, wie man in den Medien lesen konnte? Oder übertrieben diese in der Darstellung der Resultate aus der Klimaforschung? Oder waren es die Wissenschaftler selbst, die eine alarmistische Lesart nahelegten?
    Der Klimaforscher hatte die Vermutung, dass auch die Klimawissenschaft einen „kulturellen Rucksack“ mit sich herumschleppt, der die Interpretation der Daten beeinflusst. Der Ethnologe wiederum fühlte sich angesichts der medialen Auftritte mancher Klimaforscher und der Rolle, die ihnen bereitwillig eingeräumt wurde, an Wettermacher und Schamanen in fremden Kulturen erinnert.
    Wir kamen miteinander ins Geschäft: Der Ethnologe zeigte Interesse, den „Stamm der Klimaforscher“ so zu erforschen, als ob es sich hier um eine Ethnie im fernen Amazonas oder in Afrika handeln würde. Der Klimaforscher wiederum stellte sich und sein Institut bereitwillig zur Verfügung. Daraus entwickelte sich eine Zusammenarbeit über viele Jahre hinweg, deren gemeinsames Ziel es war, den Klimawandel als ein gleichzeitig natürliches und kulturelles, politisches und ökonomisches, gesellschaftliches und wissenschaftliches Problem zu verstehen.
    Kurzum, wir waren uns von Anfang an darin einig, dass Neuland betreten werden muss. Vor zehn Jahren hieß das unter anderem noch, die Kultur- und Sozialwissenschaften in den Klimawissenschaften, wo sie bis dahin allenfalls ein Schattendasein geführt hatten, überhaupt erst einmal salonfähig zu machen. Gleichzeitig ging es auch darum, das Klima als ein Thema für die Sozialwissenschaften zu entdecken und in eine Debatte einzugreifen, zu der sie damals noch erstaunlich wenig zu sagen hatten. Aus diesen Aufgaben heraus entwickelte sich zwischen uns ein fortlaufender Dialog über die Rolle und die Bedeutung des Klimawandels in der gegenwärtigen Welt.
    Für die Klimaforschung fanden wir schnell die Metapher vom „Stamm der Klimawissenschaftler“. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die Wissenschaft als eine kulturelle Praxis, die bestimmten Regeln folgt. Vor allem aber verändert sie den Blick auf die Rolle der Wissenschaft: Sie steht nicht außerhalb der Gesellschaft und ihrer Kultur, sondern ist ein Teil von ihr. Der Klimawandel und die Rolle des Menschen, die dieser dabei spielt, stellen die Klimawissenschaften vor die Herausforderung, sich selbst neu definieren und erfinden zu müssen, über die naturwissenschaftlichen Routinen hinaus.
Der Klimawissenschaftler als Prophet
    Die Ideen, die diesem Buch zugrunde liegen, resultieren aus den oft unterschiedlichen Erfahrungen der beiden Autoren in der Praxis der Klimaforschung und des Wissenschaftsalltags. Wir erliegen nicht der Illusion, dass wir neutrale Beobachter sind – unsere Zusammenarbeit beruhte immer auch auf der gemeinsamen Agenda, ein neues Verständnis der Klimawissenschaften und ihres Gegenstandes hervorzubringen.
    Auf einer Konferenz der deutschen Klimaforschung im Jahre 2001 in Hamburg hielt der
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