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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition)
Autoren: Helmut W. Pesch
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auch sein mag.« Er wandte sich an Llew, der stumm in Hintergrund stand. »Du hast uns in diese Welt gebracht, jetzt führ uns auch wieder zurück.«
    Ein Schatten glitt über Llews Gesicht. »Dies geschah durch die Macht der Schätze, nicht durch mich. Nur ihre Magie kann ein Tor zwischen den Welten öffnen. Aber es ist ihnen bestimmt, dass sie hier bleiben müssen. Sonst würde es stets einen Riss geben zwischen eurer Welt und der unseren.«
    »Aber mit deinem Speer …«
    Llew trat einen Schritt zurück. Das Blinken seines Speeres verblasste.
    »Ich bin ein Teil von ihm, so wie er Teil von mir ist. Würde ich seine Macht in eure Welt ausstrecken, würde ich das Gleichgewicht zwischen Prydain und Annwn gefährden. Und damit stünden wir wieder am Anfang unseres Weges.«
    »Aber du kannst uns doch nicht einfach …«
    »Er kann«, sagte Hagen. »Er kann uns sehr wohl einfach im Stich lassen. Das haben die Götter immer getan, wenn man wirklich etwas von ihnen will.«
    »Aber das müssen wir tun«, entgegnete Manawyddan. »Begreifst du das nicht? Sonst würdet ihr Menschen nie erwachsen werden.«
    »Und was hilft uns das jetzt?«
    »Ihr müsst euch selbst helfen«, sagte Rhiannon mit ihrer glockenhellen Stimme. »Und dann werdet ihr einen Weg finden.«
    »Vielleicht gibt es wirklich einen Weg.« Alle sahen zu Gunhild hin, die gesprochen hatte. Sie hob entschuldigend die Hände. »Ich bin nicht durch die Macht dieser Magie in die Anderswelt gelangt«, erklärte sie. »Mich haben die Hunde von Annwn gejagt, aber das war erst, nachdem ich hierher gekommen war. Ein anderer Zauber hat mir den Weg gezeigt, und vielleicht wirkt er immer noch. Der Zauber des Einhorns. Wir müssen es nur finden.«
    »Und wo?«
    »Erinnert ihr euch nicht? Die Quelle. Dort, wo sich Amloth und Gwendolyn begegneten. An dieser Quelle war das Einhorn, damals, in der Geschichte. Und wenn es jetzt wieder frei ist, wird es vielleicht wieder dorthin kommen.«
    »Aber der Ort, wo dies geschah, ist seit vielen Jahren vergessen. Niemand weiß, wo er zu finden ist«, sagte Rhiannon.
    »Ich kann ihn finden«, erklärte Gunhild. »Und sei es auch nur, weil ich mir nichts mehr ersehne, als nur ein einziges Mal das Einhorn wiederzusehen …«
    Sie ließen die Götter in der dämmrigen Krypta zurück, bei dem schlafenden König, und stiegen hinauf in die lichterfüllte Halle. Das Schweigen, das hier gelastet hatte, war den Geräuschen des Lebens gewichen. Jetzt hörten sie wieder das Jubilieren der Vögel draußen im Gezweig und das Rauschen des Windes in den Bäumen. Aus der Stadt schallte der Klang von Stimmen herauf; von irgendwo her drang der Duft von Gekochtem und Gebratenem, vermischt mit dem Aroma von süßem Wein.
    »O Mann, hab ich Hunger!«, seufzte Siggi.
    »Und wohin geht’s jetzt?«, fragte Hagen.
    Gunhild zuckte erstaunt die Schultern, als die beiden sie ansahen. »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie.
    »Aber ich dachte …«, begann Siggi.
    »… du wüsstest den Weg«, fuhr Hagen fort. Ihre neuerliche Angewohnheit, dass der eine die Sätze des anderen fortführte, hatte etwas Irritierendes.
    »Oh, irgendwo in diese Richtung, schätze ich«, meinte Gunhild mit einer vagen Handbewegung.
    Sie fanden eine Seitentür und schlichen sich hinaus. Von hier aus führte ein schmaler Wall oberhalb der Apfelhaine zu den bewaldeten Hügeln. Sie ließen die Mauern von Avalon hinter sich und die Stadt mit ihrer Musik, in der die Lebensfreude neu erwacht zu sein schien. Aber sie wussten, dass dieses Fest nicht für sie bestimmt war.
    Irgendwie wirkten sie alle erleichtert, der ganzen Aufregung entronnen zu sein, obwohl sie es nicht offen sagten. Siggis Hand tastete manchmal noch unwillkürlich nach seinem Schwert, doch eher, um sich zu vergewissern, dass es wirklich nicht mehr da war.
    »Na, vermisst du es?«, fragte Gunhild. »Das Schwert, meine ich.«
    Siggi zuckte die Achseln. »Ich habe es eigentlich nie benutzt«, stellte er fest. »Ich habe es immer nur gezogen und manchmal damit gewedelt, aber nie einen Kampf damit ausgefochten. Seltsam, nicht wahr, dass dieses Abenteuer so friedlich verlief.«
    »Und was ist mit deinem Speer?«, fragte sie Hagen.
    Er zuckte ebenfalls die Schultern, in einer Geste, welche der Siggis überraschend ähnlich sah. »Manchmal wurde er mir lästig«, sagte er. »Und er war in der Tat nur geliehen. Er war immer der Speer des Gottes, nie meiner. Er war nie wirklich mein.«
    »Mit dem Gral war es ebenso«, meinte sie nachdenklich.
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