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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn
Autoren: Stross Charles
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Glieder ab, um Gewicht einzusparen, und lassen am Reiseziel neue für dich wachsen. Falls du nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten in der Tiefe des Raums überhaupt noch einigermaßen unversehrt irgendwo ankommst. Allerdings habe ich persönlich nicht vor, zu Pluto, Eris oder Quaoar zu fliegen, um dort eine Passage auf einem Sternenschiff zu buchen. Zumindest derzeit nicht.)
    Die Spezies meiner Einzig Wahren Liebe hat früher von der Raumfahrt geträumt. Eigentlich eine Ironie des Schicksals, denn diese Geschöpfe waren dafür so schlecht ausgestattet, dass sie zwangsläufig gestorben wären, hätte man sie ein paar Minuten dem Vakuum ausgesetzt. Der Flug zur Erdatmosphäre und darüber hinaus erforderte umständliche Vorbereitungen und eine komplexe mobile Biosphäre. Für Raumreisen jeglicher Länge war ein unhandlicher, schwerer Strahlungsschutz nötig. Ganz zu schweigen von allen anderen Widrigkeiten.
    Als diese Geschöpfe die ersten Forschungssonden entwickelten, war noch gar nicht klar, auf was sie stoßen würden. Also bauten sie zaghafte, dümmliche Maschinchen und katapultierten sie in die luftlose Leere, damit sie von dort aus Bericht erstatteten. Später konstruierten sie idiotische Telefonkommunikationssysteme und verfrachteten sie in die Umlaufbahn, um die Leere mit ihrem Geschwätz zu füllen. Besessen von den auf biologischer Basis funktionierenden Replikatoren, ignorierten sie die interessantesten Winkel des Sonnensystems und konzentrierten sich auf den langweiligen öden Mars. In regelmäßigen Abständen huschten sie bis zu Regionen oberhalb der Erdatmosphäre hinauf, robbten auf Luna durch Tunnels oder unternahmen Expeditionen zum überkuppelten Mars. Vor ihrem endgültigen Aus starb eine beträchtliche Anzahl von ihnen nur deshalb, weil eingedoste Primaten im Vakuum nun mal nicht gedeihen und Sonneneruptionen nicht überleben können.

    Kurz vor dem Ende, als nicht mehr viele von ihnen übrig waren, schickten sie Leute wie mich – mit Intelligenz begabte Bedienstete – in den Raum hinaus. Wir wurden damit beauftragt, an ihrer Stelle die mit Kuppeln versehenen Stützpunkte und Lager zu leiten, ihre Forschungsprojekte weiterzuführen und schließlich auch Städte zu bauen (deren Straßen sie niemals betreten sollten). Manche dieser Ausgeschickten hatten noch traditionell konstruierte Körper, doch die meisten waren durch spezielle Ausrüstungen auf das Vakuum, Umgebungen mit hoher Strahlung, säurehaltige Wolken und Mikroschwerkraft vorbereitet. Wie Sklaven lebten sie – wir – in Bergwerkslagern, starben bei Fehlstarts und schufen Orte, die unserer Einzig Wahren Liebe Überlebensmöglichkeiten boten. Anders ausgedrückt: Wir schufen Etwas aus dem Nichts … Doch eines Tages war unsere Einzig Wahre Liebe nicht mehr da. Alle Angehörigen dieser Spezies waren gestorben, alle waren tot. (Woran sie gestorben sind? Das kann ich nicht sagen. Die Matriarchin, der Prototyp meiner Art, hätte es uns vielleicht verraten können, denn sie hat in den dunkleren Jahrzehnten unter ihnen gelebt. Doch sie starb vor meiner Fleischwerdung und hinterließ uns – den wenigen, die als Letzte und so spät erschaffen wurden, dass wir die Einzig Wahre Liebe nicht mehr kennenlernen konnten – nur einen Anflug von Bedauern.
    Ehe unsere verstorbenen Schöpfer meine Art schufen, war der Raum, so weit man ihn durch Teleskope sehen konnte, öde und leer. Doch wir haben diese Leere ausgefüllt, und jetzt gibt es dort Orte, die man ansteuern kann. Der Raum rings um die Sonne ist inzwischen besiedelt; Sternenschiffe, bemannt mit tapferen, tollkühnen Besatzungen, sind zu den unserem Sonnensystem benachbarten Welten unterwegs. Im Vergleich zu den riesigen Städten auf der Erde sind die Kolonien barbarisch und anarchisch – Spielwiesen für übersättigte Aristos. Vor dem Hintergrund der atemberaubend schönen, aber unfruchtbaren Planeten und Monde werden dort Vermögen gemacht und wieder verloren, Reiche gegründet und wieder zerstört. Endlich sind wir zwischen den Sternen nicht mehr allein.

    Dennoch ist und bleibt die Raumfahrt scheiße. Sie ist kostspielig und unangenehm und führt einen weit weg von den Freunden, doch leider nicht von den Feinden.

    Selbstverständlich begebe ich mich nicht für die gesamte Reise in die Hibernation. Das wäre dumm, vielleicht sogar fatal. Zwar bin ich mir keineswegs sicher, dass ich überhaupt noch so etwas wie Lust am Leben spüre, aber ich bin auch noch nicht so weit, dass ich den Tod
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