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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär
Autoren: Cleveland Amory
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bereits alle, die er kennen wollte, und schon das waren ihm eher zu viel. Außerdem hätte er als Prominenter sein Leben ändern müssen, und Eisbär hatte für Veränderungen nicht das geringste übrig. Er mochte es gar nicht, wenn etwas geschah, was vorher noch nicht geschehen war. Und drittens hätte Eisbär, das weiß ich, nicht den geringsten Unterschied zwischen echter und falscher Prominenz gemacht. Für ihn war jeder Prominente, ob berühmt oder berüchtigt, schlicht und einfach ein publicitygeiler Hund. Ich wußte auch, daß es zwecklos gewesen wäre, darüber mit ihm zu diskutieren. Er hätte mich höchstens gefragt, ob ich schon mal von einer publicitygeilen Katze gehört hätte.
    Ich hätte natürlich kontern und ihm eine ganze Liste prominenter Katzen von Felix bis Garfield und von Sylvester bis Morris präsentieren können. Aber ich hütete mich, weil ich genau wußte, was er darauf sagen würde. Er hat nämlich auf alles eine Antwort. Er hätte erklärt, das wären überhaupt keine echten Katzen, und selbst wenn Morris einmal existiert haben sollte, so sei der derzeitige Morris eben doch nicht aus Fleisch und Blut; und er hätte wahrscheinlich hinzugefügt, er wisse mit Sicherheit, daß der wahre Morris 1978 gestorben war – seiner Meinung nach eindeutig an einer Überdosis Publicity.
    Mir war also von Anfang an klar, daß es nicht einfach werden würde, diesem kleinen Querkopf den Gedanken nahezubringen, daß er ein Prominenter sei. Aber wie ich es anfing, das war, mit Verlaub gesagt, meisterhaft. Die schwierigen Aspekte des Prominententums ließ ich zunächst unberücksichtigt und setzte statt dessen bei einem relativ einfachen Aspekt an – nämlich beim Bekanntheitsfaktor. Ich begann mit Schmeichelei. Mit beruflicher Beweihräucherung konnte ich bei ihm nicht gut anfangen, aber ich wußte, daß Katzen persönliche Schmeichelei beinahe so sehr lieben wie Prominente berufliche und persönliche Komplimente.
    Kurz gesagt, ich machte ihn darauf aufmerksam, wie schön er sei – mit seinem schneeweißen Fell (das nach seiner Errettung nur einer gründlichen Reinigung bedurft hatte), dem imposanten Löwenkopf, den großen, äußerst ausdrucksvollen grünen Augen, den langen, tadellos gepflegten Schnurrhaaren am einen Ende und dem buschigen, beweglichen Schweif am anderen. Geradeso wie ihn die Vorstellung, das Leben eines Prominenten zu führen, mit tiefer Skepsis erfülle, sagte ich, hätten viele andere Prominente – und darunter einige, die nicht halb so gut aussähen wie er – ebenfalls ihre Zweifel. Insbesondere, erklärte ich ihm, hegten sie dem Faktor Bekanntheit gegenüber sehr zwiespältige Gefühle.
    Einerseits, sagte ich, mochten sie das öffentliche Aufsehen und genossen es, wenn sie erkannt wurden, sogar, mit ihren Bewunderern ein paar Worte zu wechseln und ihnen Autogramme zu geben. Andererseits gab es Zeiten, wo sie lieber nicht erkannt wurden, zum Beispiel, wenn sie gerade beschäftigt oder in Eile waren oder etwa mit einer Person des anderen Geschlechts, von deren Existenz ihr Ehepartner nichts wußte, in einem Restaurant speisten. Darum, erklärte ich ihm, trugen Prominente dunkle Brillen. Dann konnten sie stets sicher sein, zwar als wichtige Persönlichkeit, nicht aber als jemand Bestimmtes erkannt zu werden. Außerdem wirkten dunkle Brillen anscheinend auch einschüchternd auf andere, und das sei gerade zu solchen Zeiten, wo man nicht gestört werden wollte, sehr angenehm.
    Ich merkte sofort, daß Eisbär von der Vorstellung, eine dunkle Brille zu tragen, keineswegs begeistert war, und er zeigte es deutlich, als ich ihm – im Spiel wohlgemerkt – eine von mir aufsetzen wollte. Um ihm seinen Seelenfrieden wiederzugeben, sagte ich ihm zum Trost, ich sähe keinen Grund für ihn, eine dunkle Brille zu tragen, ganz gleich, ob er nun zur Prominenz gehöre oder nicht. Erstens würde sie ihm wahrscheinlich nicht richtig passen und völlig schief sitzen. Und zweitens, betonte ich, sei er nun so berühmt auch wieder nicht. Um ihm diese bittere Pille zu versüßen, fügte ich hinzu, daß auch ich, obwohl Verfasser des Buches, das ihn berühmt gemacht hatte, nicht so prominent sei, daß ich eine dunkle Brille tragen müsse. Ich hätte vielmehr bald entdeckt, daß ich nur selten erkannt wurde, und nur allzu häufig hätten solche Begegnungen enttäuschend geendet.
    Um ihm ein Beispiel zu geben, erzählte ich ihm, daß ich nach zwei Auftritten in einer beliebten Fernseh-Show am anderen Morgen
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