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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel
Autoren: Elisabeth Klee
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fiel polternd auf den gestampften Lehmboden. Alle lachten gutmütig, bis auf Gebba. Sie kniff die Lippen zusammen und schüttelte säuerlich den Kopf.
    «Es tut mir leid!», stammelte Danielle.
    «Macht nichts!», tröstete Guilhelme. Sie hatte sich gebückt, das Schiffchen aufgehoben und legte es Danielle in die Hand. Manons Gehilfin gab dem Schussfaden mit der rechten Hand den nötigen Zug. Diesmal klappte es, doch nach ein paar Runden gab Manon ihr ein Zeichen, die Bank zu räumen.
    «Na, eine Weberin bist du wohl auch nicht. Zu langsam! Man merkt gleich: Du weißt im Prinzip, wie es geht, aber du bist die Arbeit nicht gewohnt!»
    Auch der Versuch an der Spindel führte zu keinem befriedigenden Ergebnis. Der Faden wurde zu locker, zu unregelmäßig, und es ging viel zu langsam. Juliana war zu Gebba getreten und unterhielt sich mit leiser Stimme mit ihr. Manons Gehilfin zur Rechten, die
socia
, hatte ihren Platz wiedereingenommen. Danielle stand für einen Augenblick unbeachtet im Raum herum. Sie fühlte sich ungeschickt und überflüssig. Es musste doch irgendetwas geben, das sie beherrschte, etwas, das sie zum Wohl der Gemeinschaft beitragen konnte.
    Da fiel ihr Blick auf einen schmalen, kleinen Hochwebstuhl, der staubig und unbenutzt in einer Ecke stand: Einige Stränge gefärbter Wolle hingen am Hakenbord. Sie ging näher heran und betrachtete den Webrahmen.
    «Ich könnte einen Bildteppich machen», sagte sie laut.
    Alle Gesichter wandten sich ihr wieder zu.
    «Ach!», machte Gebba. «Gleich einen Bildteppich! Und wie würdest du das wohl angehen?»
    «Ganz einfach», erwiderte Danielle. «Da, die Gewichte   … ich würde Kettfäden aufziehen und unten mit Gewichten beschweren. Dann bräuchte ich nur noch farbige Wolle   …»
    «Und warum sollten wir wohl teure farbige Wolle an dich verschwenden?», fragte Gebba schneidend.
    «Dafür benötigt man ja keine neuen, ganzen Partien.Wenn ich die Reste verwenden dürfte   …?» Sie wies auf einen Korb mit abgeschnittenen Enden.
    «Warum denn nicht», rief die dicke Manon gutmütig, ehe Gebba sich erneut einmischen konnte. «Die Reste sind ohnehin zu kurz, und man müsste sie zu oft verknoten, als dass sie anders zu gebrauchen wären. Lassen wir es sie doch versuchen!» Fragend sah sie Juliana an.
    «Einverstanden», sagte die Meisterin, «aber erst wenn du dein Tagewerk verrichtet hast. Wenn dir dann noch Muße bleibt, dann darfst du versuchen, ein Bildwerk zu machen.»
    Gebba klapperte laut und hörbar ärgerlich mit ihren Schäften, doch sie wagte nichts mehr dazu zu äußern.
    «Und was kann ich nun arbeiten?»
    «Du kannst uns helfen, die Wolle auszukämmen», rief eine der Frauen, die in der Mitte saßen. Die Meisterin nickte zustimmend.
    «Von mir aus», sagte sie. «Wir werden dich ein wenig hier und da einsetzen, wo gerade Hilfe gebraucht wird, so lange, bis dir wieder einfällt, was du früher getan hast, oder bis wir es herausfinden.» Mit diesen Worten ging Juliana hinaus.
    Danielle zog sich einen hölzernen Schemel heran und setzte sich zu Philippa und Marthe. Sie reichten ihr zwei große hölzerne Nagelbretter, die mit Rohwolle besteckt und gegeneinander bewegt werden mussten, sodass die Fasern sich glätteten und grobe Verschmutzungen herausfielen. Sie wusste, dass sie so etwas noch nie gemacht hatte, aber sie hatte schon zugesehen. Es war eine einfache und befriedigende Tätigkeit. Aus verfilztem Vlies wurden so ordentlich in eine Richtung ausgerichtete Wollfäden, leicht gelockt. Was vorher matt und schmutzig wirkte, bekam einen feinen öligen Glanz. War die Partie ausreichend ausgekämmt, rollte man sie zu einer Locke zusammen und warf sie in den Korb, aus dem die Spinnerin sich bediente. Die anderen Frauenbegannen wieder zu schwatzen, die Webstühle klapperten gleichmäßig wie ein Musikstück für Rasseln und Tambourin. Danielle arbeitete still vor sich hin. Es war gut dazuzugehören, wie ein Schaf mit der Herde zu verschmelzen. Viel zu lange war sie allein gewesen. Sie schnupperte an der Wolle. Sie roch leicht süßlich und fettig, nach grünen Pflanzen und Sonnenwärme.
    «Diese Wolle riecht überhaupt nicht nach Schafsstall», sagte sie erstaunt. «Werden die Vliese vor dem Spinnen gewaschen?»
    «Ja, auf dem Rücken», rief Manon. «Im Frühjahr, wenn es Zeit für die Schur ist, dann hofft man auf einen kräftigen Regen, der die Schafe mal ordentlich sauber wäscht. Dieses Jahr war es zu trocken, da hat man sie durch den Fluss
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