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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition)
Autoren: Helmut W. Pesch
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»Die Zeit ist noch nicht gekommen. Schlafe – und träume …«
    Unruhig bewegte der Schlafende den Kopf. Es war, als wollte er noch etwas sagen, bevor der Traum ihn erneut umfing und ins Vergessen stürzte.
    »Mein … Schwert.«
    Einen Augenblick hielt die ganze Welt den Atem an.
    »Hier ist es«, sagte eine helle Stimme.
    Die Klinge blinkte im Kerzenschein, als Siggi herantrat. Er hatte das Schwert immer noch in der Hand, seit er es in der Halle gezogen hatte. Nun legte er es dem Schlafenden auf die Brust.
    »Das Schwert der Gerechtigkeit.«
    Die Hände des Königs öffneten sich und umfassten den goldgeschmückten Griff. Der Glanz der Edelsteine an Knauf und Parierstange blitzte auf und verlosch, aber die Schrift auf der Klinge flammte in Buchstaben wie von Feuer.
    »Ich glaube, er wird es nötiger brauchen als ich.«
    »Nicht so laut«, flüsterte Gunhild. »Du wirst ihn noch aufwecken.«
    Aber es bestand keine Gefahr mehr. Stille hatte sich über die Züge des Schlafenden gesenkt. Langsam und stetig schlug sein Herz.
    »Frieden«, sagte Arthur im Traum.
    »Und so soll er schlafen«, erklang eine Stimme im Raum. »Der einstige und künftige König. Bis zu dem Tage, den das Schicksal bestimmt hat. Dann wird er wiederkehren in Herrlichkeit.«
    Es war Rhiannon von den Vögeln. Und bei ihr war eine weitere Gestalt, ein hoch gewachsener Mann mit den fein geschnittenen Zügen, die das Kennzeichnen der Mächte der Anderswelt sind. Er war nicht mehr jung, sondern altersweise und doch stark. Frost versilberte die Spitzen seines Haares, doch sein Blick war fest und seine Hand war stark. Ein Mantel schwang um seine Schultern, von einem Tuch in der Farbe des Meeres, weder grau noch grün, sondern beides zugleich.
    »Vater«, sagte Hagen. Im gleichen Augenblick schien ihm die spontane Reaktion schon wieder peinlich zu sein, denn er schwieg betreten.
    »Dein Vater?«, fragte Siggi neugierig. »Aber wie kommt denn der hierher? Verzeihung, Sir«, fuhr er fort, an den Neuankömmling gewandt, »ich wollte Sie nicht irgendwie … ähm … kränken …«
    »Wäret ihr Geschöpfe dieser Welt, so wäre ich sein Vater … vielleicht«, sagte der Gott mit dem graugrünen Mantel. »Und vielleicht würdest du mich dann töten«, fuhr er fort, an Hagen gewandt, »denn ich sehe den Hass in deinen Augen.«
    »Ich weiß, wer du bist!«, rief da Gunhild aus. »Du bist der Herr des Meeres, nicht wahr? Den man in dieser Welt Manawyddan mab Llŷr nennt.«
    »Scharfsichtig bist du, Tochter der Erde«, sprach der Gott. »Ich bin kein Teil dieser Geschichte mehr, obwohl ich half, die Letzten von Caer Siddi heimzuholen. Darum bin auch ich einer der Sieben, die von dort zurückkehrten und das Gedenken daran bewahrten, ein Hüter der Legende vom Heiligen Gral.«
    »Dann ist er dein«, sagte Gunhild und hielt ihm den Kelch mit dem funkelnden Stein hin. »Du und die Herrin Rhiannon, ihr könnt ihn bewahren und dem König davon geben, wenn er wieder krank wird. Hier in Avalon soll er bleiben – und Avalon«, fügte sie hinzu, »soll durch ihn weiter bestehen.«
    Mit großen Augen sah Manawyddan sie an. »Das ist ein Geschenk, das ich nicht zurückweisen kann, so unerwartet es kommt.« Er nahm den Kelch in seine Hände, die selbst zu schimmern schienen, als sie die gewölbte Schale umfingen, und reichte ihn weiter an Rhiannon.
    Die Herrin der Insel nahm ihn entgegen. »Und ich nenne dich gesegnet, Tochter der Erde«, sagte sie. »Mögest du am Ende der Suche das finden, was du dir am meisten ersehnst.«
    »Und was ist mit dir, Sohn des Meeres«, sagte Manawyddan, an Hagen gewandt. »Würdest du mich töten mit deinem Speer, wenn du könntest, so wie damals, als wir uns unter dem Meer begegneten?«
    Hagen sah ihn lange an. »Das war in einer anderen Geschichte«, sagte er, »und, wie Gunhild meint, die Geschichten wiederholen sich nicht immer.« Er öffnete die Hände. »Ich habe keinen Speer. Ich habe dir nichts vorzuwerfen – oder zu verzeihen. Schließen wir Frieden.«
    »Dann nenne ich auch dich gesegnet«, sprach Manawyddan, »mit dem Segen des Meeres. Möge es dir immer günstigen Wind geben und eine Handbreit Wasser unter deinem Kiel.«
    Eine kleine Pause trat ein.
    »All diese Segnungen«, meinte Siggi, »sind ja schön und gut. Aber was geschieht jetzt mit uns? Wie kommen wir wieder dorthin, wo wir hergekommen sind?«
    Und als keiner etwas sagte, fügte Hagen hinzu: »Er hat Recht. Hier können wir schließlich nicht bleiben, so interessant es
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