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Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Titel: Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Autoren: Werner Kraus Hans von Storch
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Treibhausgasen so gering, dass er kaum nachweisbar ist im Hinblick auf die Veränderung der Statistik des Wetters. Dies gilt aber nicht notwendigerweise für den Modellcharakter der neuen sozialen und technologischen Prozesse, die nicht nur die Emission von CO 2 mindern, sondern auch eine Diskussion über neue Technologien starten und anregen, über Bürgerbeteiligung an der Energieversorgung und über die Art und Weise, wie wir leben. Und solange keine neue emissionsfreie Energieform zur Verfügung steht,muss die Entkarbonisierung der Gesellschaft lokal vonstattengehen, und das überall.
Jenseits von Nordfriesland
    Es ist klar, dass mit einzelnen positiven Beispielen das Problem zukünftig zu erwartender Klimaänderungen nicht erledigt ist. Die Emissionen von Treibhausgasen müssen vermindert werden, um den Anpassungsdruck nicht zu groß werden zu lassen. Um wie viel, das ist eine politische Frage, aber die Wissenschaft ist eindeutig in ihrem Befund: Je mehr emittiert wird, umso größer wird der Anpassungsdruck. Global gesehen sind die in einiger Zeit vielleicht installierten 4-7 GW Windenergie in Nordfriesland belanglos, das Beispiel selber ist es jedoch nicht. Nordfriesland ist auch ein Hinweis darauf, dass es motivierender ist, anstatt die (Miss-)Erfolge beim Vermindern zu notieren, das Augenmerk auf die Erfolge bei der Dekarbonisierung der Gesellschaft und beim Zuwachs von emissionsfreier Energiegewinnung zu richten.
    Die bisherigen Appelle an die Regierungen und Völker der Welt, weniger zu emittieren, waren bisher weitgehend erfolglos. Das 2-Grad-Ziel ist eine schöne politische Formel, die zwar Verhandlungen zwischen völlig unterschiedlichen Partnern ermöglicht, aber zu unrealistisch ist, um erfolgversprechend zu sein. Bisherige internationale rechtsverbindliche Abmachungen wie das Kyoto-Abkommen haben sich als wenig wirksam erwiesen, und es ist abzusehen, dass sich das bei der jetzt verabredeten Verlängerung nicht ändern wird. Natürlich bleibt es dennoch wichtig, dass auf globaler Ebene verhandelt wird, und es ist auch durchaus möglich, dass neue gemeinsame Ziele erarbeitet werden. Doch gegenwärtig scheint die Klimapolitik stillzustehen, wenn man den Berichten über die internationale Klimapolitik in den Medien folgt. Romney und Obama erwähnten den Klimawandel im 2012-Wahlkampf um die US-amerikanische Präsidentschaftüberhaupt nicht, und im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 2011 kam er nicht mal auf Seiten der Grünen Partei vor.
    Aber das Beispiel Nordfriesland und vieler anderer Regionen und Städte weltweit zeigt uns, dass die Menschen konstruktiv mit dem Klimawandel umgehen; vor allem auf regionaler Ebene steht Klimapolitik keinesfalls still. In vielen Regionen bewegt sich etwas, im Umgang mit Risiken, bei der Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen, in der Implementierung neuer Technologien zur Minderung der Emissionen, in der Akzeptanz, neue Wege zu gehen. Nordfriesland ist in gewisser Weise überall. Dieses Beispiel zeigt, was es heißt, den Klimawandel in die Welt zu bringen, und dass es möglich ist, den Umgang mit dem Klimawandel im Rahmen demokratischer Prozesse zu verhandeln und „lösbar“ oder zumindest „lebbar“ zu machen.
    Das Beispiel des Konflikts um die Einrichtung des Nationalparks und seiner Befriedung leitet uns in unserer Empfehlung. Die Parallele der handstreichartigen Ernennung des Wattenmeeres zur „Natur“ und der Feststellung des „Krieges gegen das Klima“ liegt auf der Hand. Diesem Ansatz zufolge wurde der Klimawandel von der Wissenschaft „entdeckt“ und dann als vollendete katastrophale Tatsache in die Welt entlassen, die nun als Ganzes und sofort darauf zu reagieren hat: Alle Regierungen der Welt sollen sich nun auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, alle Völker der Welt sich mit ihren unterschiedlichen Kulturen fortan als „Menschheit“ deklarieren, den Planeten Erde als Adresse haben und gemeinsam den Krieg gegen das CO 2 starten – ein aussichtsloses Unterfangen.
    Doch schlimmer noch, der Klimawandel kommt auf diese Weise gar nicht wirklich in der Welt an, in der wir leben. Stattdessen sind wir in der Klimafalle gelandet: Die Klimaforschung wird von der Politik gekidnappt, um ihre Entscheidungen als von der Wissenschaft vorgegeben und als alternativlos verkaufen zu können. Natürlich verschwindetdie politische Auseinandersetzung damit nicht wirklich, sondern sie nimmt jetzt die Form des Streits über wissenschaftliche Fakten an. Am
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