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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn
Autoren: Stross Charles
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quetscht. Nur gut, dass ich nicht klaustrophobisch veranlagt bin. Ich lehne mich zurück und starre zur Unterseite des Ballons hinauf. Dabei frage ich mich, was wohl die Spezies meiner Einzig Wahren Liebe von diesem Transportmittel gehalten hätte. Vermutlich wären die meisten bei diesem Gefühl anonymer Vergewaltigung schreiend davongerannt, aber einige wenige … »Wann starten wir?«, frage ich und versuche, die in mir aufwallende Wärme zu ignorieren.
    »Jeden Moment!«, erwidert Lindy fröhlich und kneift liebevoll in meine Brustwarzen. »Entspann dich und erlaub mir, dir den Flug so angenehm wie möglich zu machen, ja?!«
    Während der Ballon von der Tragfläche aufsteigt, erschauert mein ganzer Körper. Der Kokon schenkt gewissen Einzelheiten meiner Anatomie viel mehr Aufmerksamkeit als von der Sache her unbedingt nötig. Und es ist lange her, dass irgendjemand diese Art Interesse an mir gezeigt hat. »Lindy, verwöhnst du all deine Passagiere mit Sex?«, frage ich.

    »Nur diejenigen, die dafür ausgerüstet sind«, zwitschert sie und bewegt sich in mir auf und ab. »Es hilft ihnen, die Zeit herumzubringen. Oh, wie ich sehe, fahren wir mit Telemus! Das wird Spaß machen! Ich mag ihn! Er ist wirklich süß!« Ich seufze, allerdings unhörbar, denn mein Mund ist wegen des weichen Knebels, der meine Lippen und die Kehle offen hält, weit aufgerissen. Das Kribbeln in meinem Körper wird immer stärker und verlangt nach Befriedigung. Dagegen kann ich nichts tun: Manche Reflexe sind bei meiner Sippe so tief verankert, dass man sie nicht bewusst kontrollieren kann. Und es ist wirklich sehr lange her, allzu lange, dass mich jemand sexuell befriedigt hat. Da tut es sogar ein nicht sonderlich intelligenter Schlafsack, der zwischen Planet und Orbit pendelt. Ich winde mich, versuche es zumindest, denn Lindy nagelt mich regelrecht. Gerade will ich sie bitten, sich bei ihrem Dienst am Kunden ein wenig zurückzuhalten, da rammelt sie wieder. »Oh! Oh ja! Ja! Oh!«
    Oberflächlich betrachtet ähneln wir zwar den Frauen aus der Spezies unserer Schöpfer, doch in mancher Hinsicht ist unsere Sippe auch völlig anders, insbesondere, was die sexuellen Reflexe betrifft. Von unserer Grundeinstellung her empfinden wir Lust, wenn wir anderen Lust spenden. (Es sei denn, wir sind von unserer Prägung her exklusiv auf unsere Einzig Wahre Liebe fixiert.) Diese Konditionierung ist mittels einer leichten Modifikation unserer grundlegenden neuronalen Strukturen sehr tief in uns verankert und wird durch etwas ergänzt, das man als »erweiterten Reflex der vomeronasalen Programmschleife« bezeichnet. Anders ausgedrückt: Wir können Pheromone besonders gut riechen und sind daher sehr empfänglich für sexuelle Lockstoffe. Ohne diese reflexartige Erregung könnte ich niemals den Zweck erfüllen, zu dem ich erschaffen wurde. Allerdings hat das manchmal nervende Nebenwirkungen. Und so verliere ich mich fast drei Minuten lang in einem längst überfälligen Orgasmus und brauche eine weitere Stunde, bis ich mich davon erholt habe.
    (Was vermutlich gar nicht so schlecht ist, denn wenn ich jetzt über meine missliche Lage nachgrübeln würde, wäre ich bestimmt
einer Panik nahe: Hilflos und wie ein Schlachtschwein verschnürt, liege ich im Kokon einer Barkasse, die durch die schwefelsäurehaltigen Wolken rund um die Venus treibt. Nur ein seifenblasendünner Gasballon trennt mich von den rot glühenden Gebirgsausläufern da unten, während ich darauf warte, von einer tausend Kilometer langen Seilbahn mit roher Gewalt in den niedrigen Orbit gezerrt zu werden. Hinzu kommt, dass eine böse Aristokratin mir übel will und Fremde bei mir eingebrochen sind – und all das in den letzten sechs Stunden! Die bevorstehende Fahrt mit dem Aufzug gibt mir den Rest. Doch Lindy weiß genau, wie sie nervöse Passagiere ablenken kann. Bestimmt war es Teil von Ichibans Plan, eine wie Lindy damit zu beauftragen, mich ruhig zu stellen.)
    Es ist nicht das erste Mal, dass ich einen Raumaufzug benutze: Auf diese Weise kann man die Erde am einfachsten verlassen. Aber der Aufbruch von der Erde war völlig anders. Damals befand ich mich bereits im künstlichen Tiefschlaf, war Teil eines großen Handelstransports und raste mit Überschallgeschwindigkeit in einer Kapsel hoch, bis wir andockten. Dagegen ist das hier eine Solonummer auf einer riesigen Schöpfkelle mit einem tausend Kilometer langen Stiel, deren oberes Ende sich gegenläufig zu ihrer Umlaufbahn dreht – wobei
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