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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär
Autoren: Cleveland Amory
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ihm das nachtragen würde. Er konnte es sich leisten, selbst Leuten, die mit ihm sprachen, keine Beachtung zu schenken. Mit anderen Worten, er konnte sich jederzeit »ausblenden«, wie ich das so häufig bei Prominenten beobachtet hatte, über die ich geschrieben hatte.
    Und noch etwas, erklärte ich ihm, käme hinzu: Er brauche nicht mehr zu fürchten, daß Fremde ihn belästigen und ihm die Zeit stehlen würden, während er damit beschäftigt war, zum Fenster hinauszuschauen, sich zu putzen oder eines seiner zahlreichen über Morgen, Nachmittag und Abend verteilten Nickerchen zu machen. Solche Leute würden von nun an vorher einen Termin vereinbaren müssen, und all diese organisatorischen Angelegenheiten würde ich übernehmen. Ich würde ferner dafür sorgen, daß er ein Telefon mit Geheimnummer bekam – komplett mit Nummernspeicher und Anrufbeantworter, wenn ihm daran liegen sollte. Alle, die wünschen sollten, ihn persönlich zu sehen, würde ich zuvor gründlich unter die Lupe nehmen – und alle jene abwimmeln, die nur mit ihm sprechen wollten, um sich hinterher damit zu brüsten. Ich würde außerdem die Autogrammwünsche erledigen, nicht nur die Fotos, sondern auch das Porto bezahlen und einen Stempel seiner Pfote machen lassen, um alle Autogramme für ihn signieren zu können. Er würde also im wahrsten Sinne des Wortes keine Pfote rühren müssen.
    Ich kann, ehrlich gesagt, bis heute nicht verstehen, warum er es nicht schaffte, das ganze Prominenz-Problem, das doch für ihn persönlich im Grunde gar kein Problem gewesen wäre, etwas rationaler zu sehen. Es war wirklich unfair von ihm und ausgesprochen undankbar. Ich meine, wo blieb denn ich, während er herumsaß und sich den Bauch vollschlug, sich putzte, sein Schönheitsschläfchen machte und sein Leben genoß? Ich sagte es ihm mit aller Deutlichkeit: Ich war an meinen Schreibtisch gekettet und mußte die ganze harte Arbeit leisten, die sein bequemes Leben überhaupt erst möglich machte. Ich erwartete keinen Dank, aber ich erwartete doch hin und wieder einen ermutigenden Klaps auf den Rücken und ein kleines Zeichen dafür, daß er wenigstens versuchte, sich mit dem Gedanken, prominent zu sein, anzufreunden.
    Aber ich bekam natürlich nichts von alledem, und schließlich sagte ich ihm traurig, daß sein Verhalten mich am Ende auch noch in ein schlechtes Licht bringen würde. Man würde mir vorwerfen, ihn nicht gleich auf den richtigen Prominentenweg geführt und danach nicht darauf geachtet zu haben, daß er bei der Stange blieb. Selbst wenn es ihm schnurzegal sei, wie er in die Geschichte einginge, könne er doch wenigstens daran denken, daß er einen anderen – jemand, der weiß Gott Besseres verdiente – mit sich in den Schmutz zog.
    Ich hatte kein sehr verlockendes Bild gemalt, aber das war auch nicht meine Absicht gewesen. Ich hatte ihm lediglich die Tatsachen des Prominentenlebens in unserer Zeit vor Augen geführt. Was er mit ihnen anfangen wollte, war ihm überlassen.
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muß ich sagen, daß er immerhin geruhte, ein ganzes Fernseh-Interview zu geben. Es fand an dem Weihnachtsabend nach der Veröffentlichung meines Buches in der Sendung »Entertainment Tonight« statt. Und es wurde natürlich in der Wohnung gedreht – ein anderer Ort wäre für Eisbär gar nicht in Betracht gekommen. Dennoch war ich von Anfang an unruhig. Ich wußte, daß wir alle uns da auf ein äußerst riskantes Unternehmen eingelassen hatten, das jederzeit schiefgehen konnte. Und genauso war es.
    In dem Moment, als das Fernsehteam zur Tür hereinkam, ging Eisbär natürlich auf Tauchstation. Ich entdeckte ihn schließlich unter dem Bett und zog ihn hervor. Aber die Konfrontation mit der Fernsehkamera gehört mit zu dem, was Eisbär am Prominentendasein am meisten mißhagt. Ich glaube, es liegt an dem durchdringenden Surren beim Drehen. Wie dem auch sei, um ihn dahin zu kriegen, daß er sich wenigstens der Kamera zuwandte, mußte ich ihm mit eisernem Griff den Kopf festhalten. Ich gab mir unheimliche Mühe, freundlich zu lächeln und mich ganz locker zu geben, aber er zog ein Gesicht, kann ich Ihnen sagen, als hätte er keine Ahnung, was ein Fernsehlächeln ist. Er sah aus wie ein Todeskandidat vor dem Exekutionskommando. Und die freundlichen Schnalzer und Miez-Miez-Miez-Rufe des Kameramanns bewirkten nur, daß er so starr dreinschaute, als wäre er schon hinüber.
    Aber irgendwie brachten wir die Sache hinter uns – während ich Eisbär
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